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Alphawolf

Titel: Alphawolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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ausgestorben.
    Plötzlich sagte Claw: «Ich werde Dante alleine gegenübertreten, das ist unsere einzige Möglichkeit.»
    Alle Werwölfe schnellten zu ihm herum. Diejenigen, die noch in Menschengestalt waren, rissen ungläubig ihre Augen auf und starrten ihn mit offenem Mund an, und die, die bereits Wölfe waren, winselten leise. Sie konnten nicht glauben, dass er das gesagt hatte.
    Lupus fand seine Stimme als Erster wieder. «Du hast keine Chance gegen ihn.»
    «Das ist ein Todeskommando», warf Tala ein, aber niemand beachtete sie. Das war eine Angelegenheit des Rudels und sie gehörte nicht dazu.
    Gedankenversunken spähte Claw zu dem Gebäude herüber. «Doch, wenn ich so werde wie er.»
    «Wie bitte?» Niemand wagte etwas gegen Claw zu sagen, außer Lupus.
    «Eine Bestie kann nur von einer Bestie erlegt werden.» Claw nahm den Fuß vom Baumstamm und baute sich vor den anderen auf. «Ich muss den Wolf aus mir herauskitzeln, aber nur so weit, dass er auf halbem Weg stecken bleibt.»
    Der alte Mann gestikulierte heftig. «Herrgott, Claw, das wird nicht funktionieren.» Dann lüftete er seine petroleumblaue Mütze und raufte sich die grauen Haare.
    In diesem Moment sah er krank aus, sterbenskrank. Bis auf die dunklen Augenringe war sein Gesicht so kreidebleich, dass seine Altersflecken wie erste Anzeichen von Lepra wirkten. Tala stand kurz davor, zu ihm zu gehen und ihn zu stützen, aber sie blieb, wo sie war, um ihn nicht vor den anderen schwach aussehen zu lassen.
    «Es hat bei Dante funktioniert, es wird bei mir funktionieren.» Claw blieb unnachgiebig. Er hatte sich entscheiden.
    Mehrmals klopfte sich Lupus mit der Faust gegen die Brust. «Will der Wolf erst einmal nach draußen, lässt er sich kaum zähmen.»
    «Es wird schmerzhaft werden, aber ich kann es schaffen.» Der Alphawolf wandte sich an Canis. «Welche Zeremonie könnte mich dabei unterstützen?»
    «Das kann nicht dein Ernst sein», wagte der Indianer zaghaft zu protestieren.
    «Welche?», blaffte Claw ihn an.
    Canis schüttelte den Kopf. Er starrte seinen Leitwolf an, als würde er ihn für verrückt halten und darüber nachdenken, ihn zu stürzen, nicht um seinen Rang zu übernehmen, sondern um ihn zu schützen. Dann überlegte er.
    Claw knurrte bedrohlich.
    «Die Schwitzhütte. In den vier Runden, die man durchläuft, könntest du versuchen, deinen Timberwolf Stück für Stück herauszulocken», begann Canis zögerlich. «Die Indianer glauben, dass die Wirklichkeit nur eine Begleiterscheinung des Traums ist. Wenn sie etwas Wichtiges vorhaben und sich vollkommen auf ihre Aufgabe konzentrieren, träumen sie davon. Durch die Hitze in den Schwitzhütten wirst du Visionen haben, sie sind einem Traum ähnlich. Dadurch könntest du Dantes Zustand bewusst hervorrufen.»
    «Du wirst nicht mehr zurückkönnen und den Verstand verlieren.» Nanouks Miene war finster, aber ihre Augen waren feucht.
    Lupus deutete mit einem Nicken auf Tala. «Nicht, wenn sie mit ihm geht.»
    Alle schauten sie an. Skeptisch. Zweifelnd. Tala spürte, dass die Werwölfe nicht einmal wollten, dass sie anwesend war. Wie sollte sie helfen können? Sie war nur ein Mensch, nichts weiter.
    «Niemals», protestierte Claw und winkte ab.
    Beinahe flehentlich legte der alte Mann seine Handflächen aneinander. «Du brauchst eine Art Anker, etwas, dass dich daran erinnert, ein Mensch mit gesundem Verstand und Moral zu sein. Aber dieser Anker kann nicht jeder sein.»
    «Wieso sie?» Nanouk betrachtete Tala von oben bis unten.
    Claw zischte: «Kommt nicht in Frage.»
    Unbeirrt fuhr Lupus fort: «Weil es starke Gefühle benötigt. Tala ist deine einzige Hoffnung. Du bedeutest ihr viel und bist deinerseits ebenfalls ver–»
    «Sag nichts, was du bereuen würdest», fiel der Alpha ihm ins Wort und schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Er war auf dem Sprung. Noch ein falsches Wort und er würde Lupus angreifen.
    Die Gefühle des Leittiers diskutierte man nicht mit dem Rudel, egal, wie prekär die Situation war, das war auch Tala klar. Sie wurde von einer großen Nervosität erfasst, aber ihr Herz freute sich über die Röte, die Claws Wangen überzog.
    Lupus wich zurück. «Für sie wirst du stark sein und deinem Timberwolf nicht nachgeben, und sie wird dir immer wieder ins Gedächtnis rufen, wer du bist.»
    «Das ist völliger Unsinn», wetterte Claw wenig überzeugend. Er wusste, dass Lupus’ Erklärung logisch klang. Doch er wollte es nicht wahrhaben. «Das ist mein Kampf. Sie ist weder

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