Alphabet der feinen Kueche
des Meisters verwenden, oder tut es auch preiswerteres Natrium-Alginat, wie ich es in jeder Apotheke bestellen kann? Wir haben beide probiert und konnten keinerlei Unterschied im Kaviar schmecken. Zweitens: Die Pülverchen der Molekularküche werden sehr genau dosiert. Was tun, wenn keine Drogenwaage zur Hand ist? Suchen Sie sich einen sehr kleinen Messlöffel und wiegen Sie auf einer gewöhnlichen digitalen Küchenwaage 50 mit einem Messerrücken exakt gestrichene Löffel Alginat ab. Teilen Sie das Ergebnis durch 50 und Ihr Löffel ist ziemlich gut geeicht. Teilmengen bilden Sie mit Hilfe von Rasierklinge und Augenmaß auf einer Glasplatte. Übrigens: Sobald der Geliervorgang beginnt, ist er nicht mehr zu stoppen. Servieren Sie Ihren Kaviar innerhalb von 20 Minuten.
Melonenkaviar mit Speckstreifen
• Molekulare Mini-Vorspeise für 4-6 Personen
800 g Cantaloup-Melone oder eine andere
süß-aromatische Melonensorte, 2 g Natrium-Alginat,
5 g Kalziumchlorid, 12 Streifen dünn geschnittener
Bauchspeck (Frühstücksspeck), 1/2 TL Kreuzkümmel,
außerdem: eine Einwegspritze mit einer großen Öffnung
und ca. 60 ml Fassungsvermögen
Die Melone schälen und entkernen, das Fruchtfleisch im Mixer pürieren, dann durch ein Passiertuch in eine Schüssel abtropfen lassen. Zum Schluss das Tuch zusammendrehen und auspressen. 250 ml Saft abmessen, ein Drittel davon mit 2 g Alginat mixen. Restlichen Melonensaft zugeben und kalt stellen.
5 g Kalziumchlorid in 1 l Wasser lösen. Die Einwegspritze mit Melonensaft füllen, Tropfen für Tropfen ins Wasser geben, 1 Minute ziehen lassen. Melonenkaviar mit einem Sieblöffel aus dem Wasser heben, gründlich kalt abspülen.
Den Speck in einer beschichteten Pfanne knusprig braten und auf Küchenpapier abtropfen. Den Kreuzkümmel mit einem großen Messer grob hacken oder im Mörser zerkleinern. Je 1 TL Kaviar auf einen gebratenen Speckstreifen geben und mit einer Prise geschrotetem Kreuzkümmel gewürzt servieren.
Spangenbergs Weinempfehlung
2004 Altenberg Alte Reben Riesling (trocken), Van Volxem, Saar
»Dieser Riesling ist das Resultat von hoher Reife, geduldiger Weinbereitung, sehr alten Rebstöcken und der Idee, den Weinberg in der Flasche einzufangen. Die leichte Restsüße und die hohe Komplexität, die sich sowohl in Dichte als auch in Feinheit ausdrückt, fängt das Gericht in all seinen Nuancen auf.«
Reihenfolge
Sie haben sicher bemerkt, dass Alginat in diesem Buch eigentlich an erster Stelle stehen müsste. Ich habe Altbier vorgezogen, weil mir die spanische E-Nummern-Küche zu spröde ist. Zu spröde für den Einstieg in ein Buch, mit dem ich ihre sinnliche Wahrnehmung von Düften, Geschmäckern und Konsistenzen steigern will. Duft, Geschmack und Konsistenz des Melonenkaviars sind allerdings gar nicht spröde, sondern vortrefflich. Der im Text beschriebene Gegensatz zwischen industrieller Vorgehensweise und künstlerischem Ergebnis lässt sich nicht so einfach lösen.
A lte Reben
Als mir der Weinkellner auch beim dritten Besuch im Münchner Restaurant »Le Barestovino« zu unterschiedlichen Menüs immer wieder den gleichen Mosel-Riesling empfahl, fragte ich mich: Was meint der Mann mit alten Reben? Ein Gespräch mit Teja Heise, Weinhändler auf www.alte-rebe.de , liefert erste Hinweise: Weinstöcke können Jahrhunderte leben, ab 40 Jahren nennen wir sie alt. Der Ertrag von Rebstöcken und die Größe ihrer Trauben nehmen mit dem Alter ab. Dafür können Geschmack und Gesundheit der Früchte außergewöhnlich gut sein. Die alten Pflanzen haben tiefes, weit verzweigtes Wurzelwerk. Mit dem transportieren sie auch bei großer Hitze noch genügend Wasser und reichlich Mineralstoffe, also Aroma, in die wenigen Trauben. Bei starken Regenfällen werden die kleinen Trauben prall, platzen aber nicht auf. Sobald es aufhört zu regnen, schrumpfen die Trauben wieder ein - alte Reben bleiben bei Wetterschwankungen cool.
Ihre Trauben eignen sich besonders gut für die spontane Gärung: Dafür wird das Lesegut gequetscht und ohne Zugabe von Reinzuchthefen vergoren. So vermehren sich nur natürliche Weinbergshefen aus den Traubenschalen und der Weinkellerflora. Damit aber die richtigen Hefen die Oberhand behalten, müssen das Lesegut sehr gesund und der Lesezeitpunkt ideal sein, ein zu hoher oder zu niedriger Säuregehalt fördert Fehlgärungen. Weil die Mikroflora in jedem Weinberg und in jedem Keller unterschiedlich ist, betont Spontanvergärung die Eigenschaften des Terroirs im
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