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Alpengrollen: Kriminalroman

Alpengrollen: Kriminalroman

Titel: Alpengrollen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerwien
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bewegte sein Messer blitzartig in Richtung Monika. Und hatte es von einer Sekunde auf die andere nicht mehr in der Hand. Dafür traf ihn Monikas Faust hart im Gesicht. Er segelte mit Karacho nach hinten in die Sitzreihe nebenan. Noch während er dorthin unterwegs war, hatte Monika dem Kleineren den Arm umgedreht und ihn in Richtung Ausstieg gedrängt.
    Sein aus der Nase blutender Kumpel Dragan fing zu schreien an. »Hey, verdammte Scheiße! Ich blute! Die Fotze hat mir voll die Nase gebrochen! Ich leg die um, die Sau! Lass meinen Freund los, sonst bist du tot!«
    »Brauchst du noch eine drauf, Bubi? Oder hältst du endlich deine widerliche Klappe? Wer bringt euch eigentlich bei, so zu reden? Haben sie euch mit der Banane aus dem Dschungel gelockt oder was?« Monika sah die beiden einfach nur an. Sie blieb ruhig, obwohl sie gerade mit einem Messer bedroht worden war. Und das flößte den Burschen Angst ein. Das kannten sie weder von zu Hause noch von ihren Kumpels. Der Bursche mit der blutigen Nase machte noch größere Augen als sein kleinerer Kumpel.
    »So, und jetzt komm her zu uns!«, herrschte sie ihn an. »Bei der nächsten Station steigt ihr aus. Das Messer bleibt bei mir. Und Klappe! Nur noch einen Ton, dann setzt es was, dass euch allen beiden Hören und Sehen vergeht. Habt ihr mich verstanden?« Sie stand fest und unerschütterlich in ihrer eigenen Mitte. Jede Faser ihres Körpers strahlte die unangreifbare Autorität einer allmächtigen Superheldin aus.
    »Okay, Mann. Okay. Wir steigen aus. Aber das Messer gehört meinem Bruder. Das brauch ich wieder. Sonst bringt der mich um. Echt, kein Scheiß! Okay?« Dragan, sichtlich nachhaltig von seiner Gegnerin beeindruckt, hielt sich mit der einen Hand die blutende Nase und streckte Monika die andere mit einem flehenden Blick entgegen.
    »Vergiss es, Burschi. Und jetzt raus mit euch. Aber rucki, zucki.« Sie öffnete die Tür, schob die beiden auf den Bahnsteig hinaus und blieb stehen, bis das Abteil wieder geschlossen war. Als der Zug abfuhr, drehte sie den draußen schimpfenden und ihre Fäuste schüttelnden Jugendlichen den Rücken zu und sah nach dem Mädchen.
    »Ist mit dir alles in Ordnung?«, fragte sie und strich ihr sanft über die Haare.
    »Ja, vielen Dank. Danke, dass Sie mir geholfen haben. Ich hatte solche Angst.«
    »Alles klar, Schätzchen. Dann schau, dass du möglichst schnell nach Hause kommst. Und das nächste Mal nimmst du so spät am Abend lieber deinen großen Bruder oder ein paar Freunde mit, wenn du U-Bahn fährst. Okay?«
    »Mach ich, okay.« Die Kleine sah immer noch geschockt zu ihr hoch.
    Dann kehrte Monika zu ihrem Platz zurück. An mindestens zehn Leuten vorbei, die, wie schon die ganze Zeit über, immer noch zum Fenster hinaussahen und so taten, als wäre nichts geschehen. Verdammte feige Bande, dachte sie. Was ist denn, wenn sie mal auf euch losgehen. Braucht ihr dann keine Hilfe? Sie setzte sich auf ihren Platz.
    »Ja, sag mal, Moni. Was war das denn eben? So habe ich dich ja noch nie erlebt.« Anneliese wusste nicht genau, ob sie ihre Freundin bewundern oder mit ihr schimpfen sollte. Sich derart in Gefahr zu bringen. So etwas konnte doch auch ganz böse ausgehen. Nach der Polizei rufen oder laut schreien, gut. Aber so was …
    »Zweiter Dan in Jiu-Jitsu, Annie. Wie du ja weißt, habe ich die Prüfung abgelegt, als ich noch an der Uni war. Und ab und zu trainiere ich heute noch. In so einem kleinen Kickboxverein in Sendling drüben. Das habe ich dir aber längst erzählt.« Monika rieb sich die Faust, mit der sie Dragan die Nase gebrochen hatte.
    »Ach Gott. Stimmt ja. Na, dann wundert mich natürlich nichts mehr. Also, wenn das in der Praxis so aussieht, gehe ich ab sofort nur noch mit dir in die Stadt. Mit niemand anderem.« Annie lächelte sie voller Respekt an.
    Oben auf der Straße zu Monikas kleiner Kneipe versuchte sie noch mal, Max auf dem Handy zu erreichen. Aber auch dieser allerletzte Versuch schlug fehl. Die beiden umarmten sich, gaben sich links und rechts ein Bussi und gingen jede zu sich nach Hause.
    Dort angekommen, rief Anneliese noch mal in Sabines Pension an. Sie fragte nach, ob sich ihre Tochter inzwischen gemeldet habe oder ob die anderen beiden Mädchen zu erreichen wären.
    Die offensichtlich angetrunkene Wirtin verneinte. Aber der Bekannte aus München habe jetzt ebenfalls ein Zimmer hier im Haus. Und der würde in der Sache sicher weiterkommen, so wie er Fragen stellen konnte. Fast schon wie ein Polizist.

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