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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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RSS-Feeds sowie E-Mails an Freunde und Geschäftspartner - und keine von denen hat irgendwas mit seinem Plan zur Ermordung Chiltons zu tun. Aber das sind bloß die offen zugänglichen Aufzeichnungen. Er hat in der letzten Woche regelmäßig Dateien und Internetseiten gelöscht. Ich schätze, dort dürfte sich eher finden, woran Sie interessiert sind.«
    »Ja. Können Sie die Daten wiederherstellen?«
    »Ich werde online gehen und mir einen von Irvs Bots herunterladen. Der wird dann die freien Bereiche der Festplatte durchsuchen und alles zuletzt Gelöschte wieder zusammensetzen. Manches wird nur in Teilen erhalten sein, anderes völlig verdreht. Aber die meisten Dateien müssten zu neunzig Prozent leserlich werden.«
    »Das wäre großartig, Jon.«
    Fünf Minuten später machte Irvs Bot sich lautlos in Schaeffers Computer an die Arbeit, hielt nach Fragmenten gelöschter Dateien Ausschau, setzte sie wieder zusammen und speicherte sie in einem neuen Verzeichnis, das Boling angelegt hatte.
    »Wie lange wird es dauern?«, fragte Dance.
    »Einige Stunden, schätze ich.« Boling sah auf die Uhr und schlug vor, sie sollten etwas essen gehen. Sie stiegen in seinen Audi und führen zu einem erhöht gelegenen Restaurant unweit der CBI-Zentrale, von dem aus man den Flughafen und dahinter die Stadt Monterey und die Bucht überblicken konnte. Sie bekamen einen Tisch auf der mit Heizstrahlern ausgestatteten Terrasse und bestellten Weißwein. Die Sonne verschmolz mit dem Pazifik und schien auf der Wasseroberfläche leuchtend orange zu zerfließen. Schweigend sahen sie dabei zu, während in der Nähe Touristen eifrig Fotos schössen, die nachbearbeitet werden mussten, um auch nur annähernd die Erhabenheit dieses Moments wiederzugeben.
    Sie unterhielten sich über Dances Kinder und ihrer beider eigene Kindheit. Woher sie ursprünglich stammten. Boling sagte, er glaube, nur zwanzig Prozent der Anwohner der zentralen Küstenregion seien gebürtige Kalifornier.
    Dann schwiegen sie wieder eine Weile. Dance sah, dass seine Schultern sich leicht hoben. Sie wusste, was nun kommen würde.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Natürlich.« Sie meinte das auch so, ohne jeden Vorbehalt. »Wann ist Ihr Mann gestorben?« »Vor rund zwei Jahren.«
    Vor zwei Jahren, zwei Monaten und drei Wochen. Sie hätte ihm auch die Tage und Stunden nennen können.
    »Ich habe noch nie jemanden verloren. Nicht auf diese Weise.« Allerdings lag in seiner Stimme eine gewisse Wehmut, und seine Lider flatterten wie Jalousien im Windzug. »Und was ist geschehen? Oder möchten Sie nicht darüber reden?«
    »Doch, kein Problem. Bill war FBI-Agent bei der hiesigen Dienststelle. Aber es hatte nichts mit seiner Arbeit zu tun. Ein Autounfall auf dem Highway Eins. Ein Lastwagen. Der Fahrer war eingeschlafen.« Sie lachte leise auf. »Wissen Sie, bis gerade eben ist es mir gar nicht aufgefallen. Aber seine Kollegen und Freunde haben noch ungefähr ein Jahr lang am Unfallort Blumen an den Straßenrand gelegt.«
    »Auch ein Kreuz?«
    »Nein, nur Blumen.« Sie schüttelte den Kopf. »Gott, wie ich das gehasst habe. Die Erinnerung. Ich bin meilenweite Umwege gefahren, um diese Stelle zu meiden.«
    »Das muss schrecklich gewesen sein.«
    Dance bemühte sich, ihre kinesischen Fachkenntnisse im privaten Bereich nicht anzuwenden. Manchmal kontrollierte sie die Kinder, manchmal überprüfte sie einen potenziellen Partner. Aber sie wusste noch, wie sie Wes einmal bei einer unbedeutenden Lüge erwischt hatte und er daraufhin schimpfte: »Das ist, als ob du Superman wärst, Mom. Du hast einen Röntgenblick für Worte.« Nun bemerkte sie, dass Bolings Körpersprache sich leicht verändert hatte, obwohl er weiterhin freundlich lächelte. Er hielt den Stiel seines Weinglases fester umklammert. Die Finger seiner freien Hand rieben sich zwanghaft aneinander. Das alles geschah völlig unbewusst.
    Dance brauchte die Quelle nur noch anzuzapfen. »Na los, Jon. Jetzt sind Sie an der Reihe. Wie lautet Ihre Geschichte? Sie haben sich nur äußerst vage zum Thema Junggeselle geäußert.«
    »Ach, nichts, das sich mit Ihrer Situation vergleichen ließe.«
    Er spielte etwas herunter, das ihm wehtat, sah sie. Sie war keine Therapeutin, schon gar nicht seine. Aber sie hatten gemeinsam einiges erlebt, und Kathryn wollte wissen, was ihm zu schaffen machte. Sie berührte kurz seinen Arm. »Na los. Vergessen Sie nicht, ich weiß, wie man Leute verhört. Ich werde es ja doch früher oder später aus Ihnen

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