Allwissend
herausbekommen.«
»Ich gehe nie mit jemandem aus, der mir schon bei der ersten Verabredung mit Waterboarding droht. Na ja, kommt darauf an.«
Dance wusste inzwischen, dass Jon Boling witzige Bemerkungen als Rüstung benutzte.
»Es ist die schlimmste Seifenoper, die Sie jemals hören werden«, führ er fort. »Ich habe doch erzählt, dass ich nach meiner Zeit im Silicon Valley jemanden kennengelernt habe. Sie hat eine Buchhandlung in Santa Cruz geführt. Bay Beach Books, schon mal gehört?«
»Ich glaube, ich war sogar schon mal da.«
»Cassie und ich sind glänzend miteinander ausgekommen. Waren oft in der Natur unterwegs. Haben tolle Reisen gemacht. Sie hat sogar mehrere Besuche bei meiner Familie überstanden - nun ja, genau genommen bin nur ich es, der damit immer Probleme hat.« Er überlegte eine Weile. »Ich glaube, ausschlaggebend war, dass wir so viel gelacht haben. Das war wichtig. Welche Art Filme mögen Sie am liebsten? Wir haben uns meistens Komödien angesehen. Okay, sie lebte offiziell in Trennung, war aber noch nicht geschieden. Daraus hat Cassie nie ein Geheimnis gemacht. Ich wusste es von vornherein. Sie war dabei, die Papiere vorzubereiten.« »Gab es Kinder?«
»Ja, sie hatte zwei. Einen Jungen und ein Mädchen, genau wie Sie. Großartige Kinder. Sie haben jeweils die Hälfte der Zeit bei ihr und bei ihrem Exmann gelebt.«
Bei ihrem Noch-nicht-ganz-Exmann, korrigierte Dance ihn im Stillen. Sie wusste bereits, worauf die Geschichte hinauslief.
Er trank noch einen Schluck von dem kalten, frischen Wein. Es wehte ein leichter Wind, und je weiter die Sonne versank, desto kühler wurde es. »Ihr Ex hat sie misshandelt. Nicht körperlich; er hat sie oder die Kinder nie geschlagen, aber er hat sie beleidigt und erniedrigt.« Er lachte erstaunt auf. »Dies war nicht richtig, das war nicht richtig. Sie war intelligent, nett, aufmerksam. Aber er hat einfach immer wieder verbal auf sie eingeprügelt. Erst gestern Abend habe ich noch darüber nachgedacht.« Seine Stimme erstarb. Er wünschte, er hätte diese letzte Information nicht preisgegeben. »Er war ein emotionaler Serienmörder.«
»Das ist eine treffende Beschreibung.«
»Und natürlich ist sie zu ihm zurückgekehrt.« Sein Gesicht verharrte einen Moment, als er einen besonderen Vorfall noch einmal durchlebte, vermutete Dance. Unsere Herzen reagieren nur selten auf Abstraktes; es sind die winzigen konkreten Erinnerungssplitter, die so wehtun. Dann kehrte die Fassade in Form eines schmallippigen Lächelns zurück. »Er wurde nach China versetzt, und Cassie und die Kinder sind mit ihm gegangen. Sie sagte, es tue ihr leid, sie würde mich immer lieben, aber sie müsse nun einmal zu ihm zurückkehren... Ich habe nie so ganz verstanden, wieso Beziehungen mit dieser Art von Verpflichtung einhergehen sollten. Ich meine, man muss atmen, man muss essen... aber muss man bei einem Vollidioten bleiben? Die Notwendigkeit leuchtet mir nicht ein. Aber ich schwafle hier von einem... ach, sagen wir mal, mächtigen Fehlschlag, und Sie haben eine echte Tragödie erlebt.«
Dance zuckte die Achseln. »Ich habe bei meiner Arbeit gelernt, dass ein Tod immer ein Tod ist, ob nun durch Mord, Totschlag oder grobe Fahrlässigkeit. Genau wie in der Liebe; wenn sie zerbricht, aus welchem Grund auch immer, tut es stets gleich weh.«
»Mag sein. Aber ich möchte hinzufügen, dass es in höchstem Maße riskant ist, sich in eine verheiratete Person zu verlieben.«
Amen, dachte Kathryn Dance und hätte beinahe laut aufgelacht. Sie schenkte sich noch etwas Wein ein.
»Was sagt man dazu?«, murmelte er.
»Was denn?«
»Wir haben es geschafft, innerhalb kürzester Zeit zwei überaus persönliche und deprimierende Themen zur Sprache zu bringen. Wie gut, dass dies hier kein romantisches Stelldichein ist.« Er grinste.
Dance klappte die Speisekarte auf. »Lassen Sie uns was zu essen bestellen. Es gibt hier...«
»...die besten Calamari-Burger der Stadt«, ergänzte Boling. Sie lachte. Sie hatte genau das Gleiche sagen wollen.
Die Untersuchung des Computers erwies sich als Fehlschlag.
Dance und der Professor kehrten nach Tintenfisch und Salat in ihr Büro zurück und waren gespannt, was Irvs Bot gefunden hatte. Boling setzte sich, scrollte durch die Dateien und seufzte. »Nichts«, verkündete er.
»Gar nichts?«
»Er hat diese E-Mails und Dateien offenbar nur gelöscht, um Platz zu sparen. Nichts davon sieht nach einem Geheimnis aus, und rein gar nichts deutet auf
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