Alphacode Höhenflug
sich menschlich verhielt.«
»Er war eiskalt«, erwiderte Amonskij. »Ich habe mich häufig über ihn geärgert.«
Er ließ sich so heftig zurückfallen, daß sein Sitz quietschte. Es klickte, als sich die Gurte um seinen massigen Körper schlossen. Auch Utan und ich wurden jetzt zur Landung angeschnallt.
»Es bereitete ihm Spaß, andere zu ärgern«, fuhr Amonskij fort. »Alle anderen, die von den Mönchen kamen, waren in irgendeiner Weise verinnerlicht. Bei Gorong traf das nicht zu. Er nahm sich selten Zeit für Meditationen. Im Grunde genommen war es erstaunlich, daß er über ein so großes Talent verfügte. Ich hätte niemals geglaubt, daß ihm der Höhenflug gelingen könnte.«
Mit »Höhenflug« wurde im Sprachgebrauch der IAK die gelungene Ausbildung eines Mannes zum Mutanten bezeichnet.
»Die Mönche waren froh, als er ihre Gemeinschaft verließ. Einer von ihnen hat Ho-Feng gewarnt und geraten, Gorong nicht ins Schulungszentrum von Taschi Gomba aufzunehmen. Aber Sie wissen ja, wie Ho-Feng ist. Ihm geht es allein um den Erfolg.«
»Den hat er jetzt!« warf Hannibal spöttisch ein.
Die Raketenjet wackelte leicht, bevor sie auf der Landebahn aufsetzte. Der Bremsvorgang war kurz aber heftig. Amonskij löste seine Gurte und erwähnte beiläufig:
»Ich weiß, daß Sie einige Dinge ohne mich erledigen wollen.«
»Aha!« Mehr sagte ich nicht zu seiner Feststellung.
»Ich tue nur meine Pflicht«, fügte Amonskij hinzu. »Ich will nicht, daß Sie mir dabei Schwierigkeiten bereiten.«
Ich sah ihn nachdenklich an. Er war der Typ eines hartnäckigen Arbeiters. Es war erstaunlich, daß ein Mann wie er in die Führungsspitze des GAS-Geheimdienstes aufrücken konnte. Zweifellos würde er deshalb besonders verbissen versuchen, sich auf jeden Fall dort zu halten.
Amonskij schob sich aus seiner Sitzreihe. Aus einem mir unbekannten Grund war er verlegen.
»Sie werden also vernünftig sein!« sagte er.
Utan konnte es nicht unterlassen, Orpheus abermals knarren zu lassen.
Amonskij versuchte seine Uniformjacke über der Brust zu schließen, aber es gelang nicht.
Wir begaben uns in den Passagiercontainer und wurden in einen Tunnel geschoben. Der Container trug uns bis zur Haupthalle des Flugplatzes. Dort konnten wir ihn verlassen. Die große Halle war menschenleer. Es gab tausend Anzeichen, daß dies sonst nicht der Fall war.
»Man hat Ihretwegen alles geräumt«, erklärte Amonskij stolz.
Ich hörte ihm kaum zu.
Wohin, fragte ich mich, wandte sich ein Mann, wenn er in Peking ankam und ein Ungeheuer wie Gorong war?
*
Im CHING-MAY nannte sich Utan Pratt und ich Kramer. Zusammen mit Amonskij, der seinen Namen nicht gewechselt hatte, bewohnten wir die gesamte Zimmerflucht im siebzehnten Stockwerk. Innerhalb weniger Augenblicke hatten wir festgestellt, daß die Räume vom GAS-Geheimdienst mit allen nur denkbaren technischen Raffinessen ausgestattet worden waren. Da es nicht mehr zu ändern war, erhob ich keinen Protest.
Amonskij bestellte chinesische Spezialitäten auf die Zimmer und versuchte alles, um sich bei dem Kleinen und mir beliebt zu machen.
»Sie können sich nützlich machen«, sagte ich. »Wir brauchen alle Polizei- und Wirtschaftsberichte sowie Aufstellungen über ungewöhnliche Ereignisse in dieser Stadt. Damit wir einen Überblick behalten, werden wir stündlich alles zusammen durchgehen.«
Amonskij lächelte.
»Wissen Sie, was in einer solchen Stadt stündlich geschieht?«
»Ja«, entgegnete ich. »Deshalb gehen alle Berichte gleichzeitig über Ihre Zentrale in unser Hauptquartier und werden dort von einem Komputer ausgewertet – für den Fall, daß wir etwas übersehen sollten.«
»Das ist ja
Weitere Kostenlose Bücher