Almas Baby
was bei den meisten Paaren ohne Schwierigkeiten funktioniert?“, beharrte Alma.
„Ich habe keine Ahnung. Vermutlich, weil du ein Junkie gewesen bist. Was weiß ich denn.“
„Ach so,“ Alma war außer sich, „einmal Junkie, immer Junkie. Meinst du das? Du bist genau wie mein Vater. Dann lass dich doch gleich scheiden. Schmeiß mich raus aus deinem hochanständigen Leben.“
Berthold fuhr sich ratlos mit der Hand durchs Haar. „Hör auf mit dem Unsinn, Alma. Du bist überreizt. Schlaf ein wenig. Ich werde noch mit dem Arzt reden. Wir sehen uns morgen und dann sieht die Welt bestimmt schon ganz anders aus.“
Sah sie nicht. „Natürlich kann Ihre Frau Kinder austragen. Rein physisch gibt es da kein Problem,“ hatte der Arzt Berthold versichert. Allerdings hielt er Almas psychische Verfassung für bedenklich. „Sie steigert sich offenbar zwanghaft in diese Lage hinein. Sie wissen doch, nicht alles, was man sich so dringend wünscht, geht auch in Erfüllung. Aber plötzlich, wenn man den Wunsch längst abgeschrieben hat, ist das Wunder da. Es gibt Paare, die probieren es jahrelang. Je intensiver sie sich da hineinsteigern, umso geringer werden die Chancen. Versuchen Sie, Ihrer Frau Gelassenheit zu vermitteln.“
Gelassenheit, die er selbst nicht spürte? Er fürchtete, dass Almas offenbar unstillbarer Kinderwunsch, ihr fanatisches Streben nach Schwangerschaft ihre Ehe zerstören würde. Er versuchte mit ihr zu reden, aber er hätte genauso gut versuchen können, eine Wand zum Zuhören zu verleiten. Ein Leben ohne Kinder konnte sie sich angeblich nicht vorstellen. Eine Adoption ebenso wenig. Es würde also alles wieder von vorn losgehen.
Es gab kein anderes Gesprächsthema mehr im Hause Behrend. In dieser verzweifelten Situation fiel Berthold auf, wie isoliert er und Alma doch lebten. Sie pflegten keinerlei Kontakte zu anderen Paaren. Ab und zu kam seine Mutter zu Besuch, aber nicht einmal das schien Alma akzeptieren zu wollen. Ihre ablehnende Haltung war kaum zu übersehen. Als Berthold seiner Frau schließlich vorschlug, sie möge doch ihre Eltern anrufen, reagierte sie geradezu hysterisch. „Misch dich nicht in meine Angelegenheiten. Ob ich meine Eltern sehen will oder nicht, geht nur allein mich was an,“ schrie sie ihn an. Sie warf sogar ein Buch nach ihm, als er sie um eine Erklärung bat. Sie schien völlig außer sich. Später versuchte sie dann, sich zu entschuldigen. Aber ihre Erklärungsversuche brachten keinerlei Klarheit. Ihre Eltern hätten sie nicht als Junkie akzeptiert, warum also sollten sie es jetzt tun? Basta.
Aber das war aus Bertholds Sicht eigentlich durchaus verständlich. Wer akzeptiert schon einen Fixer? Es hatte allerdings keinen Zweck, mit Alma darüber zu diskutieren. Sie schrie und weinte, schien völlig außer sich, bettelte um sein Verständnis, ohne ihm die Chance zu geben, irgendetwas zu verstehen. Am Ende landeten beide zur Versöhnung im Bett und Berthold konnte sich des unschönen Verdachts nicht erwehren, dass seine Frau vieles in der voraufgegangenen Stunde inszeniert haben könnte, um ihn zum biologisch günstigen Zeitpunkt dazu zu bringen, einen der vielen vergeblichen Bemühungen um Nachwuchs zu starten. Er traute sich allerdings nicht, Alma zu fragen, ob seine Vermutung richtig sei. Vielleicht wollte er es auch gar nicht so genau wissen, denn diese Art von Unkenntnis war ihm immer noch lieber, als aufgeklärt zu werden, wann es denn soweit sei, dass er zu jenem an sich doch leidenschaftlichen Angriff überzugehen habe, für den ihm jede Art von Leidenschaft längst abhanden gekommen war. Er hatte eher das Gefühl, einem Einberufungsbefehl zur Ablegung eines Fruchtbarkeitsbeweises Folge zu leisten. Dabei musste man ja versagen. Das tat er auch - fast jedes Mal.
„Du liebst mich nicht mehr“, pflegte Alma dann zu klagen. Irgendwann war er versucht, ihr Recht zu geben.
Dennoch - eines Tages kam Alma morgens strahlend aus dem Bad. In der Hand einen Schwangerschaftstest. Er war positiv. Sie lagen sich in den Armen, jubelten beide und schienen am Ziel ihrer Wünsche angelangt. Aber schon als Berthold den Champagner in der Küche entkorkte, während Alma im Wohnzimmer die Gläser bereitstellte, machte sich bei ihm Pessimismus breit. „Mal wieder“, dachte er - und auch, dass es mal wieder schief gehen könnte. Aber er wollte Almas Freude nicht zerstören. So stießen sie denn miteinander an auf eine Zukunft in einer richtigen Familie. Seine Frage, ob das alles
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