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Alptraum-Sommer

Alptraum-Sommer

Titel: Alptraum-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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in denen er sich vorkam wie auf einem Boot sitzend. Es trieb ihn weg in die fernen Welten, hinein in die Schlösser des Himmels, die in einer wunderbaren Pracht erstrahlten und oft aus purem Gold bestanden.
    Dort warteten die Könige, Königinnen und auch die Prinzessinnen, von denen Kelly immer so schwärmte. Man hatte ihm gesagt, daß er ›seine‹
    Prinzessin finden würde. Er mußte sie nur suchen, denn sie verbarg sich in diesem geheimnisvollen Zauberwald, wo er seiner Phantasie freien Lauf lassen konnte.
    Eine Wunderwelt…
    Er atmete tief ein.
    Dann hörte er das Rascheln. Nicht er hatte es verursacht, aber es war ganz in seiner Nähe aufgeklungen, direkt am Ufer des kleinen Teiches.
    Der Junge schaute nach rechts, wo grüne Wasserpflanzen farbige Blüten umschlossen wie Arme. Er sah die Glotzaugen eines Frosches wie zwei Kreise durch eine Lücke schauen, dann zog sich das Tier wieder zurück und war nicht mehr zu sehen.
    Das Geräusch blieb.
    Es näherte sich ihm. Kelly schaute auf die langen Halme. Durch ihre Bewegungen zeichneten sie den Weg des Abkömmlings nach, der schon zum Greifen nahe war, aber noch gedeckt wurde.
    Kelly atmete schneller.
    Er wartete, bis er eine feine Stimme vernahm. »Willst du mich nicht begrüßen, Kelly?«
    Die Stimme war so wunderbar weich. Sie konnte zu keinem Menschen gehören, nein, das war nicht möglich. Es war eine Fee, eine Elfe, ein geheimnisvolles Waldwesen, das nur hier lebte und seine Heimat niemals verließ. Die Stimme hatte wie das Bimmeln leiser Glocken geklungen. Ein Lächeln legte sich auf Kellys Lippen, als er sich bückte und dabei einen Arm ausstreckte, weil er das Wesen zu sich hinlocken wollte.
    »Komm doch… bitte… komm doch…«
    »Siehst du mich denn nicht?«
    »Nein…«
    »Schau genau nach. Du mußt nur das Gras zur Seite biegen, dann kannst du mich sehen.«
    Er nickte. Wenig später streichelten die Halme seine Haut an den Händen. Kelly ging sehr vorsichtig zu Werke, er wollte auf keinen Fall etwas zerstören. Vor lauter Freude zitterten seine Hände. Die Zunge zog die Lippen nach, seine Augen brannten, er spürte einen Kloß im Hals, und dann hatte er es geschafft.
    Er sah den Sprecher!
    »Du?« hauchte er.
    Das Wurzelmännchen nickte. »Ja, ich bin es, mein kleiner König. Ich habe dich erwartet, wir haben dich erwartet. Wir wußten, daß du kommen würdest.«
    »Du bist nicht allein, mein Freund?«
    »Wir sind viele, das weißt du doch.«
    Kelly saß jetzt in der Hocke und wischte über seine Stirn. »Ja, das weiß ich. Aber ich hatte es nur vergessen. Es tut mir leid.«
    »Nicht schlimm.« Die kleine Alraune lächelte.
    Kelly schaute genau hin. Das Gesicht sah sehr alt aus. Es war in das Wurzelwerk hineingeschnitzt worden. Es hatte einen Mund, Augen und auch eine Nase. Der Mund bestand aus sehr breiten und schmalen Lippen, die sich wie eine Klappe öffneten, wenn das Wesen sprach.
    Dabei funkelten dann auch seine Augen, und es fragte: »Weißt du eigentlich, daß ich deinem Großvater sehr dankbar bin?«
    »Ja, das glaube ich dir.«
    »Du gehörst zu uns und zu ihm. Unsere Dankbarkeit wird sich auf dich übertragen. Wir sind diejenigen, die dir helfen werden, mein kleiner Freund.«
    »Das ist schön«, flüsterte der Junge. »Dann weißt du auch, weshalb ich gekommen bin?«
    »Wir wissen es alle.«
    »Kannst du mich denn zu ihr bringen? Ich… ich möchte sie so gern sehen, ich mag sie so.«
    »Deine Prinzessin, nicht?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Ich werde dich ganz bestimmt zu ihr bringen.«
    »Befindet sie sich hier im Wald? Hält Sie sich hier versteckt?« Plötzlich war Kelly aufgeregt. Sein Blut schoß schneller durch die Adern und drängte in seinen Kopf.
    »Sicher, sie ist hier.«
    »Nahe?«
    »Warte es ab, mein Kleiner. Ich bringe dich hin. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.« Es klang schon etwas lustig, als das Wurzelmännchen Kelly als Kleinen bezeichnete. Aus seinem wie geschnitzt wirkenden Körper lösten sich plötzlich krumme und starr wirkende Arme. Antennengleich fuhren sie hervor, waren nur nicht so lang und an ihren Spitzen verzweigt, so daß sie Hände und auch so etwas wie Füße bilden konnten. Dabei schaffte es das Wesen trotzdem nicht, der menschlichen Form näherzukommen. Alles wies doch noch sehr auf Zweige und dünnes Wurzelwerk hin. Kelly hatte verstanden, was dieses kleine Wesen wollte. Mit einer leichten Bewegung nahm er es auf den Ann und umlegte es schützend mit seiner

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