Alpengrollen: Kriminalroman
Ihre Augen waren dick zugeschwollen. Sie hatte etliche blutverkrustete Schrammen im Gesicht. Ihre Arme und ihr Hals waren über und über von blauen Flecken übersät. Ihre Handgelenke bluteten.
»Ja, um Himmels willen, Schätzchen. Wer hat dich denn so zugerichtet?« Johanna nahm das normalerweise bestimmt sehr hübsche, gerade mal etwa 14 Jahre alte Mädchen in den Arm und führte es behutsam aus der Tür.
»Das waren sie. Diese Fremden. Die sind immer wieder hier reingekommen und haben mich verprügelt.« Sie begann leise vor sich hin zu
weinen.
»Was gibt es nur für schreckliche Menschen!« Johanna legte ihr vorsichtig den Arm um die Schulter. »Wie lange bist du denn schon da drinnen?«, fragte sie dann.
»Ich weiß es nicht. Ich will endlich nach Hause zu meinen Eltern.«
»Dort bist du auch bald. Versprochen. Ich bring dich erst mal hier raus und dann nehmen wir ein Taxi zu deinen Eltern und rufen die Polizei. Dann sollen die diese miesen Kerle erwischen, die dir das alles angetan haben. Okay?«
»Ja.« Die Kleine sah sie dankbar an. Dicke Tränen der Erleichterung bahnten sich den Weg über ihre zerschundenen Wangen.
Johanna stützte sie und bog langsam mit ihr um die Ecke in den Gang mit den Neonleuchten. Auf einmal standen sie vor zwei kräftigen, schwarz gekleideten Männern, die im ersten Moment genauso überrascht waren wie sie.
»Was …«, brachte der eine von ihnen gerade noch heraus, bevor Johanna ihm das Wort abschnitt.
»Gut, dass Sie da sind, meine Herren. Das Mädchen hier muss ganz schnell ins nächste Krankenhaus. Bitte helfen Sie uns.«
»Helfen! Gut!«, sagte daraufhin der andere, drehte Johanna den Arm um, nahm ihr den Schlüssel weg, den sie immer noch in der Hand hielt, und packte sie mit seiner anderen kräftigen Pranke fest am Hals. Es geschah alles so schnell, dass sie nicht einmal an Gegenwehr denken konnte. Der zweite hatte das Mädchen so lange in den Schwitzkasten genommen. Anschließend schoben und zerrten sie ihre sich heftig wehrenden, laut um Hilfe schreienden Gefangenen in das stinkende Verlies des Mädchens zurück und fesselten sie. So sehr sich Johanna auch bemühte, sie hatte gegen die Kraft und die brutalen Faustschläge ihrer Peiniger nicht die geringste Chance. Zum Schluss knebelten die beiden Gangster ihre Opfer noch gründlich mit Isolierband. Danach verließen sie den Raum und sperrten die Tür hinter sich ab. Kurz darauf öffnete sich die Tür noch einmal und Johannas Reisetasche flog in den Raum. Dann sperrte einer der beiden endgültig zu. Ihre Schritte entfernten sich.
Johanna hörte, wie sie die Tür zum nächsten Gang ebenfalls verschlossen. Aha, deswegen hatte bis auf mich keiner das Mädchen gehört. Die Tür ist vorhin wohl nur zufällig offen gewesen. Jemand muss vergessen haben, sie abzuschließen. Das Licht in ihrem Kellerabteil hatten die Männer brennen lassen. Sie drehte sich um ihre eigene Achse und sah zu der Kleinen hinüber. Die lag regungslos auf dem kalten Steinboden. Hoffentlich lebt sie noch. Und hoffentlich kommen wir beide jemals wieder lebend hier raus. Ob Max wohl denkt, dass ich ohne Abschied nach Hause gefahren bin? Bitte, lieber Gott. Lass ihn nach mir suchen.
34
»Raintaler!« Max war gleich rangegangen, als er den klassischen Klingelton seines Mobiltelefons gehört hatte. Das wird wohl Johanna sein, hatte er gedacht.
»Wurmdobler«, ertönte dagegen am anderen Ende die Stimme seines alten Kollegen und Freundes.
»Servus, Franzi. Was machen die Kopfschmerzen? Hier auf der Piste ist es wunderbar wie immer. Da wären sie bestimmt gleich weg.«
»Passt schon, Max. Passt schon. Ich wollte dich auch gar nicht lange bei deinem Lieblingssport stören, sondern dir nur das Wichtigste berichten.«
»Das freut mich, Herr Exkollege. Du störst nicht. Schieß los.« Max zog seinen rechten Handschuh aus, damit er das Handy besser halten konnte, und fuhr ein Stück weit zwischen die Bäume am Rand der Piste, wo er niemandem im Weg war.
»Also, erst mal vorne weg. Es ist alles bestens gelaufen. Wir haben Fridolin. Er hat zugegeben, dass er Sabine unter Drogen gesetzt und überredet hat, mit ihm nach München zu fahren. Die wollte von Drogen zwar nichts wissen, aber schließlich kennen wir ja unsere Pappenheimer.«
»Ja, aber wenn er ihr die Drogen verabreicht hat, ist sie doch unschuldig. Bestimmt hat er sie dazu gezwungen.« Max versuchte zu retten, was zu retten war.
»Das glaube ich zwar weniger, aber ich nehme es offiziell
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