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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Fuessmann
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die Laube, bevor am Nachmittag die Kleingärtner anrückten. Hoffentlich blieb Marie ruhig, damit niemand auf sie aufmerksam werden konnte. Und wenn ihr Vater sie suchen würde? Just in seiner Laube? Er las doch immer die Zeitung mit den vier Großbuchstaben. Ein Risiko, das Alma eingehen musste. Sie hatte sonst nichts und niemanden wohin sie gehen und bei dem sie untertauchen könnte. Sie war allein. Ganz allein - mit Marie, aber die wollten sie ihr auch noch wegnehmen. Eine muffige Laube als letzter Hort. Hier war für sie das Ende. Aber was sollte aus Marie werden? Alma kuschelte sich mit dem Baby auf der alten Couch zusammen, deren Bezug steif war von vergossenem Bier. Sie schaute in das runde Gesichtchen, aus dem sie blaue Augen offen und freundlich anschauten. Alma strich behutsam mit ihrem Zeigefinger über die zarte Haut der runden Bäckchen und pustete ganz leicht in den dunklen Flaum auf dem Köpfchen. Dunkle Haare wie Berthold. Natürlich. Marie war ja auch seine Tochter. Sie musste ganz einfach seine Tochter sein.
    Das Baby ruderte ein wenig mit den Ärmchen, deren Hände zu Fäusten geballt waren. Eine kleine Kämpferin, die sich durchs Leben boxen würde - falls man ihr eine Chance dazu gab. Aber die Chancen auf dieser Welt waren nicht immer gerecht verteilt. Wer wüsste das besser als Alma, die nie eine gehabt hatte. Sie durfte Marie nicht mitreißen in den Strudel ihres Lebens, der sie immer nur abwärts zog. Nicht Marie. Das wurde ihr jetzt schlagartig klar. Aber wie sollte sie das Baby davor bewahren, ihr auf dem Weg in den Untergang zu folgen, auf den sie es gezwungen hatte, als sie es seiner Mutter wegnahm? In diesem Augenblick begriff Alma, dass sie etwas Schreckliches getan hatte. Etwas, das nicht wieder gutzumachen war. Erst recht nicht jetzt, nachdem alles zu spät schien. Auch die Reue, die sie auf einmal überfiel. Sie traute sich nicht einmal mehr, das Baby mit dem Namen Marie anzusprechen. Seine Mutter, seine richtige Mutter, hatte sicherlich einen ganz anderen Namen für ihr Kind ausgewählt. Alma, die zuvor nicht einen einzigen Gedanken an die Frau verschwendete, deren Kind sie entführt hatte, bekam auf einmal eine Ahnung vom Leid, das sie durch ihre egoistische Tat verursacht hatte.
    Das Baby war friedlich eingeschlafen. Es fühlte sich doch wohl bei Alma. Vielleicht trauerte seine richtige Mutter ja gar nicht. Es gab ja so viele Kinder, die unerwünscht waren. Marie könnte doch eines davon sein. Und wenn nicht - schließlich hatte ja auch Alma ein Recht auf Mutterschaft.
    Aber was würde Berthold empfinden, wenn er aus der Zeitung erfuhr, was seine Frau getan hatte? Für ihn getan hatte. Würde er ihr dankbar sein? Bestimmt nicht. Aber verzeihen - verzeihen könnte er ihr doch. Aber auch diese Möglichkeit schloss Alma für sich aus. Ihr war klar: Sie konnte nicht zurück zu ihm. Zurück in eine Ehe, deren Sinn sie zu erfüllen nicht imstande gewesen war. Für sie gab es an der Seite von Berthold keinen Platz mehr. Nirgendwo mehr gab es für sie einen Platz. Das Baby nuckelte jetzt zufrieden an Almas kleinem Finger. Durch die schmalen Fenster schlich sich die Dämmerung in die Gartenlaube. Das Stück Himmel, das Alma sehen konnte, war asphaltgrau. Aber ganz weit oben blitzte, wunderbar hell, ein einziger Stern. Damals, auf dem Saarlandstraßenfest, waren es doch noch so viele gewesen. Wo sind sie nur geblieben?
    Alma griff mit einer Hand nach dem Messer, das sie dem schönen Mirko vom Küchentisch geklaut hatte. Im anderen Arm schlummerte das Baby. Alma begann langsam zu singen: „La le lu, nur der Mann im Mond schaut zu, wenn die kleinen Babys schlafen, dann schläfst auch du.“ Dann fielen ihr selbst die Augen zu und sie dämmerte weg. Für ein paar Minuten nur, bis sie plötzlich in Licht gebadet schien und von draußen die Lautsprecherstimmen auf sie einredeten.

    Kapitel 18
    Der entscheidende Hinweis über den möglichen Verbleib des entführten Babys ging um 19.45 Uhr beim Kriminaldauerdienst im Polizeipräsidium an der Märkischen Straße ein. Für den Beamten am Notruftelefon unterschied sich der Anruf der Nordstadt-Kleingärtnerin Isolde Wolters zunächst durch nichts von all den anderen, die im Laufe des Tages zu diesem Thema eingegangen waren. Er leitete das Gespräch jedoch sofort weiter zum K11, wo Volker Lauer gerade dabei war, seinen Schreibtisch aufzuräumen. Auch für ihn schien der Anruf zunächst ohne besondere Brisanz. Erst nachdem er sich ausführlicher mit

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