Alphacode Höhenflug
verließen wir die Baracke. Draußen verabschiedete sich Ho-Feng und überließ uns einem großen, schwerfällig wirkenden Mann, der den Eindruck erweckte, als könnte ihn nichts aus dem Gleichgewicht bringen.
Amonskij händigte mir die Akte mit den persönlichen Daten des Supermutanten aus.
»Solange Sie im Gebiet des GAS operieren, werde ich Sie begleiten«, informierte er uns.
Nach diesen Worten stand es für den Kleinen und mich fest, den Aufpasser spätestens in Peking abzuschütteln.
Wie wir bereits erfahren hatten, war Gorong nach Peking geflogen und dort untergetaucht. Es war müßig, darüber nachzudenken, ob der Mutant sich noch in dieser Stadt aufhielt. Er würde seine unheilvolle Tätigkeit auf diese oder jene Weise wieder aufnehmen und eine Spur hinterlassen.
Sicher wußte er inzwischen, daß wir seine Verfolgung übernommen hatten. Wenn er nur halb so gefährlich war, wie wir vermuteten, konnte ihm das nicht verborgen geblieben sein.
›Thor!‹ Kinys Impulse erreichten mich. ›Was habt ihr gefunden?‹
Ich spürte die unterschwellige Befürchtung in ihren Gedanken und schirmte mich gegen sie ab.
›Nichts, Mädchen!‹ beruhigte ich sie.
›Ich glaub dir kein Wort‹, entgegnete sie auf telepathischer Ebene.
Ob ich es wollte oder nicht – ich konnte nicht verhindern, daß das Bild des toten Jalphar Tarring in meinen Gedanken entstand. Kiny Edwards floh aus meinem Bewußtsein. Das geschah zum erstenmal, seit wir uns kannten. Sie konnte meine Erinnerung nicht ertragen.
4.
Vierzig Millionen Menschen können sich tief unter die Erdoberfläche wühlen und Tausende von gewaltigen Hochhäusern errichten; ihre Stadt wird trotz allem eine derartige Ausdehnung aufweisen, daß sie aus der Sichtluke einer Raketenjet wie eine Riesengeschwulst auf der Erdkruste aussieht.
Der Vergleich traf auch auf Peking zu. Ich erschauerte unwillkürlich bei dem Gedanken, daß wir in diesem modernen Dschungel einen einzelnen Mann suchen sollten.
Amonskij beugte sich im hinteren Sitz nach vorn. Sein Atem streifte mein Gesicht.
»Wir landen auf dem Militärflughafen«, kündigte er an. »Von dort aus werden Sie direkt in Ihr Hotel gebracht. Natürlich können Sie noch umdisponieren und in einem Militärstützpunkt wohnen. Sie brauchen nicht als Privatpersonen aufzutreten.«
»Es bleibt bei unserem Entschluß«, erwiderte ich. »Wir müssen uns Blößen geben, damit Gorong uns angreift, wenn er eine Chance dazu sieht.«
»Ich weiß nicht«, reagierte Amonskij ablehnend. »Ich persönlich halte nicht viel davon, daß Sie sich präsentieren wie Köder für einen Fisch.«
Die Jet tauchte ihre schlanke Nase in den Dunst über der Stadt und sank tiefer. Ich blickte durch die Luke. Das Netz der Hochbahnen war deutlich zu erkennen, dazwischen glitzerten die ersten Träger der Energiebahn, mit deren Bau man gerade begonnen hatte.
Hannibal, der neben mir saß, zog seinen Metallfrosch aus der Tasche.
»Wir sind gleich da, Orpheus«, sagte er.
»Warum machen Sie das?« fragte Amonskij irritiert. »Man kann doch nicht zu einem Metallbrocken sprechen wie zu einem Wesen aus Fleisch und Blut.«
Der Kleine ließ Orpheus knarren.
»Huh!« meinte Amonskij. »Solche Spielereien sollten Sie nicht mit sich führen. Jemand könnte auf den Gedanken kommen, es handele sich um eine Bombe.«
Orpheus knarrte erneut.
Amonskij lächelte gequält.
»Wie lange kennen Sie Gorong schon?« erkundigte ich mich, um ihn abzulenken.
»Sechs Jahre!«
»Eine lange Zeit«, überlegte ich. »Sie waren vermutlich einer seiner Lehrer?«
»Richtig!«
»Was hielten Sie von ihm? Ich meine nicht in bezug auf seine Leistungen als Schüler, sondern wie er
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