Alptraum in Pink
Er machte zu viel Lärm, als er zu Boden ging. Ich zog ihn ins Zimmer, ließ die Tür ein paar Zentimeter offen stehen und schob den Keil darunter. Ich schleppte ihn neben das Bett. Ich wollte ihm eine Injektion verpassen, aber als ich ihn berührte, stieß er einen lang gezogenen Seufzer aus und war tot. Mühsam zerrte ich ihm die Kleider vom Leib und zog sie an. Die Ärmel und die Hosenbeine waren zu kurz. Die Schuhe machten mir Sorgen. Ich brauchte ja Schuhe, doch die hier passten mit gerade so. Ich legte ihn aufs Bett und deckte ihn zu. Dann klopfte ich seine Taschen ab und fand eine Brieftasche. Ich ging damit ans Licht. Er hieß Donald Swane. Er hatte drei Schlüssel, von denen einer mit einem der Schlüssel der Schwester identisch war. Der arme, tote Hundesohn tat mir Leid. Er konnte ja nicht wissen, dass einige der Patienten gar nicht hierher gehörten. Welche waren es wohl?
Er hatte elf Dollar bei sich, ein halbes Päckchen Camel, ein Feuerzeug, drei Schlüssel, eine halbe Rolle Pfefferminzbonbons, aber keine Waffe. Es war lange her, seit ich versucht hatte, mir den Grundriss des Gebäudes einzuprägen. Viel war davon nicht haften geblieben.
Ich wollte das Zimmer nicht verlassen. Es machte so einen sicheren Eindruck. Ich wusste nicht, was mich da draußen erwartete. Seine Schuhe hatten leise Gummisohlen. Die Spritze und die Ampulle hatte ich in die Tasche des weißen Kittels gesteckt. Ich öffnete die Tür und sah den Korridor hinauf und hinunter. Leer. Zu meiner Linken brannte eine rote Birne über einer Tür. Ich erinnerte mich, dass sich dort die Treppen befanden. Ich ging schnell hinaus und ließ die Tür hinter mir zufallen. Ich ging durch die Treppenhaustür. Seine Armbanduhr hatte ich ihm gelassen. Es war kurz nach vier Uhr morgens. Ich wollte gerade die Treppe hinuntergehen, da ging eine Treppe tiefer eine Tür auf und jemand kam mir entgegen. Ich wich nach oben aus. Es war nur noch eine Treppe. Ich wartete, bis ich mir sicher war, dass er ebenfalls ganz nach oben kommen würde, dann trat ich in den Korridor, der ganz ähnlich war wie der auf meinem Stockwerk. Ich machte eine Tür auf. Es war ein Labor. Ein blaues Nachtlicht schien auf Röhrchen und Retorten, verzinkte Laborbänke und Flaschenständer. Ich vergewisserte mich, dass sich die Tür von innen öffnen ließ, dann ließ ich sie zufallen. Ich kauerte hinter der Tür und lauschte angestrengt, ob ich etwas im Korridor hören konnte. Die Tür war zu dick. Ich wartete mindestens fünf Minuten. Dann schaute ich mich im Labor um. Die Stahlfenster waren fest ins Mauerwerk verankert und ließen sich nicht weit genug öffnen, um ins Freie zu gelangen. Ich befand mich im dritten Stock. Einen Sprung aus dieser Höhe hätte ich durchaus wagen können.
Ich brauchte eine Waffe. Ich durchsuchte das kleine Labor und fand ein kurzes Bleirohr, das ich in ein Handtuch wickelte. Ich schaute in einen großen Kühlschrank, der voller kleiner Ampullen mit farbloser Flüssigkeit war. Sie waren nacheinander als Reihe D gekennzeichnet, von D-l bis D-17. Auf vielen standen zusätzliche Nummern in Klammern darunter. Ich nahm drei Ampullen D-15 sowie einige mit anderen Nummern. Sie waren sehr klein. Die Ampullen könnten mir als Beweis für die Vorgänge hier dienen, falls es sich um die Präparate von Daska handelte und falls ich fliehen konnte. Irgendwie sahen für mich auch die Ärzte, denen ich noch nicht begegnet war, genau wie Varn aus, allesamt gut aussehende, kleine Glatzköpfe.
Mit einem Totschläger in der Hand fühlte ich mich sicherer. Jeden Augenblick rechnete ich damit, dass Alarmglocken losschlagen würden. Sie mussten doch irgendeine Alarmanlage für den Fall haben, dass ein Patient ausbrach. Vielleicht eine Sirene. Der Korridor war leer. Ich rannte zum Treppenhaus und hastete die Stufen hinunter bis zum Erdgeschoss. Dort war der Korridor viel breiter. Ich erinnerte mich daran, dass man mich vor Lebzeiten einmal dort hinuntergebracht hatte, um mit Baynard Mulligan zu reden. Der Korridor schien auch länger zu sein als die in den oberen Stockwerken. In einiger Entfernung sah ich zwei Schwestern, die sich unterhielten. Wenn ich ihre Gesichter nicht sehen konnte, konnten sie meines auch nicht erkennen. In dieser Richtung musste sich ein Ausgang befinden, vielleicht auf halbem Wege zwischen mir und den Schwestern. Ich ging auf sie zu und versuchte, gelassen zu wirken. Plötzlich tauchte zehn Meter vor mir ein Mann aus einem Durchgang auf und kam mir
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