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Alpengrollen: Kriminalroman

Alpengrollen: Kriminalroman

Titel: Alpengrollen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerwien
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die immer lauter wurde, je weiter sie voranschritt. Dann stand sie, direkt unter einer grellen Neonleuchte, vor einer grauen Metalltür. Sie klopfte an. »Hallo? Sind Sie da drinnen?«, fragte sie.
    »Ja, ich bin hier. Die haben mich eingesperrt. Bitte, helfen Sie mir!«
    Eingesperrt? War das eine Frau? Oder ein Mädchen? Es klang ganz danach. Max hatte doch immer von einem verschwundenen Mädchen gesprochen. »Aber natürlich helfe ich Ihnen. Ich hole jemanden, der einen Schlüssel hat.«
    Aber die ist doch inzwischen wohlauf, wie er sagte. Also ist das hier jemand anderes. Egal. Auf jeden Fall muss sie hier raus. Und zwar schnell. Bevor ihre Entführer zurückkommen.
    »Nein. Warten Sie. Gehen Sie bitte nicht weg. Wo bin ich überhaupt?«
    Wie lange mochte sie wohl schon hier eingesperrt sein? »Sie sind in einem sehr exklusiven Hotel in Kitzbühel. Im Keller.«
    »In Kitzbühel? Aber ich wohne hier in Kitzbühel. Bei meinen Eltern. Können Sie meine Eltern anrufen? Lohmeier heißen sie. Mein Vater ist sehr reich. Er hat eine Fabrik für Computerteile. Der gibt Ihnen sicher eine Belohnung, wenn Sie mich hier rausholen.«
    Also doch ein Mädchen. Und ihre Stimme hörte sich sehr verzweifelt und weinerlich an. »Ich brauche keine Belohnung, Schätzchen. Ich hole dich auch so raus!«, rief sie schnell. »Dazu muss ich aber kurz zum Portier und mir einen Schlüssel besorgen. Hältst du es so lange noch in deinem Gefängnis aus?« Sie war inzwischen ganz nah an die Tür herangegangen, um die Stimme auf der anderen Seite besser zu verstehen.
    »Ja, gut. Aber beeilen Sie sich. Bitte. Bevor diese Fremden wieder zurückkommen.«
    »Die Fremden? Wer sind die?«
    »Ja, sie sprechen eine Sprache, die ich nicht verstehe. Sie schreien mich die ganze Zeit an, wenn sie kommen. Und sie schlagen mich. Passen Sie bloß auf, dass Sie denen nicht in die Hände laufen. Das sind total böse Männer.«
    Der Schreck fuhr Johanna heiß durch alle Glieder. Jetzt aber nichts wie los, Hilfe holen. »Oh, mein Gott, Schätzchen. Versprochen, ich passe auf. Und ich bin gleich wieder zurück und hole dich ganz schnell heraus. Keine Angst. Ja?«
    »Gut. Bis gleich.«
    Johanna vernahm nur noch ein leises Schluchzen hinter der Tür. Was ist denn hier los, fragte sie sich. Ist sie entführt worden? Oder hatte jemand das Mädchen zur Strafe hier unten eingesperrt? Oder war es ein Dummer-Jungen-Streich? Auf jeden Fall muss ich schnell Hilfe holen. Am besten den Portier. Der hat bestimmt auch einen Schlüssel. Das Handy hat hier unten im Keller sowieso keinen Empfang. Außerdem muss die Kleine so schnell wie möglich befreit werden. Da kann ich nicht erst lange auf Max oder die Polizei warten. Sie lief, so schnell sie konnte, die langen Gänge entlang, dann die Treppe hinauf und zum Empfang hinüber.
    Und wenn die Kleine nun doch von Verbrechern entführt worden war? Die Polizistentochter in ihr kam zum Vorschein. Und angenommen, jemand hier im Hotel hatte damit zu tun? Dann dürfen die doch auf keinen Fall erfahren, dass ich sie entdeckt habe. Na gut, machen wir das eben anders.
    »Hallo, junger Mann!«, rief sie, schon von weitem winkend, während sie sich dem mit einem guten Pfund Gel glattgekämmten, vielbeschäftigten Hotelfachangestellten näherte. »Leider ist der Skiraum abgesperrt. Würden Sie mir den Schlüssel für die Kellertüren geben?«
    »Oh, das tut mir leid, Madame. Dass abgesperrt ist, wusste ich nicht. Natürlich gebe ich Ihnen den Schlüssel. Hier, bitte schön. Der passt übrigens bei allen Türen im Keller.« Sprach’s und hing mit einem Auge schon wieder an seinem Computer.
    »Wunderbar«, bedankte sie sich, nahm flink das kleine Ledermäppchen, das er auf den Tresen gelegt hatte, an sich und war schon wieder in Richtung Kellertreppe verschwunden. Wenn du wüsstest, wie sehr du mir gerade geholfen hast, Junge. Unten angekommen, orientierte sie sich kurz und kehrte eilig zu dem eingesperrten Mädchen zurück.
    »Hallo, Schätzchen. Ich bin’s. Ich bin wieder da. Hörst du mich?«, rief sie, als sie bei der grauen Metalltür ankam.
    »Ja«, kam es leise von innen.
    Sie steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete. Und verzog unwillkürlich angewidert das Gesicht. Eine beißende Wolke aus Urin und Kot schlug ihr entgegen. Mein Gott, wie das stinkt. Wie lange mag das Kind denn schon hier eingesperrt sein. Dann erblickte sie das Häufchen Elend. Und erschrak. Die blonde Kleine stand neben der Tür und zitterte am ganzen Körper.

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