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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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Sonnenuntergang reiten. Ich weiß überhaupt nichts. Aber ich weiß, ich bin lebendig und stark. Und was immer passiert, muß vielleicht passieren. Ich werde davon lernen. Ich werde dadurch ein besserer Mensch. Angst ist keine Alternative.« Auf der Fahrt nach Richmond beneidete Charly die Frauen, weil ihre Freundschaften so innig waren. Er glaubte nicht, daß er mit einem Mann jemals so eng verbunden sein würde wie es Vic mit Jinx oder dieser neuen Freundin war. Ihm schien, daß sie sich alles erzählen konnten.
     
Er freute sich nicht richtig darauf, seinen Vater zu sehen. Thomas Harrison betrieb in Richmond eine große Maklerfirma. Manchmal fuhr Charly für einen Abend nach Hause, aber gewöhnlich war er nur an den Wochenenden daheim. Dieses Arrangement kam seinen Eltern sehr entgegen.
     
Charly achtete seinen Vater und er nahm an, daß er ihn liebte. Man mußte seinen Vater lieben. Aber er fühlte sich Thomas nicht besonders nahe. Der ältere Harrison war anspruchsvoll, kritisch, aber gerecht und trieb seine Abkömmlinge an, besser zu sein, gute Sportler zu sein, unbedingt auf Sieg zu spielen. Er pflegte zu fragen: »Wer erinnert sich noch, wer 1960 beim Kentucky-Derby Zweiter wurde?«
     
Ein Weg zum Sieg war, mehr Geld zu verdienen als andere. Als junger Mensch begriff Charly, daß Geld Sieg bedeutete; Geld war wichtig, und ein Mann ohne Vermögen war nach amerikanischem Standard nicht viel wert. Wenngleich er es gefühls- und verstandesmäßig für dumm hielt, Geld zählte. Man konnte eine Familie nicht von Luft und Liebe ernähren. Mit einem reinen Gewissen ließen sich keine Rechnungen bezahlen. Geld zählte.
     
Er liebäugelte mit einer Football-Profikarriere. Er konnte eine beachtliche Erfolgsbilanz aufweisen, auch wenn einer vom William and Mary College bei keiner Mannschaft ein heißer Tipp für die Rekrutierungsliste war. Aber er hatte in der letzten Saison einen Durchschnitt von 4,9 Yards pro Anspiel erzielt und schaffte den 40-Yard-Sprint in 4,3 Sekunden. Und er konnte nicht nur laufen, er konnte auch blocken. Er hatte eine minimale Chance. Aber er würde seine Knie ruinieren – ein Runningback im Profi-Football hatte kaum eine längere Lebensdauer als eine Eintagsfliege. Und sollte er in eine Mannschaft aufgenommen werden, wollte er trotzdem einen Beruf haben, wenn die Sportlerkarriere zu Ende war.
     
Charly, nach außen hin umgänglich und gutmütig, besaß einen scharfen Verstand. Er bewegte Probleme im Kopf und sprach mit niemandem darüber, nicht einmal mit Vic, obwohl er das Gefühl hatte, ihr alles sagen zu können. Er sprach nicht gern über etwas, bevor er eine Lösung ausgeklügelt hatte.
     
Als er auf den Parkplatz von Bishop and Harrison fuhr, fühlte er Zuversicht. Er wußte genau, wie er an seinen Vater herantreten mußte.
     
Er war um halb zehn verabredet. Thomas Harrison liebte keine Überraschungen, deswegen konnte Charly nicht einfach hereinschneien. Er hatte die Verabredung gestern mit der Sekretärin seines Vaters getroffen, dann aber vergessen, Vic um ihr Auto zu bitten.
     
Eine der Bedingungen, die daran geknüpft waren, daß sein Vater ihm das College bezahlte, bestand darin, daß Charly kein Auto besitzen durfte, solange er in der Ausbildung war. Thomas Harrison war der Meinung, Studenten ohne Autos erzielten bessere Zensuren als Studenten mit Autos. Vermutlich hatte er Recht.
     
Weil Charly zu früh dran war, lief er eine halbe Stunde in der Stadt herum. Die Temperatur würde heute steigen, so daß es noch sommerlich warm war, aber das Licht sagte etwas anderes. Es wurde Herbst. Charly wußte, bald würde er eines Morgens aufwachen und die Blätter riechen, den Geruch der Erde. Die folgenden Wochen würden kristallklare Tage und Nächte, außergewöhnliche Farben und eine beschleunigte Entwicklung bringen.
     
Punkt halb zehn trat Charly in das Büro seines Vaters. Thomas Harrison legte großen Wert auf Pünktlichkeit.
     
»Mein Junge.« Der groß gewachsene Mann drückte seinem Sohn die Hand. »Setz dich. Möchtest du etwas trinken? Hast du Hunger?«
     
»Nein, Dad, danke.«
     
»Wie läuft das Studium?«
     
»Gut.«
     
»Deine Zensuren?«
     
»So weit, so gut. Ich dürfte beim Examen ganz gut abschneiden.«
     
»Fein. Du kennst keinen von den Alpha-Tau-Jungs, die bei dem Wettsaufen dabei waren, oder?«
     
»Ich weiß, wer sie sind, aber ich kenne sie nicht näher.«
     
»Binkie Marshall ist im Kuratorium. Er rief mich gestern Abend an und sagte, die

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