Alpendoener
Bernd, von dem
komm ich nicht mehr los, dem hab ich Geld gegeben, und das ist weg, wenn ich
geh von ihm, das weiß ich.«
Birne musste lachen. »Und deswegen rennst du raus?«
»Ich weiß, das ist blöd. Gerade an diesem Abend. Aber ich hab
ehrlich Angst, dass ich mich in dich verliebe, und das kann ich mir im Moment
nicht leisten. Sorry .«
Birne schwieg und schaute ihr nicht mehr ins Gesicht.
»Klingt blöd jetzt für dich, oder?«, fragt sie.
»Ja schon«, sagte Birne und schwieg dann wieder und starrte
in die Luft neben ihr.
»Was denkst du jetzt?«
Birne dachte an das Geld, das er in der Wohnung von Frau
Zulauf entdeckt hatte, und fragte sich, ob ihm das jetzt einfallen durfte.
»Ich überlege, ob die Schwierigkeiten, in denen du steckst,
wirklich so tief reichen. Sind es Millionen?«
»Ach wo. Woher denn? Bernd, der Depp, hat sich einen
Fahrradladen eingebildet, weil er doch so gern fährt. Und ich hab gedacht, der
wird schon eine Ahnung haben – hat er auch, aber halt auch nur von den
Fahrrädern – fachlich top. Dann hab ich ihm gegeben, was ich mir gespart hab
und das, was die mir als Kredit geben auf der Bank, als MTA.« MTA, dachte
Birne. »Und Bernd hat den Laden ein halbes Jahr gehabt und dann zugemacht, weil
er zu blöd dafür war, und jetzt hängen wir zusammen, als ob er den Laden nur
aufgemacht hätte, damit ich nie wieder von ihm loskomme.«
»Blöd, so was«, sagte Birne, dem keine passende Antwort
einfiel.
»Und kurz – und das muss jetzt wirklich unter uns bleiben –
hab ich mich gefreut, dass dem Bernd seine Oma gestorben ist. Aber wieder
nichts: Die hatte auch kein Geld, nur ein bisschen Rente. Scheiße.«
Wieder ein Schweigen, in dem Birne sie sehr genau musterte
und schön fand trotz der verweinten Augen und des verschmierten Make-ups.
»Jetzt weißt du alles.«
»Ich weiß eventuell auch, woher man ein Geld kriegen könnte.«
»Woher?«
»Sagen wir so: Es ist nicht direkt was Illegales, aber es
müsste unter uns bleiben, und du dürftest nicht fragen, woher es kommt.«
»Komisch.«
»Vieles ist komisch, vielleicht verrat ich’s dir, wenn wir,
verheiratet, das zweite oder dritte Kind bekommen.«
Dieser letzte Satz Birnes brachte
sie zum Lachen: »Du bist einer, aber ich hab es gleich gewusst, als ich dich
sah, da wusste ich: Du bist ein Guter.«
»Mir fällt da was ein. Ehrlich, du kannst dich auf mich
verlassen.«
»Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Das machst du nicht, höchstens ohne dich.«
»Was?«
»Höchstens ohne dich bin ich in Trouble. Frag meine Freunde,
die werden dir sagen: Der Birne, frag den Birne, wenn du …«
Sie küsste ihn lange und mit Zunge. Birne war glücklich. Er
hatte wieder was im Leben.
Er nahm ihren Kopf in die Hand und vergrub seinen tief darin,
er packte sie an ihrem Hintern und hoffte, dass jetzt ein Programm ins Rollen
gekommen sei, doch sie machte sich noch ein Mal von ihm los.
»Danke, vielen Dank«, sagte sie.
»Schon in Ordnung.«
»Bist du mir böse, wenn ich jetzt gehe? Ich bin wirklich
schon ziemlich angetrunken, da geht nicht mehr viel. Ehrlich.«
»Schon in Ordnung.«
»Nicht böse sein, ja?«
»Passt schon.«
Sie ging davon und zeigte Birne ihren Rücken, den ein weißes
Top nur am Rande bedeckte. »Darf ich dich begleiten?«, rief er ihr nach.
»Geh noch was trinken, und denk dann an mich. Das ist besser
für uns beide, glaub mir«, rief sie zurück und ließ ihn ihr Profil kurz sehen,
ihr entzückendes.
»Ciao«, sagte er leicht perplex.
»Ciao«, hauchte sie und verschwand langsam unter seinen
Blicken die Straße hinauf.
Birne stand und durch den Nebel in seinem Kopf
geisterte ein leichter Zweifel. Hatte er wieder mehr versprochen als eine
keimende Liebe erlaubt? Riskierte er Gefängnis, wenn er noch mal schnell
eindrang? Andrerseits suchte er diesmal nicht, er wäre wirklich gleich draußen.
Sollte er Simone einweihen? Die war sowieso dort zugange. Aber er konnte das
alles fix erledigen, solange Bernd noch im Urlaub war, die volle Punktzahl kassieren
und diese umgehend sexuell umsetzen. Das klang gut im Nebel des Gehirns, und
Birne beschloss, das zu tun und jetzt, wie Simone ihm geheißen hatte, noch eine
Halbe zu trinken. Er wankte los Richtung Korbinian und wunderte sich, dass er wankte. Jetzt schon.
Er hatte sich getäuscht. Bruno war nicht mehr
da. Dafür Werner, Hans und Erwin. Die schauten, wie er so daherkam, so als
vierter Mann
Weitere Kostenlose Bücher