Alma Mater
Laß gut sein. Es ist erledigt. Ich ruf an, um dir zu sagen, daß ich übers Wochenende zu Hause bleibe. Ich muß sehen, daß die Dinge im Lot bleiben, und ich muß Weihnachtseinkäufe machen. Ich will dich nicht dabeihaben, weil ich sonst nie dazu komme, dir ein Geschenk zu besorgen.«
»Das einzige Geschenk, das ich mir wünsche, bist du.«
Ein kleiner Stich durchfuhr ihre Brust. »Aber du kriegst auch noch was anderes.«
Er erwiderte: »Ich sollte wohl auch lieber ein paar Einkäufe machen, oder? Ich werde dich vermissen. Ich find’s schrecklich, ohne dich zu sein. Du weißt ja nicht, wie froh ich bin, daß die Spielsaison vorbei ist.«
»Ich ruf dich am Wochenende an – das heißt, wenn ich durchkomme.«
»Ich ruf dich an. Ist wirklich alles okay mit dir?«
»Ja. Ich fühl mich mies wegen Mom und Dad, aber es geht schon.«
»Alles wird gut. Das verspreche ich dir.«
»Ich weiß.«
»Ich komm mir vor wie ein Schuft.«
»Charly, vergiß es. So ist es für alle am besten.«
»Ich liebe dich, Vic.«
»Ich liebe dich auch, Charly.«
Er senkte die Stimme, in die sich ein frivoler Ton einschlich. »Weißt du was, ich kann nicht mal an dich denken, ohne daß mein Pimmel hochgeht. Du machst mich verrückt.«
Sie lachte. »Charly, wenn ich einen hätte, wär er auch steif.«
»Das ist ein echt abgedrehter Gedanke.« Er holte hörbar Luft. »Aber ich liebe dich.«
»Ich dich auch. Dann bis Montag.«
»Okay. Tschüß.«
»Tschüß.« Sie legte auf, ging hinaus und stieß beinahe mit Georgia Wallace zusammen, die gerade in den Ausstellungsraum gekommen war. »Verzeihung, Miss Wallace. Ich hab nicht geguckt, wo ich hingehe.«
»Das tut ihr jungen Leute nie.« Sie lächelte. »Ihr habt es immer eilig, irgendwo hinzukommen, und dann stellt ihr fest, daß dort nichts ist.«
»Hey«, rief Hojo. Sie verzichtete auf die Formalität, die ältere Frau mit ihrem Nachnamen anzureden.
»Diese Hojo«, Georgia schüttelte den Kopf, »die hat’s faustdick hinter den Ohren. Ach, was gäbe ich für ein kleines bißchen von ihrer Energie. Ich bin völlig geschafft, weil Poppy langsam senil wird. Yolanda ist in der Küche, Sissy macht sich deswegen ins Hemd«, sie zog einen Mundwinkel hoch, »und ich hab ihr gesagt, ›laß Yolanda in Frieden. Es macht ihn glücklich. Wie lange werden wir ihn noch bei uns haben?‹ Und ich darf bestenfalls Kuhfladen aufkehren. Sissy ist ja so verzogen.« Bei »so« sank ihre Stimme um eine Oktave.
Hojo führte ihre Finger vor. »Schön, nicht?«
Vic und Georgia betrachteten die Fingernägel, die jetzt über die Kante der Kommandozentrale hingen. Mignon machte sich neben Hojo am Computer zu schaffen.
»Hojo, Süße, Sie sind himmlisch«, trällerte Georgia.
»Hab mir die Nägel gemacht, hab meinen Push-up-BH an, Georgia, ich bin bereit fürs Leben. Kommen Sie, wir machen heute Abend ein Faß auf.«
»Hojo Schätzchen, Sie sind mir zu wild. Sie liegen eher auf Sissys Wellenlänge.«
»Ach kommen Sie, Georgia, Sie sind ein super Typ«, schmeichelte Hojo.
»Hm… nicht heute Abend, aber irgendwann geh ich mal mit Ihnen aus. Ich muß mir die Haare machen und Sissy im Keller einsperren. Sie würde mich umbringen, wenn ich mich amüsieren ginge und sie zu Hause bleiben müßte.«
»Dann sperren Sie sie ein.« Hojos Hände flogen hoch, die vielen Armbänder klapperten wie Kastagnetten.
»Mignon, was machst du da?«, fragte Vic.
»Ich ruf den Lagerbestand auf, siehst du?«
Vic stieg auf das Podest. »Welchen Wagen möchtest du?«
»Deinen. Ich spiel bloß gern am Computer rum.«
»Komm jetzt. Hey, wir nehmen von unterwegs was zu essen mit, dann muß Mom nicht kochen.« Sie fuhren zu einem ChinaImbiß in der Nähe.
Während sie auf ihre Bestellung warteten, fragte Mignon: »Ist bei den Wallaces ’ne Schraube locker?«
»Für Surry County sind sie ganz normal.«
Mignon flüsterte: »Glaubst du, es gibt viele Lesben in Surry County?«
»Ich weiß nicht. Wieso?«
»Hm, du kriegst es bestimmt raus. Ich meine, wenn du dich outest, werden sie sich dir dann nicht zu erkennen geben?«
»Weiß ich doch nicht, Mignon. Ich denk nicht über so was nach.«
»Wenn sie’s dir sagen, sagst du’s mir.«
»Warum?«
»Weil’s spannend ist.«
»Um Himmels willen.« Vic packte sie mit einer Hand im Nacken. »Klatschmadam.«
»Ich hab nicht gesagt, daß
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