Alma Mater
ein Wettsaufen veranstaltet, und einer von den Jungs hat sich so vollaufen lassen, daß er aus dem Fenster im ersten Stock gefallen ist. Er hat sich die Beine, die Rippen und wer weiß was noch gebrochen. Heute stand nichts darüber in der Zeitung, aber es kommt früh genug in die Presse. Die Verwaltung wird es nicht unter Verschluß halten können.«
»Das ist ja schrecklich. Ich hab nichts davon gehört.«
»Kannst du dir vorstellen, so breit zu sein?«, fragte Chris.
»Nein«, antwortete Vic. Sie hörte draußen einen Vogel zwitschern.
»Es wird die üblichen Verurteilungen geben, wenn es in die Zeitung kommt, du weißt schon, die Jugend von heute ist eine Schande und so«, sagte Chris.
»Mmm.«
»Ich glaube, die alten Leute sind wütend auf uns, weil sie alt sind und wir nicht. Als ob wir was dafür könnten.«
»Darüber hab ich nie nachgedacht.« Chris kuschelte sich an Vic. »Wir wollen ewig leben.«
»Abgemacht.« Vic küßte sie. Um halb sieben tranken Vic und Chris Kaffee. Das blasse Licht des frühen Morgens fiel durch Vics Fenster. Die wichtigste Entscheidung des Augenblicks hieß, ob sie Waffeln oder Eier machen sollten. Nachdem sie Vics ärmliche Speisekammer inspiziert hatten, erklärte Chris, sie könne beides machen. Vics Morgenrock, den Chris lose um ihre schmale Taille geschlungen hatte, klaffte auf und gab ihre Brüste frei. Vic trug Jeans und ein Unterhemd, was sie für Chris noch unwiderstehlicher machte, weil das cremeweiße T-Shirt ihren Körper zugleich enthüllte und verdeckte.
Schritte und ein Klopfen an der Tür schreckten die zwei auf.
»Wer ist da?«, rief Vic.
»Der Märchenprinz«, antwortete Charly.
Vic öffnete die Tür, er kam herein, hob sie hoch und küßte sie. Dann sah er Chris. Er ließ Vic herunter.
»Chris Carter, Charly Harrison. Charly, Chris.«
Er ging zu Chris und schüttelte ihr die Hand. »Freut mich, dich kennen zu lernen.«
»Kaffee?«, bot Vic an.
»Nein danke, ich kann nicht bleiben. Kannst du mir dein Auto leihen? Ich versprech dir, wenn was passiert, reparier ich’s. Ich muß zu Dad.«
»Klar. Entschuldige mich eine Sekunde, ich hol die Schlüssel.« Sie ging ins Schlafzimmer und dachte, Gott sei Dank hab ich was an.
»Vic kreiert einen neuen Einrichtungstrend, den Kasernenlook«, scherzte Charly mit Chris. Er kam nicht auf die Idee, daß Chris Vics Morgenrock anhatte, weil er den noch nie gesehen hatte. Doch selbst wenn, hätte er angenommen, daß sie Freundinnen waren, die ihre Kleider tauschten. Frauen standen sich auf eine Weise nahe, wie es Männern nicht gegeben war.
Vic kam zurück und gab ihm die Schlüssel. »Paß gut auf mein Baby auf.«
Er küßte sie auf die Wange. »Hey, du bist mein Baby.« Er zwinkerte Chris zu und marschierte aus der Tür. »Tschüß. War nett dich kennen zu lernen.«
»Tschüß«, rief Vic ihm nach. »Er bringt mich um den Verstand«, sagte sie, als sie die Tür zumachte.
»Gott, Vic, er ist umwerfend. Zum Sterben umwerfend.« Chris wünschte, Vic wäre ihm nicht begegnet.
»Und er ist der beste Mensch auf Erden. Je besser du ihn kennst, um so mehr wirst du ihn lieben.«
»Ich bin nicht sicher, daß ich ihn näher kennen lernen möchte.« Chris war plötzlich der Appetit vergangen.
»Mach dir seinetwegen keine Gedanken. Du wirst ihn mögen.«
»Ich hab das Gefühl, die Welt wird dich in seine Arme treiben.«
»Unterschätz mich nicht.« Vic straffte das Kinn und entspannte es wieder. »Okay, es ist ein bißchen heikel. Ich meine, ich bin seit einem Jahr mit ihm zusammen und ich liebe ihn, ich liebe ihn als den Menschen, der er ist, aber das ist nicht dasselbe. Mein Leben wäre vermutlich einfacher, wenn es so wäre, aber es ist eben nicht so. Wäre ich dir nicht begegnet wäre, hätte ich es nie erfahren. Aber ich bin froh, daß ich dich jetzt getroffen habe und nicht zehn Jahre später.«
Chris lächelte, senkte den Blick, hob ihn wieder. »Ich hatte gedacht, es würde einfach sein. Ist es wohl nicht.«
»Keine Bange.«
»Es ging alles so schnell. Das macht mir Angst.«
»Warum?«
»Was ist, wenn es nicht gut geht? Wenn wir Krach kriegen oder du beschließt, bei Charly zu bleiben oder die Leute es rauskriegen und du mich haßt?«
Vic holte tief Luft. »Ich könnte dich niemals hassen. Und nein, ich weiß nicht, ob du und ich tun werden, äh, was immer Frauen so tun – zusammen in den
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