Alpengrollen: Kriminalroman
einen guten Weg, Herr Bürgermeister. Und langsam gehen. Es ist glatt.« Sie hakte sich, die Augen zum Himmel verdrehend, bei Anneliese unter. Dann brachen sie kichernd auf.
»Weißt du was, Moni? Einkaufen, Kaffee, Essen, Trinken. Das ist ja alles schön und gut«, meinte Anneliese, nachdem sie die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hatten.
»Aber du musst andauernd an Sabine denken. Richtig?« Monika drückte mitfühlend ihren Arm.
»Richtig.« Anneliese schniefte.
»Der Max findet sie schon.«
»Ja. Hoffen wir’s! Langsam bekomme ich nämlich immer mehr Angst um sie. Das fühlt sich gar nicht gut an. Ganz und gar nicht!«
11
Max stellte seinen R4 auf dem Parkplatz hinter dem ›Lustigen Wirt‹ ab und stieg aus. Die klare Nachtluft ließ den Himmel wie ein einziges glitzerndes Sternenmeer aussehen. Wie klein wir Menschen doch sind verglichen mit der unendlichen Weite da droben, sinnierte er. Und wie unwichtig. Und trotzdem spielen wir uns jeden Tag wieder von Neuem auf, als gäbe es im ganzen Universum nichts Wichtigeres als uns und unsere Anliegen. Für weitere philosophische Betrachtungen blieb ihm keine Zeit. Er fror am Kopf, weil er vorhin blöderweise vergessen hatte, sich die Haare zu föhnen. Und nach der Fahrt im eiskalten Auto – die Heizung brauchte in letzter Zeit immer sehr lange, bis sie warmlief – klapperten jetzt lauter kleine Eiszapfen darin. Er versuchte, dem kalten Übel durch heftiges Rubbeln mit den bloßen Händen beizukommen. Wegen geringer Aussicht auf durchschlagenden Erfolg ließ er es aber gleich wieder bleiben und lief lieber schnell um das Gasthaus herum. Und trat ein. Bevor er sich noch einen deftigen Schnupfen einfangen würde. Wohlige Wärme und gedämpftes Stimmengewirr schlugen ihm entgegen, als er sich durch den schweren Windfang in den großen Gastraum schob. Die Holländerinnen winkten ihm von einem gemütliche Ecktisch aus zu.
»Hallo, schöner Mann! Toll, dass du gekommen bist«, begrüßte ihn Ruth aufgekratzt, als er vor ihnen stand.
Sie betrachtete ihn langsam und genüsslich von oben bis unten. Schüchternheit und vornehme Zurückhaltung schienen nicht gerade ihre vordringlichsten Eigenschaften zu sein. Max hatte das bereits heute Nachmittag vor der Skihütte bemerkt und reagierte, genau wie dort, eher zurückhaltend. Er warf ihr nur einen flüchtigen Blick zu und suchte gleich darauf die schönen blauen Augen ihrer blonden Freundin.
»Hallo, Max! Was hast du denn da in den Haaren?« Die blonde Johanna konnte wirklich hinreißend lächeln. Und der dunkelblaue Pulli, den sie anhatte, stand ihr wirklich hervorragend. Was hatte Ruth gleich wieder an? Irgend so ein braunes Kostüm. Oder? Egal.
»Äh, Eis, glaube ich. Schönen guten Abend, die Damen. Wo darf ich mich setzen?« Eigentlich hatte er seine Wahl ja schon getroffen, wollte aber auf keinen Fall unhöflich sein.
»Hier!«, riefen alle beide gleichzeitig und deuteten auf den jeweiligen Platz neben sich.
Er sah kurz verwirrt drein. Dann begannen alle drei zu lachen. Er setzte sich an Johannas Seite, pflückte sich die restlichen gefrorenen Minizapfen vom Kopf und bestellte ein Bier bei der kleinen Kellnerin, die, sobald er saß, an ihrem Tisch erschien.
»Und, lieber Max, wie gefällt dir dein Zimmer im Hotel?« Ruth, die ihm gegenübersaß, versuchte, den Platzvorteil ihrer Freundin gleich mal mit einer erneuten Frage wettzumachen.
»Wunderbar. Ich bin woanders untergekommen als ursprünglich geplant. Aber es gefällt mir dort sogar noch besser als in dem Luxusschuppen, in dem ich gebucht hatte.«
»Hauptsache, die Matratze ist gut, sage ich immer«, ergänzte Johanna. Doch kaum hatte sie den Satz ausgesprochen, merkte sie wohl, dass er auch falsch aufgefasst werden konnte. Sie bekam einen roten Kopf.
»So geht es mir auch«, versicherte Max, dem ihre Unsicherheit nicht entgangen war. »Wie man sich bettet, so liegt man, heißt es bei uns!«
Alle drei lachten erneut. Na super. Das ist ja mal wieder eine von diesen typischen Situationen, in die der Raintaler immer wieder total unschuldig hineingerät, amüsierte er sich inwendig. Daheim eine feste Freundin, zumindest relativ fest, und du sitzt hier zwischen zwei bildhübschen Flachländerinnen aus dem Norden, die, so wie es aussieht, ganz offensichtlich alle beide Interesse an dir haben.
Ihm fiel ein, wie er Monika kennengelernt hatte. Nicht etwa, weil er gerade ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber gehabt hätte. Es fiel ihm einfach so
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