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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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sind?«
    »Ja.«
    »Dann wird er sich irgendwo verstecken, meinen Sie nicht auch? Er wird sich nicht exponieren, indem er jemanden überfällt. Nicht wenn die Polizei nach ihm fahndet.« Seine Stimme war streng.
    Dance klang besonnen, als sie langsam erwiderte: »Dennoch. Sie wissen sehr gut, Mr. Chilton, dass man im Leben manchmal Kompromisse schließen muss.«
    Sie ließ diesen Kommentar wirken.
    Er hob abwartend eine Augenbraue.
    »Wir wüssten es wirklich zu schätzen, wenn Sie uns die Adressen geben würden - nur die der Einheimischen, die sich am schärfsten über Travis geäußert haben. Vielleicht... nun ja, vielleicht könnten wir dafür etwas tun, um Ihnen zu helfen, falls Sie je Unterstützung benötigen sollten.«
    »Zum Beispiel?«
    Sie dachte abermals an Bolings Vorschläge. »Wir wären gern bereit, Ihnen öffendich für Ihre Mithilfe zu danken. Das gäbe eine gute Publicity.«
    Chilton dachte darüber nach. Aber dann runzelte er die Stirn. »Nein. Falls ich Ihnen helfe, sollte man das wohl lieber nicht erwähnen.«
    Dance war erfreut; er verhandelte. »Okay, das kann ich verstehen. Doch eventuell können wir etwas anderes für Sie tun.«
    »Wirklich? Was denn?«
    Sie griff den nächsten von Bolings Ratschlägen auf. »Nun ja, womöglich hätten Sie ja Verwendung für Kontakte bei den kalifornischen Strafverfolgungsbehörden... Quellen. Hochrangige Quellen.«
    Er beugte sich mit flammendem Blick vor. »Sie versuchen also tatsächlich, mich zu bestechen. Das hab ich mir schon gedacht. Ich musste es nur aus Ihnen herauslocken. Pech gehabt, Agent Dance.«
    Sie lehnte sich zurück, als hätte man ihr eine Ohrfeige versetzt.
    »An meinen Sinn für das Gemeinwohl zu appellieren ist eine Sache«, fuhr Chilton fort. »Aber das hier...« Er winkte ab. »Das ist widerlich. Und korrupt, wenn Sie mich fragen. Es ist die Art von Winkelzug, die ich in meinem Blog jeden Tag anprangere.«
    Andererseits könnte er Ihren Vorstoß als Angriff auf seine journalistische Standesehre begreifen. In dem Fall wird er Ihnen die Tür vor der Nase zuschlagen.
    »Tammy Foster wurde beinahe ermordet. Es könnte weitere Opfer geben.«
    »Das tut mir sehr leid. Aber der Report ist zu wichtig, um ihn aufs Spiel zu setzen. Und sobald die Leute glauben, sie könnten nicht mehr anonym posten, wird das die Integrität des gesamten Blogs gefährden.«
    »Ich möchte Sie bitten, Ihren Standpunkt zu überdenken.«
    Chiltons Wut legte sich. »Sie haben doch den Mann gesehen, der vor Ihnen hier war.«
    Sie nickte.
    »Gregory Ashton.« Er sagte das mit einigem Nachdruck, so wie Leute es tun, wenn sie jemanden erwähnen, der große Bedeutung für sie besitzt, aber nicht für ihren Gesprächspartner. Chilton bemerkte Dances fragende Miene. »Er ruft ein neues Netzwerk aus Blogs und Internetseiten ins Leben, eines der größten der Welt«, erklärte er. »Es soll ein echtes Aushängeschild werden. Er investiert Millionen, um dafür Werbung zu machen.«
    Das war die Sache, die Boling ihr erläutert hatte. Ashton musste hinter dem RSS-Feed stecken, auf den Chilton sich in seinem »Wir-erobern-die-Welt«-Posting bezog.
    »Die Reichweite des Reports wird dadurch exponentiell erweitert. Ich kann auf Probleme aus aller Welt eingehen. Aids in Afrika, Menschenrechtsverletzungen in Indonesien, Gräueltaten in Kaschmir, Umweltkatastrophen in Brasilien. Doch falls bekannt würde, dass ich die Internetadressen meiner Poster herausgegeben habe, wäre die Existenz des Reports bedroht.«
    Dance war frustriert, doch sie war auch eine ehemalige Journalistin, und so gab ein Teil von ihr ihm widerwillig recht. Chilton sträubte sich nicht aus Habgier oder Selbstgefälligkeit, sondern aus aufrichtiger Leidenschaft für seine Leser.
    Obwohl ihr das auch nicht weiterhalf.
    »Es könnte jemand sterben«, beharrte sie.
    »Die Frage nach der Verantwortung der Blogger hat sich mir schon früher gestellt, Agent Dance.« Er versteifte sich ein wenig. »Vor einigen Jahren habe ich entdeckt, dass ein bekannter Schriftsteller einige Passagen bei einem anderen Autor abgeschrieben hatte. Er behauptete, es sei nur versehentlich geschehen, und bat mich, die Geschichte nicht zu veröffentlichen. Ich habe sie dennoch gepostet. Er fing wieder an zu trinken, und sein Leben geriet aus den Fugen. War das meine Absicht gewesen? Um Gottes willen, nein. Aber entweder gibt es Prinzipien, oder es gibt sie nicht. Warum sollte er mit einem Betrug davonkommen, wenn Sie und ich das nicht

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