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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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auf; ihre Eltern waren bei der Arbeit, ihr Bruder beim Training.
    Sie lachte nervös: Es erschien ihr weniger beängstigend, nach draußen zu gehen und einem grobschlächtigen Perversen von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, als ihn dabei zu ertappen, wie er durch ihr Fenster hereinstarrte. Kelley schaute zu der Magnetleiste mit den Küchenmessern. Die Klingen waren unglaublich scharf. Sie überlegte. Aber sie ließ die Waffen, wo sie waren. Stattdessen hielt sie sich ihr iPhone ans Ohr und ging nach draußen. »Hallo, Ginny. Ja, ich hab hinter dem Haus was gehört. Ich gehe gerade mal nachsehen.«
    Das Gespräch war nur vorgetäuscht, aber er - oder es - konnte das nicht wissen.
    »Nein, ich rede weiter. Nur für den Fall, dass sich hier irgendein Arschloch versteckt hat«, sagte sie mit weithin vernehmbarer Stimme.
    Die Tür zum Garten befand sich in der Seitenwand des Hauses. Kelley ging hinaus, bog nach hinten ab, wurde vor der Ecke aber immer langsamer. Schließlich wagte sie sich zögernd weiter vor. Der Garten war leer. Am Ende des Grundstücks, jenseits einer dichten Barriere aus Pflanzen, fiel die Landschaft steil ab und bildete ein flaches Tal voller Büsche mit einigen Joggingpfaden.
    »Also, wie läuft's? Ja... ja? Super. Echt super.«
    Okay. Übertreib's nicht, dachte sie. Du bist eine lausige Schauspielerin.
    Kelley näherte sich behutsam dem dichten Laubwerk und spähte hindurch in den Canyon. Sie glaubte, jemanden zu sehen, der sich vom Haus entfernte.
    Dann entdeckte sie in nicht allzu großer Distanz einen Jungen mit Sweatshirt, der auf seinem Fahrrad auf einen der Wege einbog, eine Abkürzung zwischen Pacific Grove und Monterey. Er hielt sich links und verschwand hinter einem Hügel.
    Kelley steckte das Telefon ein. Sie wollte soeben zum Haus zurückkehren, als ihr in einem der hinteren Beete etwas Ungewöhnliches auffiel. Ein kleiner Farbtupfer. Rot. Sie ging hin und hob das Blütenblatt auf. Von einer Rose. Kelley ließ es wieder zu Boden segeln.
    Dann ging sie zurück zum Haus.
    Blieb stehen, drehte sich um. Keine Menschen, keine Tiere. Kein einziger Yeti oder Werwolf.
    Sie trat ein. Und erstarrte vor Schreck.
    Dort vor ihr, in drei Metern Entfernung, kam eine menschliche Silhouette genau auf sie zu. Wegen des hellen Wohnzimmers im Hintergrund konnte sie das Gesicht nicht erkennen.
    »Wer...?«
    Die Gestalt blieb stehen. Ein Lachen. »Meine Güte, Kel. Du bist so irre. Du siehst aus... gib mir dein Telefon. Ich will ein Foto.«
    Ihr Bruder, Ricky, griff nach dem iPhone.
    »Hau ab!«, sagte Kelley, verzog das Gesicht und schob seine ausgestreckte Hand beiseite. »Ich dachte, du bist beim Training.«
    »Ich wollte mein Sweatshirt holen. He, hast du schon von diesem Mädchen im Kofferraum gehört? Sie geht auf die Stevenson.«
    »Ja, ich kenne sie. Tammy Foster.«
    »Ist sie heiß?« Der schlaksige Sechzehnjährige mit dem braunen Haarschopf, der zu dem seiner Schwester passte, ging zum Kühlschrank und nahm sich einen Powerdrink.
    »Ricky, du bist so unverschämt.«
    »Ja. Und? Ist sie?«
    Oh, wie sie Brüder hasste. »Schließ die Tür ab, wenn du gehst.« Ricky legte die Stirn in Falten. »Warum? Wer sollte dich schon groß belästigen wollen?« »Schließ ab!« »Okay, meinetwegen.«
    Sie warf ihm einen finsteren Blick zu, den er nicht mal registrierte.
    Kelley kehrte in ihr Zimmer zurück und setzte sich wieder vor den Computer. Ja, AnonGurl hatte einen Angriff auf sie gestartet, weil sie Tammy Foster verteidigt hatte.
    Okay, du Miststück, dich mach ich fertig. Du wirst dich noch wundern.
    Kelley Morgan fing an zu tippen.
     
    Professor Jonathan Boling war Mitte vierzig, schätzte Dance. Nicht groß, nur ein paar Zentimeter größer als sie selbst, und mit einer Statur, die entweder auf eine Vorliebe für Sport oder eine Abneigung gegen Junkfood schließen ließ. Glattes, bräunliches Haar, ganz ähnlich wie ihr eigenes, wenngleich Dance vermutete, dass er nicht alle paar Wochen eine Schachtel Tönung unauffällig in seinen Einkaufswagen schmuggelte.
    »Tja«, sagte er und ließ den Blick durch die Flure schweifen, während Dance ihn vom Empfangsschalter zu ihrem Büro im Gebäude des California Bureau of Investigation führte. »Hier sieht es völlig anders aus, als ich es mir vorgestellt habe. So gar nicht wie bei CSI.«
    Schaute sich denn jeder Mensch im Universum diese Serie an?
    Boling trug an einem Handgelenk eine Timex-Digitaluhr und am anderen ein geflochtenes Armband - vielleicht um

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