Alpengrollen: Kriminalroman
zur Polizei.« Sie klang wie jemand, der zur Not ohne Weiteres die holländischen Truppen einschalten würde.
»So machen wir es, Ruth. Wenn wir morgen noch nichts wissen, gehst du in Holland zur Polizei und ich gebe hier eine Vermisstenmeldung auf. Obwohl ich mir durchaus vorstellen kann, dass Johanna wirklich manchmal Dinge tut, die man nicht von ihr erwartet. Nur so eine Vermutung von mir.« Max’ Ohr war kurz davor, an der Metallumrahmung seines Handys festzufrieren. Er hielt es weiter weg und nahm seinen Heimweg
wieder auf.
»Da könntest du sogar recht haben, Max. Ich melde mich morgen wieder. Tschüs.«
»Servus, Ruth. Wird schon schiefgehen.«
»Wie bitte?«
»Johanna taucht bestimmt wieder auf.«
»Ach so, ja. Gut. Bis dann.«
»Bis dann.«
Sie legten auf. Als er nach ein paar Minuten an der Après-Ski-Bar bei der Talstation vorbeikam, überfiel ihn auf einmal die Lust auf ein Bier. Trotz der belastenden Geschichte mit Johanna. Oder vielleicht auch gerade deswegen. Na dann. Warum denn nicht? Es ist schließlich dein Urlaub. Als er eintrat, winkte ihm Alois vom Tresen aus zu. Max ging direkt zu ihm hinüber. Der sitzt ja ganz gerade, bemerkte er, als er näher kam. Er wird doch nicht nüchtern sein. Was ist denn da passiert?
»Servus, Herr Polizeipräsident!« Der Tiroler Gendarm tippte mit seiner rechten Hand an das Schild seiner feschen Uniformmütze. Seinem Gesicht nach schien er sich momentan nicht besonders am Leben zu freuen.
»Exkommissar!«
»Exkommissar. Entschuldigung, Max! Ein Bier?«
»Ja, gerne. Was ist los, Alois? Wie geht es dir? Du schaust so nüchtern aus.« Max setzte sich, während Alois ein Bier bei Rudi orderte.
»Ärger mit zu Hause!«
»Wie das?«
»Meine Frau hat mir gedroht, mich rauszuwerfen, wenn ich weiter so viel saufe. Das passiert alle vier Wochen einmal. Dann reiße ich mich ein paar Tage lang zusammen. Und wenn sie dann nicht mehr so genau aufpasst, trinke ich wieder. Was soll ich tun? Ihr gehört das Haus. Sie hat es von ihren Eltern geerbt.«
»Verstehe!« Max musste grinsen. Ja, ja. Die lieben Sachzwänge im Beziehungsalltag. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass ich nach wie vor unabhängig bin.
»Und? Was gibt es Neues im Entführungsfall? Etwas von den Kollegen gehört?« Themenwechsel. Bevor die Stimmung hier gleich am Anfang auf dem Nullpunkt landete.
»Habe ich mit dir darüber gesprochen?« Alois errötete. Er stierte verlegen in den Tresen hinein.
»Ja. Aber ich weiß Bescheid. Absolute Geheimsache«, flüsterte Max ihm mit vorgehaltener Hand ins Ohr.
»Genau. Ich darf nämlich eigentlich mit niemandem darüber reden.« Alois atmete sichtlich erleichtert auf. Er sah Max dankbar an.
»Ist doch klar, Alois. Ich wollt ja auch bloß mal fragen. Einfach so. Rein privates Interesse sozusagen.«
Rudi brachte Max’ Bier und begrüßte ihn bei der Gelegenheit herzlich. Dann trabte er wieder zu seinen Zapfhähnen zurück.
»Also, es scheint jetzt so zu sein, dass zwei Fremde aus dem Ausland daran beteiligt sein sollen«, fuhr Alois mit ihrem spannenden Thema fort, sobald der Barmann außer Hörweite war. »Russen, so wie es aussieht. Jemand hat sie angeblich mit dem entführten Mädchen auf der Straße gesehen und reden gehört. Aber bisher ist das nur ein Verdacht. Nicht mehr.«
»Russen. So, so. Das klingt ja sehr interessant.«
»Ja, die Russen. Früher haben sie sich noch hinter dem eisernen Vorhang versteckt und jetzt überschwemmen sie die Welt mit ihrem schlechten Benehmen und ihrem Zaster. Zumindest ein Teil von ihnen.« Alois nahm einen großen Schluck von seinem Bier und hielt danach den Zeigefinger an seinen Mund, um zu zeigen, dass er nicht weiter über die Sache reden wollte.
»Ich habe hier diese Woche schon zweimal so ein paar ganz finstere Gestalten gesehen.« Für Max war das Thema noch nicht zu Ende. Er beugte sich ein Stück weit zu seinem neuen Freund hinüber. »Sie hatten eine riesige schwarze Limousine mit Chauffeur. Das waren ganz bestimmt Russen«, raunte er kaum hörbar verschwörerisch. »Und die hatten ganz sicher Dreck am Stecken. Und eine Frau hatten sie beim ersten Mal auch dabei. Sie sah wie die Tote aus der Zeitung aus, die man an der Streif gefunden hat. Nicht, dass ich was gegen Russen im Allgemeinen hätte. Aber diese Typen sahen auf alle Fälle wie Ganoven aus.«
»Das glaube ich dir gern, Max. Aber es wäre schon ein Riesenzufall, wenn genau die zwei, die du gesehen haben willst, das Mädchen
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