Allwissend
lächelte verbittert. »O Mann, der hat mich vielleicht um den Finger gewickelt... Mein beschissenes Ego hatte nur darauf gewartet.«
»Jim...«
»Nein, Liebling. So war es. Du weißt, es ist alles meine Schuld. Schaeffer hat sich Travis herausgesucht. Er hat das Blog gelesen, jemanden gefunden, der einen guten Sündenbock abgeben würde, und dann einen siebzehnjährigen Jungen als meinen angeblichen Mörder aufgebaut. Falls ich nicht den Thread »Kreuze am Straßenrand« gestartet und den Unfall erwähnt hätte, wäre Schaeffer nie auf die Idee gekommen, sich Travis zu schnappen.«
Er hatte recht. Doch Kathryn Dance bemühte sich für gewöhnlich, Was-wäre-wenn-Spielchen zu unterlassen. Das Terrain war viel zu heikel. »Er hätte sich jemand anders ausgesucht«, wandte sie ein. »Er war entschlossen, sich an Ihnen zu rächen.«
Doch Chilton schien sie nicht zu hören. »Ich sollte das verfluchte Blog einfach dichtmachen.«
Dance sah in seinem Blick Entschlossenheit, Frustration, Wut. Und Angst, glaubte sie.
»Das werde ich auch«, sagte er nun. »Was wirst du?«, fragte seine Frau.
»Es dichtmachen. Der Report ist Geschichte. Ich werde kein Leben mehr zerstören.«
»Jim«, sagte Patriza sanft. Sie klopfte sich etwas Schmutz vom Ärmel. »Als unser Sohn eine Lungenentzündung hatte, hast du zwei Tage an seinem Bett gesessen, ohne zu schlafen. Als Dons Frau gestorben ist, hast du die Besprechung in der Microsoft-Zentrale sofort verlassen, um für ihn da zu sein - und hast dafür auf einen Hunderttausend-Dollar-Vertrag verzichtet. Als mein Dad im Sterben lag, warst du öfter bei ihm als die Leute vom Hospiz. Du tust Gutes, Jim. So bist du nun mal. Und dein Blog tut auch Gutes.«
»Ich...«
»Psst. Lass mich ausreden. Donald Hawken hat dich gebraucht, und du warst für ihn da. Unsere Kinder haben dich gebraucht, und du warst für sie da. Nun, die Welt braucht dich auch, Liebling. Das darfst du nicht so einfach aufgeben.«
»Patty, es sind Menschen gestorben.«
»Versprich mir nur, dass du keine übereilte Entscheidung triffst. Die letzten Tage waren furchtbar. Im Augenblick kann niemand klar denken.«
Eine lange Pause. »Wir werden sehen. Wir werden sehen.« Dann umarmte er seine Frau. »Eines weiß ich mit Sicherheit: Ein paar Tage Urlaub sind kein Problem. Und ich möchte einen Ortswechsel vorschlagen. Lass uns morgen nach Hollister fahren und ein langes Wochenende mit Donald und Lily verbringen. Du hast seine Frau noch immer nicht kennengelernt. Wir nehmen die Jungen mit, grillen am Lagerfeuer... gehen wandern.«
Patrizias Gesicht erblühte zu einem Lächeln. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. »Das hört sich gut an.«
Er sah Dance an. »Etwas geht mir nicht aus dem Kopf.«
Sie hob fragend eine Augenbraue.
»Eine Menge Leute hätten mich den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Und es wäre vermutlich nicht unverdient gewesen. Aber Sie nicht. Sie haben mich nicht gemocht, Sie waren anderer Ansicht als ich, und dennoch sind Sie für mich eingetreten. Das nenne ich intellektuelle Rechtschaffenheit. So etwas sieht man nicht oft. Vielen Dank.«
Dance lachte leise und verlegen auf und freute sich über das Kompliment - auch wenn sie an die Gelegenheiten denken musste, bei denen sie ihn am liebsten den Wölfen zum Fraß vorgeworfen hätte.
Die Chiltons kehrten in ihr Haus zurück, um fertig zu packen und sich für die Nacht ein Motelzimmer zu buchen - Patrizia wollte nicht im Haus bleiben, solange das Arbeitszimmer nicht vollständig von Schaeffers Blut gereinigt worden war. Dance konnte es ihr nicht verdenken.
Sie gesellte sich nun zum Leiter der Spurensicherung des MCSO, einem freundlichen Beamten mittleren Alters, mit dem sie schon seit Jahren zusammenarbeitete. Kathryn erklärte ihm, dass Travis eventuell noch am Leben war und in irgendeinem Versteck gefangen gehalten wurde. Was bedeutete, dass er nur über einen schwindenden Nahrungs- und Wasservorrat verfügte. Sie musste ihn aufspüren, und zwar bald.
»Hatte der Tote einen Zimmerschlüssel bei sich?«
»Ja. Vom Cyprus Grove Inn.«
»Ich möchte, dass Sie sich das Zimmer, Schaeffers Kleidung und seinen Wagen mit dem Mikroskop vornehmen. Halten Sie nach allem Ausschau, das uns verraten könnte, wo er den Jungen gelassen hat.«
»Natürlich, Kathryn.«
Sie kehrte zu ihrem Wagen zurück und rief TJ an. »Ihr habt ihn erwischt, Boss, hab ich gehört.« »Ja. Aber nun will ich den Jungen finden. Falls er noch lebt, bleiben uns womöglich nur
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