Almas Baby
Prostituierte aufgetaucht war. Er ahnte, dass Mirko dem unerfahrenen Mädchen mehr angetan hatte, als Alma zugeben mochte. „So etwas habe ich im Urin“, pflegte Hotte in derartigen Situationen zu sagen. Hammer-Charly fühlte sich zum ersten Mal seit zwei Tagen, als sei eine schwere Last von ihm genommen.
Kapitel 14
Berthold Behrend hatte sich krankgemeldet. Die Kollegen im Jugendamt und auch der Amtsleiter zeigten Verständnis. Ihm war klar: Alle würden ihn so oder so bedauern - sei es darum, dass ihm so etwas Entsetzliches zugestoßen war wie die Entführung von Frau und Kind oder weil ihm die eigene Frau so etwas antat. Ihm war klar, dass er und sein Schicksal das Thema Nr. 1 beim Mittagessen in der Kantine sein würden. Es war ihm gleichgültig. Alles war ihm gleichgültig. Er hatte sich am Morgen weder geduscht noch angezogen oder rasiert. Er hockte im Schlafanzug auf der Couch. Vor sich die leere Flasche Weinbrand, mit deren Inhalt er am Abend zuvor vergeblich versucht hatte, seine Verzweiflung hinweg zu spülen. Da war ja auch noch der Beamte vom Morddezernat gewesen. Abteilung zur Aufklärung von Kapitaldelikten, so nannten sie das wohl offiziell. In den Medien drückten sie sich simpler aus. Mordkommission. Ein Wort, das ihm in Verbindung mit Alma und dem Baby unwirklich vorkam. Wer sollte die beiden ermorden. Und wenn doch, wo waren die Leichen? Irgendwo hingeworfen wie Müll? Unsinn. Eine Leiche kann kein Geld vom Automaten abheben. Aber jemand der die PIN-Nummer von seinem Opfer erpresst hatte, bevor er es ermordete, schon. So etwas soll es ja schon mal in Dortmund gegeben haben. Ein bekannter Heilpraktiker war auf dem Weg zu seiner Praxis aus der Tiefgarage entführt, um die Preisgabe seiner PIN-Nummer erpresst worden und anschließend irgendwie zu Tode gekommen. Jedenfalls entdeckte man seine Leiche später im Kanal.
Berthold Behrend hoffte jedoch zutiefst, dass Alma noch lebte. Wer sollte sie umbringen - und vor allem warum? Aber wenn sie noch am Leben war, stellte sich schließlich auch die Frage nach dem Warum. Wohin war sie gegangen, seine Alma? Was hatte sie von ihm weg getrieben? Hatte sie von Anfang an nur vorgehabt, ihn auszuplündern? Oder war sie dahin zurückgekehrt, woher sie gekommen war? Einmal Junkie immer Junkie? Die Polizei schien das zu denken, aber die kannte seine Alma ja nicht. Wusste nicht, wie glücklich sie sich in ein geordnetes Leben eingepasst hatte. Die Beamten glaubten ja nicht einmal, dass seine Frau schwanger gewesen war. Wie sollte denn das wohl gehen, eine Schwangerschaft nur vortäuschen. Schließlich hatte Berthold selbst gesehen, wie Alma für zwei aß. So sagt man doch wohl. Wie sie Appetit auf die merkwürdigsten Dinge entwickelte, die sie früher nie angerührt hatte und wie sie an Gewicht zulegte. Alma war immer eine schlanke Frau und brachte am Ende 20 Kilo mehr auf die Waage. Das alles war doch keine Einbildung. Ebenso wenig wie das Ultraschallbild von seiner kleinen Tochter, das sie eines Tages von der Vorsorgeuntersuchung mit heimgebracht hatte. Seine arme kleine Marie. Wie mochte es dem kranken Baby jetzt wohl gehen?
Berthold hielt es nicht länger auf der Couch. Warum rief denn die Kripo nicht an? Hatte es für diese untätige Bande denn keinerlei Bedeutung, dass irgendjemand 1000 Euro von seinem Konto abgehoben hatte? Oder hielten sie es nicht einmal für notwendig, ihm Bescheid zu geben. Ohne ihn wäre ihnen diese wichtige Tatsache doch überhaupt nicht aufgefallen. Offensichtlich kümmerte sie seine Entdeckung ja auch nicht die Bohne. Oder gab es möglicherweise etwas, das man ihm bewusst verschwieg? Vielleicht hatte man die Leichen von Alma und Marie längst gefunden. Wieso sollten sie sonst wohl nach Spuren im Babybettchen von Marie gesucht haben? Er hielt es einfach nicht mehr aus. Er zog eine Jeans über seine Schlafanzughose, schlüpfte in die Schuhe und scherte sich nicht darum, dass sein T-Shirt von der unruhigen Nacht im Bett stark verschwitzt schien. Er ließ Telefon Telefon sein, obwohl er sich nicht sicher war, dass er den Kripobeamten seine Handynummer gegeben hatte. Er ging einfach ungewaschen aus der Wohnung, um sich am Kiosk eine neue Flasche Schnaps zu besorgen. Am hellen Mittag. „Wie ein Penner“, dachte er. Berthold hatte stets nur mäßig getrunken und vor allen Dingen niemals Schnaps. Das eine oder andere Glas Wein mit Alma, mal ein paar Bier mit den Kollegen. Aber das war ja auch zu Zeiten, in denen er sich vom Alkohol kein
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