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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Fuessmann
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hatte plötzlich das Gefühl, er habe sehr viel mehr unter der Fehlgeburt zu leiden als sie. Eine Ehefrau, die sein Kind nicht austragen konnte. Das hatte er nicht verdient. Das hatte kein Mann verdient. Wozu heiraten, wenn man keine richtige Familie gründen konnte? Es war alles ihre Schuld. Schon damals, als sie klein war. „Du darfst unsere Familie nicht zerstören. Eine Familie ist das Wichtigste im Leben der Menschen,“ hatte ihr Vater ihr immer wieder gesagt, wenn er besonders lieb zu ihr gewesen war. Ja, so nannte er das: Lass uns besonders lieb zueinander sein. Und sie musste ihm den Gefallen tun, denn die Mama konnte einem Mann nicht mehr geben, was ein Mann nun einmal brauchte. Das hatte er wenigstens behauptet. Und auch, dass sie darüber traurig war - die Mama. Alma hätte ihr so gern gesagt, dass sie nicht weinen müsse. Schließlich sei sie ja da. Aber das hatte der Papa ihr verboten - weil sonst die Familie zerstört würde und Alma daran Schuld sei.
    Also schwieg sie all die Jahre. Später, als sie schon bei Jasmin wohnte, wusste sie, wer die Familie wirklich zerstört hatte. Aber ihre Mutter hielt immer noch an dem Saukerl fest, wie Jasmin ihn nannte. Er hatte Alma vor die Tür gesetzt. Eine dreckige Junkie-Hure komme ihm nicht mehr ins Haus, hatte er gesagt - der Saubermann. Wer weiß, was man sich da einfangen könnte. Überall erzählte er herum, dass seine Tochter Schuld daran trage, dass er seinen Kummer und seine Schande im Alkohol ertränken müsste. Er brauchte halt immer jemanden, dem er die Verantwortung für sein Verhalten aufbürden konnte.
    Aber davon hatte Alma ihrem Berthold nie etwas erzählt. Sie wollte die heile Familie, die sie zu Hause nie gehabt hatte. Und er wollte sie auch. Schlimm genug, dass sie ihm ihre Drogenabhängigkeit hatte beichten müssen. Aber auch das noch zu verschweigen wäre zu riskant gewesen. Berthold hatte sie auch nie nach ihrem Leben während dieser Zeit gefragt. Für ihn begann die Vergangenheit seiner Ehefrau offenbar erst in der Therapieklinik. Von diesem Zeitpunkt an konnte er stolz auf sie sein. Hier war sie die neue Alma geworden. Die Alma, die er liebte. Mit der alten hatte er nichts zu tun. Er hatte eine besondere Art, unliebsame Dinge aus seinem Leben zu streichen. So wurde auch das Thema Gardasee mit allem, was dazu gehörte, im Hause Behrend rasch ad acta gelegt. Seiner Mutter hatte Berthold ohnedies damals verschwiegen, dass Alma schon bei der Hochzeit schwanger war. Sie hätte das sicher degoutant gefunden. Aber langsam fing Gisela an, ihre Schwiegertochter auf Nachwuchs anzusprechen. „Dazu haben wir noch jede Menge Zeit,“ pflegte Berthold nur kurz zu kontern. Aber Alma war ihrer Schwiegermutter ausgeliefert. „Du nimmst doch nicht etwa Verhütungsmittel?“, fragte sie Alma eines Tages. „Falls ja, solltest du dir das gut überlegen. Manche Frauen bleiben danach steril, und ich glaube nicht, dass Berthold sich damit abfinden könnte.“
    Alma fühlte sich unter Druck gesetzt und sie gab den Druck weiter. Sorgfältig errechnete sie ihre fruchtbaren Tage und drängte Berthold zum Beischlaf. Das Ehebett wurde zum Leistungszentrum. Beide erinnerten sich kaum noch daran, wie schön und harmonisch ihr Intimleben begonnen hatte. Nun war es lediglich Mittel zum Zweck. Berthold reagierte gereizt. Almas Verzweiflung wuchs bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie endlich am Ziel ihrer Wünsche schien. Der Schwangerschaftstest war positiv. Am liebsten hätte sie es der ganzen Welt verkündet. Beide waren restlos glücklich. Aber dann kam der Tag, an dem Alma im Bad zusammenbrach. Wie am Gardasee. Als Berthold sie am Abend im Krankenhaus besuchte, war er voller Mitleid, streichelte sanft ihre Hand und sagte: „Wenn zwei Menschen sich lieben, können sie auch ohne Kinder glücklich sein. Und wenn du anderer Meinung bist, können wir vielleicht ein Kind adoptieren.“ Aber Alma richtete sich mit einem Ruck in ihrem Bett auf, klammerte sich an seinen Arm und redete hektisch auf ihn ein: „Das kann nicht dein Ernst sein, Berthold. Wir müssen es eben weiter versuchen. Ich will kein fremdes Kind groß ziehen. Ich will ein eigenes.“
    Berthold stand abrupt auf: „Hör zu, Alma. Ich werde diesen Zirkus nicht noch einmal mitmachen. Man muss auch mal Realitäten zur Kenntnis nehmen. Wir können halt keine Kinder bekommen und damit basta.“
    „Doch, können wir doch. Wir müssen es nur immer wieder versuchen. Warum soll denn ausgerechnet bei uns nicht klappen,

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