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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Fuessmann
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auch nicht, ob und wie so etwas funktioniert.“
    Karl Hammer wirkte auf einmal wie elektrisiert: „Mensch Volker, du bist ein Genie. Ich bin zwar auch auf diesem Gebiet nicht besonders gut bewandert, aber ich kenne jemanden, der alles darüber weiß: Dr. Zarah Silbermann, die große alte Dame der forensischen Psychiatrie. Sie hat sich früher intensiv mit seelischen Störungen bei Frauen beschäftigt. Das war ihr Spezialgebiet. Seit sie aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden ist, habe ich nichts mehr von ihr gehört. Aber wenn uns einer weiterhelfen kann, dann ist sie es. Vor allem: Sie hat - anders als früher - jetzt jede Menge Zeit und steht uns um unserer alten Freundschaft willen bestimmt sofort zur Verfügung. Die ruf ich gleich morgen an. Lass uns zahlen. Die Nacht ist kurz, und zur Zeit können wir doch nichts tun. Vielleicht kriegen wir ja noch eine Mütze voll Schlaf.“
    „Komischer Name“, sagte Volker Lauer, als er seinen Chef zum Taxistand begleitete.
    „Was? Silbermann?“
    „Auch, aber ich meinte eigentlich Zarah?“
    „Dafür hat sie eine einleuchtende Erklärung,“ grinste Charly. „Du bist noch ein wenig zu jung dafür, aber Zarah Leander war mal eine große Nummer im Musikgeschäft.“
    „Du wirst es nicht glauben, aber das ist selbst mir bekannt. Dann war Dr. Silbermanns Mutter ja wohl so etwas wie ein Groupie, dass sie sogar ihrer Tochter den Namen ihres Idols gegeben hat.“
    „Eigentlich nicht. Zarah Leander wurde und wird eher in der Schwulen-Szene angehimmelt. Aber die Mutter unserer Zarah ist noch vor der Geburt ihrer Tochter vom Erzeuger des Kindes verlassen worden. Zarah legt übrigens viel Wert auf die Bezeichnung Erzeuger. Einen Vater, so sagte sie immer, habe sie nicht und habe sie auch nie vermisst. Und ihre Mutter muss auch wohl wenig echten Mangel an männlicher Nähe gehabt haben, denn Zarah heißt angeblich Zarah, weil Zarah Leander damals besonders mit einem großen Hit bekannt war: „Nur nicht aus Liebe weinen, es gibt auf Erden nicht nur den einen.“ Und daran hat sich eben die Mutter unserer Zarah gehalten und nannte - damit sie das auch ja nie vergessen kann - in Erinnerung an dieses weise Liedgut ihre Tochter Zarah. Kapiert?“
    „Klar, du hast es mir ja ausführlich genug erklärt. Und da du schon dabei bist: Was ist mit Silbermann? Ein jüdischer Name. Ist die große alte Dame der forensischen Psychiatrie eine Jüdin. Und wie hat sie das Dritte Reich überlebt?“, fragte Lauer.
    „Was du alles wissen willst“, wunderte sich Hammer-Charly. „Komisch“, fuhr er fort, „Ich kann es dir nicht sagten. Ich hab sie nie gefragt.“
    „Weißt du, was ich komisch finde?“
    „Sagst du es mir freiwillig oder muss ich dich erst in Beugehaft nehmen?“
    „Ich finde es äußerst eigenartig, wie wir Deutschen mit den Juden umgehen. Wir trauen uns nicht einmal, sie zu fragen, ob sie Juden sind. Ganz so, als wäre es eine Schande, dieser Religion anzugehören.“
    Charly schüttelte den Kopf: „Was meinst du mit trauen? Fragt du etwa die Leute, ob sie katholisch oder evangelisch sind? Wo also soll der Unterschied liegen?“
    „Komm, Charly, du weißt genau, wie ich das meine. Wir gehen mit den Juden um, als wären sie anders. Sind das immer noch die alten Vorurteile, die uns, oder besser gesagt euch früher eingeimpft wurden, oder ist das die Angst, sie könnten das Thema anschneiden und von uns eine Erklärung fordern?“
    „Ich bitte dich, Lauer. Es ist mitten in der Nacht. Lass uns nicht noch mit einer so schwierigen Debatte anfangen. Ich hab den Kopf voll genug. Wenn es dich beruhigt, frage ich Zarah morgen über all das aus. Aber jetzt will ich nach Hause und nur noch in mein Bett. Gute Nacht.“
    Die Slalomfahrt im Taxi durch eine Baustellen-Landschaft nach Hause führte durch eine fast ausgestorbene Stadt. Hin und wieder ein Auto im Gegenverkehr auf dem Ring. Auf der Rheinischen Straße ein paar Betrunkene, die über die leere Fahrbahn torkelten als gehöre die Nacht ihnen. Oder waren es Junkies? Junkies wie Alma Behrend mal einer war. Was mochte sie wohl alles mitgemacht haben? Das Leben ist hart, wenn es sich allein auf die Frage konzentriert, wie man an den nächsten Schuss kommt. Und dann die bürgerliche Idylle mit einem Beamten als Ehepartner. Konnte das gut gehen?
    Wer weiß, aber auf keinen Fall mit dem Kind einer anderen. Wenn sie aus irgendwelchen Gründen kein eigenes mehr austragen konnte, warum haben sie dann kein Kind adoptiert? Was geht in

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