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Alpengrollen: Kriminalroman

Alpengrollen: Kriminalroman

Titel: Alpengrollen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerwien
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Rasierwasser und Unterhosen einkaufen gehen, soll es ebenfalls geben. Zumindest glaubte er, davon schon gehört zu haben. Oder hatte er darüber gelesen? In so einem Modemagazin für Männer? Beim Arzt im Wartezimmer?
    Egal. Er bestellte ein leichtes Weißbier und sah sich im Raum um. Warum magst du eigentlich keine Touristen, obwohl du selber einer bist, fragte er sich, als sein Blick langsam über die verschiedenen Gesichter über den rotweiß kariert gedeckten Tischen streifte. Wahrscheinlich, weil man im Urlaub unweigerlich auf engstem Raum mit Leuten zusammenkommt, mit denen man zu Hause nicht mal ein Wort wechseln würde. Zum Beispiel diese lauthals plärrende dicke junge Frau aus dem Rheinland vorhin am Sessellift. Sie hatte ihre kleinen Kinder andauernd angetrieben, damit sich bloß niemand an ihnen vorbeischieben konnte. Schneller, Hans Günther, nun spute dich aber, Erika, nicht stehen bleiben, Kevin, hatte sie jedes Mal hektisch gerufen, sobald vor den Skiern ihrer Brut auch nur die winzigste Lücke entstanden war. Sie selbst hatte sich aber laufend vorgedrängelt. Und als Max sie dann bei einer der nächsten Fahrten darauf hinwies, dass er vor ihr da gewesen sei, wurde sie auch noch frech. Was ihm überhaupt einfalle. Sie fahre schon seit 20 Jahren nach Kitzbühel. Ihre Familie wäre Stammkunde im besten Hotel am Platz. Und dann käme irgend so ein dahergelaufener Ötzi in Knickerbockern an und meine, ihr sagen zu müssen, was sie zu tun und zu lassen habe. Lächerlich. Max’ Einwand, dass sie nichts weiter als eine aufgeblasene, unhöfliche Krampfhenne sei, schien sie nicht weiter zu beeindrucken. Sie drängelte weiter. Bis er seinen Stock vor ihre Skispitzen in den Schnee steckte und sie damit zwang, stehen zu bleiben.
    Doch dann ging der Spaß erst richtig los. Ihr Mann, ein übergewichtiger Rotbart mit schwitzendem Gesicht, fing auch noch an, seine Klappe aufzureißen. Was die Leutchen sich hier alles für Unverschämtheiten herausnehmen würden, meckerte er. Schließlich würde jeder hier nur von dem Geld der Gäste leben, die jedes Jahr wieder aus dem Norden herkämen. Und so weiter. Hätte er gewusst, dass um ihn herum fast nur Einheimische standen, hätte er diesen Vorstoß vernünftigerweise sicher unterlassen. Stattdessen brachten ihm seine Bemerkungen ein Echo ein, wie er es bestimmt noch nie zu hören bekommen hatte. Halt doch dein Maul, Scheißpiefke!, wurde gerufen. Haut halt ab nach Kassel, wo ihr her seid, ihr Arschlöcher. Arrogante Schweine wie euch braucht hier keiner. Einige der Anwesenden waren offensichtlich regelrecht froh darüber, endlich einen handfesten Grund für ihren die ganze Saison über schwelenden Hass auf die fremden Geldsäcke gefunden zu haben. Sie machten sich gründlich Luft. Keiner wollte mehr in den Lift einsteigen. Max hatte die keifende Meute nach einer Weile kopfschüttelnd hinter sich gelassen und war an allen vorbei nach vorne gegangen, um in aller Ruhe, einsam und allein, nach oben zu gondeln. Das Skifahren ist auch nicht mehr das, was es früher einmal war, hatte er dabei gedacht. Zumindest, was die Leute betrifft.
    Er begann sich langsam Sorgen zu machen. Was ist nur mit Johanna? Herrschaftszeiten. Wir hatten doch zwölf Uhr gesagt. Wenn sie nicht bald kommt, lohnt sich der Ausflug nach Innsbruck nicht mehr. Er wählte ihre Nummer, doch es meldete sich nur die Mailbox. Merkwürdig. Ist sie vielleicht doch wegen irgendetwas beleidigt? Er wüsste zwar nicht, was das hätte sein können. Aber wer weiß? Wer kennt schon die Frauen? Da genügt ja oft nur ein einziges falsches Wort und bums, ist alles im Eimer. Und man selbst weiß gar nicht so genau, was man wieder falsch gemacht hat. Wenn sie um eins immer noch nicht da ist, fahre ich zu ihrem Hotel. Hoffentlich ist ihr nichts zugestoßen. Ein Unfall. Oder sie ist in Ohnmacht gefallen und liegt im Krankenhaus. Möglich ist alles in diesem chaotischen Urlaub.
    Eine halbe Stunde später stellte er seinen Wagen vor Herrn Hubers teurem Wellnesstempel ab, ließ den Motor laufen und ging hinein. Er lief zügig auf den Empfang zu, an dem er vor ein paar Tagen schon einmal gestanden hatte. Der Portier dahinter war heute allerdings ein anderer.
    »Guten Tag, mein Herr. Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte er sich mit geschultem Lächeln.
    »Sie können mir eine Auskunft geben«, kam Max ohne Umschweife zur Sache. »Heute Morgen gegen halb zehn habe ich eine Freundin hierher gefahren, damit sie ein Paar rote

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