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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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gespart wird. Aber erzähl mal jemandem in der Kneipe, dass du für den Staatsanwalt die Leichen aufschneidest, dann meinen die, du bist der Held. Die schauen zu viel in den Fernseher. Ich selber mache die Kiste schon gar nicht mehr auf, wenn so eine Gerichtsmedizinerserie läuft, da wird mir schlecht, wenn ich das anschauen muss. Jetzt, was kann ich für Sie tun? Sie kommen wegen dem Koch, richtig?«
    »Der Kantinenchef, genau.«
    »Mei, was wollen Sie da wissen?«, der Arzt nippte an seinem Kaffee im Brotzeitraum, auf dem Tisch lagen blutige Einweghandschuhe. »Der ist schon gestern reingekommen. So etwas habe ich auch selten, man könnte fast meinen, den hat einer nicht leiden können. Wollen Sie mal einen Blick drauf werfen?« Er streifte sich neue Einweghandschuhe über. »Da schauen Sie. Sogar an den Handschuhen sollen wir sparen. Ich habe einen Bub, der studiert an der Universität. Neulich haben sie Prüfungen schreiben müssen, da hat er sich das Papier, auf das er schreiben wollte, selber mitnehmen müssen. Jetzt zahl ich schon Studiengebühren und dann sollen sie Papier mitbringen. Ein Skandal. Nicht mehr lange und dann haut es dieses Land zusammen: Geld hin, Arbeit hin, Leute kaputt. Ich habe ihm befohlen, die Lösungen mit Bleistift schon hinzuschreiben, bevor er aus dem Haus ist. Sonst lachen die einen doch aus. Ich selbst mache das hier noch drei Jahre, dann habt ihr mich gesehen, dann gehe ich in Rente. Es gibt nur noch Blöde mittlerweile. Seit sie wegen jedem Scheißdreck eine DNA-Probe und PCR und den Quatsch haben wollen, ist mir das eh zu blöd. Die Maschine soll die Assistentin bedienen. Wenn Sie mich fragen, kommt da eh nichts raus. Schaut, jetzt ziehe ich einen Gummihandschuh an, dann klebt da überall meine DNA dran. Ich sehe es kommen, in vier Jahren sitze ich an meinem Baggerweiher, hänge gerade gemütlich meine Rute rein, dann kommt ihr mit einem Einsatzkommando und nehmt mich fest für tausend Morde, die ich begangen haben soll. Bis ich da wieder raus bin, leck mich.«
    Sie standen im Kühlraum, der Mediziner zog eine Schublade mit Leiche heraus, am Zehen hing ein Schild mit Nummer, über dem Rest lag ein Tuch. Dort wo der Kopf sein musste, wölbte sich das Tuch eigenartig nach unten. Mit den Worten »Sagen Sie mal, Sie haben ja eine Fahne, dass es kracht. Bis zu mir rüber. War gut das Fest, ha?«, wurde Trimalchio an ihren gestrigen Ausflug erinnert.
    »Man tut, was man kann«, erwiderte er und versuchte zu lächeln.
    »Ich sag’s Ihnen. Manchmal komme ich zu Uhrzeiten hier raus… Wenn ich mir da noch einen kippen will, muss ich in Läden teilweise, da vergeht Ihnen Ihr Alkoholismus. Ich schreibe Ihnen nachher mal ein paar Adressen auf.«
    »Danke. Ich denke, ich weiß, wo ich mein Bier bekomme.«
    »Achtung.« Der Arzt legte die Leiche frei. Franzbein lag nackt vor ihnen. Von den Füßen bis zur Brust nichts Ungewöhnliches. Trimalchio konnte in aller Laienhaftigkeit schließen, dass er sein Essen gern gemocht hatte und dass sein Pimmel erstaunlich klein an dem herkulesischen Körper hing. Am Unterschenkel ein paar schlecht verheilte Narben. Könnte er sich mal beim Übersteigen eines Stacheldrahtzauns aufgerissen haben. Am Brustraum hatte er einige Löcher. Was vom Kopf übrig war, lag an seinem eigentlichen Platz, war aber kaum der Rede wert. Beim unwillkürlichen Aufstoßen schmeckte Trimalchio den Wodka-Orange vom Schützenfest nach und bisschen auch den Jack-Cola, den er Tanja in dem kurzen Glücksmoment, der ihnen gestern gegeben war, von der Zunge geleckt hatte.
    Er fasste sich schnell: »Das Graue da, das ist Hirn. Oder?«
    »Genau. Ich habe es ein bisschen zusammengeschoben, in dem Rest hat nicht genügend Intelligenz Platz, um sich nach dem Pinkeln allein die Hose hochzuziehen. Kann sein, dass die Jungs noch was aus dem Gebüsch fischen. Hier haben wir Schädelsplitter, die Mühe, die noch irgendwohin zu schieben, mache ich mir gar nicht. Das Weiße da, wo die Adern dranhängen ist ein Teil von der Lederhaut vom rechten Auge. Da hätte ich gedacht, dass es die komplett verreißt. Manchmal hat man auch Glück.«
    »Hochinteressant.«
    »Die haben ihm einen Sprengstoff in den Mund gesteckt, ich nehme an, es handelt sich um TATP, genau kann ich es noch nicht sagen, das Zeug ist schwer nachzuweisen, da es bei der Explosion in fast ausschließlich natürlich vorkommende Verbindungen aufgeht. Den Schädel hat es ihm sauber um die Schultern geblasen, den Hals hat es ihm

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