Alpengrollen: Kriminalroman
Hinterkopf ein leises Geräusch vernahm. So als ob ein kleiner Knoten platzte.
Er drehte sich schnell zum Barmann herum und gab seine Bestellung auf. »Noch zwei Mal dasselbe, bitte.« Dann wandte er sich ihr wieder zu. Ihre Augen waren immer noch auf ihn gerichtet. Wunderschön und leuchtend blau. Wie zwei Magneten zogen sie ihn zu ihr hin. Immer näher. Beide wussten, dass jegliche Gegenwehr völlig sinnlos wäre. Sie kamen sich noch näher. Küssten sich. Und vergaßen alles um sich herum.
»Aber hallo! Was war denn das?«, fragte Johanna, nachdem sie als Erste wieder zur Besinnung gekommen war.
»Keine Ahnung. Zu viele Drinks?« Max grinste nur selig.
»Glaube ich nicht«, sagte sie und strich sich eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht.
»Ich auch nicht«, flüsterte er ihr ins Ohr und legte zärtlich seinen Arm um ihre Schulter.
»Fahren wir in dein Hotel? Ruth und ich schlafen in einem Doppelzimmer.«
»Ich kann nicht mehr fahren. Zu viele Drinks.«
»Taxi?«
»Taxi!« Er bestellte beim Barkeeper den Wagen und bezahlte die Rechnung. Dann verabschiedeten sie sich von Ruth mit dem Hinweis, dass sie noch zu ihm wollten.
»Viel Spaß!«, flötete die nur knapp, lächelte ihnen flüchtig zu und hing schon wieder an den Lippen ihres sympathisch aussehenden Skigelehrten.
»Dass sie so wenig um mich kämpft, hätte ich ja nicht gedacht«, beschwerte sich Max, als sie auf den spiegelglatt gefrorenen Gehsteig hinaustraten.
»Wer?« Johanna sah verwirrt zu ihm hoch.
»Na, deine Freundin, Ruth.« Er grinste dreckfrech.
»Blödmann.« Sie gab ihm einen Klaps auf die Schulter.
Das Taxi kam und sie stiegen gackernd und albernd ein. Eine Viertelstunde später standen sie vor der kleinen Pension und Max sperrte die Tür auf. Der angekettete Hund bellte währenddessen, als ginge es darum, ein Rudel sibirische Wölfe in die Flucht zu schlagen.
»Ich glaube, der mag mich nicht«, vermutete Max. »Jedes Mal, wenn ich an ihm vorbeigehe, führt er ein Theater auf, als wäre ich sein ärgster Feind.«
»Der muss ja ganz schön dumm sein«, entgegnete sie ihm verliebt lächelnd. »Oder taub und
blind.«
Im selben Moment, als sie auf dem Treppenabsatz standen, kam die flotte Hausherrin in den Flur gelaufen. »Ja, da schau her. Unser neuer Mieter. Servus, Max. Und eine nette Begleitung hat er dabei. Hallo, ich bin die Maria.«
»Ich bin Johanna«, stellte Johanna sich vor.
»Wie schaut es aus, ihr zwei Hübschen. Trinkt ihr noch einen mit mir und meinen Freunden?«
Die zwei Hübschen sahen sich unschlüssig an.
»Wir feiern nämlich heute unseren Hausfasching«, klärte die deutlich beschwipste Tirolerin Johanna gleich noch über den aktuellen Stand der Dinge auf.
»Na, wenn das so ist …«, meinte die. »Dann gehen wir halt noch auf einen Schluck mit rein. Was denkst du, Max?«
»Wie du willst. Mir ist alles recht.« Außer Fasching, den hab ich eigentlich gefressen. Egal. Was soll’s? Feiern wir halt. So jung kommen wir nie wieder zusammen.
»Na, dann. Auf geht’s, Herrschaften. Die Nacht ist noch jung«, sagte Maria und schwankte voraus.
Von wegen jung, haderte Max. Es ist halb zwei. Schlafen die hier nie? Im Gastraum stand das Stimmungsbarometer eindeutig auf hoch. Musik, Tanz, Getränke. Der Exkommissar und Faschingsmuffel Raintaler ließ sich mit seiner hübschen Johanna am nächsten freien Tisch direkt neben einem älteren Ehepaar nieder.
»Wir kommen jedes Jahr hierher«, erklärte der kleine, glatzköpfige Mann, der sich ihnen gleich als Hein aus St. Pauli vorstellte. Er hatte eine rote Pappnase auf und ein paar Vampirzähne aus Plastik im Mund.
»Das freut uns, Hein«, versicherte ihm Max. »Und was stellt diese originelle Verkleidung dar?« Er zeigte auf das karg geschmückte Gesicht des Fischkopfes.
»Einen bissigen Clown.«
»Aha! Lustig. Und, wie gefällt es euch bei uns im Süden?«
»Wir finden es einfach super hier. Und erst in Kitzbühel! Diese ganzen reichen und berühmten Leute. Einfach Klasse! Stimmt’s, Häschen?«
Seine kleine, mollige Frau im Supergirlkostüm, die er den beiden als Rita vorstellte, nickte nur und lächelte sanft.
»Der FC St. Pauli spielt nächstes Jahr garantiert in der Champions League«, erklärte Hein daraufhin unvermittelt mit gewichtiger Miene.
Doch niemand am Tisch schien sich auch nur die Bohne für dieses weltbewegende Thema zu interessieren. Max als eingeschworener Bayernfan interessierte sich sowieso nicht für die Niederungen der
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