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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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das sagen der Albert und die Moni auch.«
    Jakob wurde wieder ernst: »Reg dich nicht auf.«
    »Bist du neidisch? Du bist neidisch.« Er hob die Tasse mit dem heißen Tee. Jakob konnte verhindern, dass sie auf ihn flog, indem er sagte: »Was ist das denn für ein Stück?«
    »Es geht um Aussteiger aus der rechten Szene.«
    »Darf ich dich interviewen?« Jakob nahm sein Diktiergerät vom Fenstersims. »Ich habe ein paar Fragen zu dem Projekt.«
    »Ich will erst ein paar Dinge wissen.«
    »Bitte«, lud Jakob ihn ein.
    »Was wollten die Bullen von mir? Warum suchen die mich?«
    Jakob biss sich auf seine Lippe. »Weißt du, wer Heinz Horst ist?«
    »Der Spinner, den sie zusammengetreten haben?«
    »Zusammengetreten ist gut gesagt – der Mann ist tot.«
    »Dann haben sie ihm wahrscheinlich die Endabreibung verpasst.«
    »Hast du eine Ahnung, wer das war?«
    »Ich habe eine Vermutung, aber ich weiß nichts.«
    »Genau die wollen die Bullen von dir hören.«
    »Wieso ausgerechnet von mir? Wie kommen die auf mich?«
    »Du kommst doch aus der Szene, du kennst dich aus.«
    »Hat es was mit meinem Vater zu tun?«
    »Sicher auch«, bemühte sich Jakob schnell zu sagen.
    »Kacke. Ich will nicht in die Zange genommen werden. Ich will nicht der sein, der seine Kameraden verpfeift. Kann ich ein paar Tage bei dir untertauchen? Solange bis die jemanden gefunden haben, auf dem sie rumtreten können. Ich habe keinen Bock mehr auf Bullen.«
    Jakob wich den Augen Olivers aus. Der versuchte nachzuschieben: »Ich will keinen Ärger machen, glaub mir, ich will da rauskommen. Deswegen spiele ich doch auch in dem Stück mit. Du kannst mir echt helfen. Du kannst einmal in deinem Leben echt was Gutes tun. Bitte.«
    »Warum fragst du nicht Albert Neun?«, probierte es Jakob zögerlich. »Oder bei Max Lugner? Der hat ein Haus mit vielen Zimmern und einen Hund, der auf dich aufpassen kann.«
    Jetzt hatte Oliver das Problem mit dem Blickkontakt, er hauchte, so dass man es kaum verstehen konnte: »Will da nicht hin. Bitte.«
    Und Jakob: »Verstehe.«
     
    »Ich habe kurz gedacht, das ist eine Chance, daran gewöhne ich mich. Irgendwann ist es mir egal, irgendwann sehe ich, wofür ich das mache. Bei mir geht das nicht, ich spüre es immer stärker und ich breche immer mehr.« Er weinte und wollte nicht, dass Jakob das mitbekam. Er ging aufs Klo, schneuzte in Klopapier. Zurück mit roten Augen brach es aus ihm heraus: »Ich war immer der Dumme, der, der nichts auf die Reihe bringt, der die Schule schmeißt, das Problem, bei dem die Lehrer nicht weiter wussten. Wurden Maßnahmen eingeleitet, war ich immer der Betroffene. Ich wollte nicht dabei sein, ich wollte auch nicht der Anführer sein, auch wenn die anderen mich toll fanden. Denen ging es auch nicht besser. Wenn wir in die Straßenbahn steigen, dann lässt uns keiner von den normalen Leuten auch nur eine Sekunde aus den Augen. Die haben Angst, die denken: Verschont mich, nehmt meinen Nachbarn. Und wenn dir diese Leute immer so begegnen mit einem ständigen Misstrauen, dann fängst du irgendwann an, dieses Leben zu leben. Dann sollen sie dich zurecht fürchten, diese Wichser. Ihr wollt mir keine Chance geben, also will ich auch keine mehr von euch.«
    »Wie kamst du überhaupt ins Theater? Diese erste Rolle?«
    »Die haben halt gefragt bei uns in der Schule, ich war gerade bei einem weiteren Anlauf, meinen Abschluss zu machen. Diesmal wollte ich es ernsthaft packen, raus aus der Schule und meine Ruhe haben. Obwohl ich wusste, dass dieser Abschluss nichts wert ist, dass ich dann erst mal 100 Bewerbungen schreiben muss, und dann 100 Absagen kassieren muss, um dann 100 mal die Message zu lesen: Du bist es uns nicht wert, du kannst nichts, du bist ein Problem, alle anderen sind besser, und auch an 98 von denen schreiben wir noch mal eine Absage. Dann kam die Maus rein in unser Klassenzimmer. Klar gab es erst mal ein Gegröle, aber ich schwöre, ich war es nicht, der erst mal vorschrie: Zieh dich aus, wenn du was willst – ich bekam den Verweis dafür. War klar.«
    »Moni?«
    »Irgendwie tat sie mir sogar leid, so allein vor uns Wilden. Ja, sie tat mir leid, deswegen hab ich mich auch als erster gemeldet und gesagt: Ich mach mit bei der Sache. Dann war Ruhe im Laden. Ich meine, das hat die anderen total beeindruckt, dass ich da mitmach, dann haben sie sich angeschaut und erst gar nichts gesagt und dann haben sich alle gemeldet, die waren ganz heiß auf einmal auf Theater. Ich wusste ja auch nicht, was

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