Alphavampir
scheiterten, denn seine Beine zitterten wie Espenlaub, so dass Nanouk sich bereit machte, ihn aufzufangen, sollten sie einknicken. Er hielt sich an der Anrichte fest und quälte sich ein Lächeln hervor, das Nanouk innerlich zerriss. In seinem Zustand würde er nicht einmal mehr die Wandlung in seinen MacKenzie-Wolf überleben.
Nicht nur der Mann war am Ende, sondern auch sein Tier.
Nanouks Magen krampfte sich zusammen. Damit ihre Trauer nicht die Oberhand gewann, forderte sie Camille auf: «Sie haben uns gerufen. Was haben die Tests gebracht?»
«Ich habe Tag und Nacht im Labor verbracht, um zahlreiche Experimente durchzuführen. Zuerst sah es gar nicht gut aus, aber dann haben Sie mir dieses andere Blut gebracht und es hat funktioniert.» Camille öffnete ihre Handfläche und präsentierte lächelnd eine Ampulle. «Ich habe dieses Serum den erkrankten Wölfen in unserem Zoo injiziert. Sie sind alle gesund geworden.»
Hoffnung keimte in Nanouk auf. Für sich, aber vor allen Dingen für Lupus. Ihr Herz pochte so aufgeregt, dass ihr Brustkorb wehtat.
«Sie können es den Canidae in dem Animal Shelter spritzen. Ich habe genügend Serum hergestellt. Sie sind doch der Eigentümer, oder?» Camille reicht Claw die Ampulle.
Sein Blick flackerte kein einziges Mal, als er log: «Ich führe es, genau. Ich würde alles dafür tun, um das Leben meiner Canidae zu retten. Sie stehen unter meinem Schutz. Vielen Dank, Miss...»
«Camille», beeilte sich Nanouk zu sagen, damit der Alphawolf nicht erfuhr, dass die Kuratorin Theos Nichte war. Sein Zorn wäre Gift für Lupus gewesen. «Bleiben wir doch bei den Vornamen, nach allem, was wir gemeinsam durchgestanden haben.»
Claw nahm die Ampulle an sich und steckte sie in seine Brusttasche. «Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Camille. Sie haben keine Ahnung, was das für mich bedeutet. Könnten Sie mir wohl noch etwas mehr überlassen? Meine Frau könnte das Gegenmittel Wild Protection geben. Das macht Sie dann wohl zur Retterin von Anchorage.»
Eine zarte Röte färbte Camilles Wangen ein. «Gern. Schicken Sie den Jungen morgen im Zoo vorbei. Woher stammte eigentlich das letzte Blut? Es war irgendwie eigenartig, als würden die einzelnen Moleküle vibrieren.»
«Du warst bestimmt nur überarbeitet.» Ein Beben ging durch Lupus’ Körper. Er schlurfte auf einen Gehstock gestützt im Schneckentempo zum Sessel, wobei er seine Füße kaum vom Boden hob, und ließ sich hineinfallen. «Könntest du bitte in die Küche gehen und Elise davon abhalten, Häppchen für eine ganze Eishockeymannschaft zu machen? Danke.»
«Wird schwierig, aber ich werde es versuchen», sagte Camille und verließ das Wohnzimmer.
Lupus holte ein kariertes Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. «Ich war nie ein Mann großer Worte, deshalb bringe ich es gleich auf den Punkt. Das Serum hilft mir nicht.»
«Woher willst du das wissen?», fragte Nanouk entrüstet, denn sie wollte nicht wahrhaben, dass er sterben würde. Das durfte nicht passieren! Wie sollte sie das überleben? Es war egoistisch, so zu denken, aber sie konnte sich das Rudel ohne Lupus nicht vorstellen. Sie hockte sich neben den Sessel, um auf Augenhöhe mit ihm zu sein.
Liebevoll strich Lupus über ihre Wange. Die Altersflecken auf seinem Handrücken sahen inzwischen aus wie Fibrome. «Ich habe es mir bereits heute Morgen gespritzt. Es hat nicht mehr geholfen, als dass ich aus dem Bett aufstehen konnte. Jetzt, drei Stunden später, geht es mir schon wieder schlechter. Ich möchte mich hinlegen und sehr viel schlafen.»
Und für immer einzuschlafen. Hatte er sich mit dem Gedanken zu sterben bereits abgefunden? Nanouks Augen wurden feucht. Das besondere Band zwischen ihnen, das entstanden war, als sie ihn gebissen und zum Werwolf gemacht hatte, würde zerstört werden. Es würde eine schmerzhafte Leere in ihrem Inneren zurückbleiben. Ohne ihn war sie unvollkommen. Seit dem Biss gehörte er zu ihr. «Kämpfe, verdammt noch mal!»
«Mach es ihm nicht schwerer, als es ohnehin schon ist.» Claw berührte ihre Schulter.
Widerspenstig schüttelte Nanouk seine Hand ab. Sie sah ja selbst, dass es keine Hoffnung mehr für Lupus gab. Sein Leben hing an einem seidenen Faden. Das Gegenmittel kam zu spät für ihn. Die Skua hatten ihn auf dem Gewissen.
«Das Virus zusammen mit dem Krebs ist eine tödliche Mischung, das muss ich akzeptieren.» Mit dem Taschentuch tupfte Lupus die Feuchtigkeit von seinen
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