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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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Seiner Majestät, wenn Sie mit Ermittlungsaufgaben betraut sind, unter Umständen über einen sechsten Sinn verfügen. Berichten Sie bitte weiter.
    McGIVERN: Ja, Sir. Ähm … Also … Kurz gesagt: Würde ich jedem Gerücht nachgehen, das mir zu Ohren kommt, müßte ich früher oder später ganz Largs und Umgebung festnehmen. Seit ich hier Dienst tue – und ich lebe seit dreißig Jahren hier –, vergeht praktisch keine Woche, in der ich nicht von einheimischen Trunkenbolden und Tratschtanten die unglaublichsten Geschichten höre – angefangen von den heidnischen Riten irgendwelcher Teufelsanbeter bis zur Landung der Marsbewohner in den Sümpfen der Umgebung.
    THORNHILL: Man sieht, unsere Landbevölkerung verfügt über große Phantasie …
    McGIVERN: Das kann man wohl sagen, Sir. Das Land ist voller glaikit gets und gobshites.
    THORNHILL: Was bitte?
    McGIVERN: Bitte um Vergebung, Sir. Voller Traumtänzer und Schwätzer.
    THORNHILL: Ach so. Aber doch nicht jeder Bewohner von Largs und Umgebung fährt in einer Kutsche spazieren, Constable.
    McGIVERN: Keinesfalls, Sir. Aber die Tatsache, daß ein Gentleman wie Mr. Stephen Ashton eine Kutsche besitzt, ist noch kein Grund, ihn wegen des Verschwindens eines einfachen Bauernmädchens zu verhören.
    THORNHILL: Eine bewundernswerte Deduktion, Constable, die fast eines Sherlock Holmes würdig ist. War Mr. Stephen Ashton seinerzeit der einzige Gentleman in der Umgebung der Ortschaft, der über ein Gespann verfügte?
    McGIVERN: In der Tat, Sir.
    THORNHILL: Aber es ist doch wohl hin und wieder vorgekommen, daß sich ein fremder Gentleman mit seinem Gespann in diese Gegend verirrt hat?
    McGIVERN: So ist es, Sir. Und deswegen erschien mir das Gewäsch, die vermißte Janet Kirk sei in seine Kutsche eingestiegen, einfach an den Haaren herbeigezogen.
    THORNHILL: Ich verstehe. Wie also sind Sie bei Ihren Nachforschungen vorgegangen?
    McGIVERN: Ich habe die Familie und die Freundinnen der Janet Kirk verhört, Sir.
    THORNHILL: Mit welchem Ergebnis?
    McGIVERN: Die Aussagen ergaben folgendes Bild, Sir: Die junge Janet Kirk hatte in den Wochen vor ihrem Verschwinden zunehmend Schwierigkeiten mit ihrem Vater, einem strengen und gottesfürchtigen Mann. Man muß dazu sagen, daß die junge Janet ein Mensch war, der … Nun, mir ist nicht daran gelegen, das Andenken einer Toten zu beschmutzen, Sir, aber … Sie gehörte von ihrem Wesen her nicht zu den Menschen, die man auf den flachen Lande in großer Zahl antrifft.
    THORNHILL: Interessant. Weiter, Constable.
    McGIVERN: Nun, offen gesagt, ihre Allüren waren eher die eines Mädchens, das in der Großstadt wohnt. Sie hatte arge Flausen im Kopf. Sie sah sich nicht als Bauerntochter. Sie wollte Karriere machen, weiß Gott, was sie damit meinte. Und dazu war ihr jedes Mittel recht. Sie hatte schon vor ihrem mysteriösen Verschwinden mehrere Versuche unternommen, den Hof ihrer Eltern zu verlassen … zuletzt im Jahre 1909, als sie einen Handelsvertreter, der in Largs zu Gast war, überredete, sie mit nach Glasgow zu nehmen. Ihre Flucht wurde jedoch entdeckt.
    THORNHILL: Und später?
    McGIVERN: Später fing sie dann ein Verhältnis mit Mr. Eric Brady an, dem Sohn eines damals recht wohlhabenden Gutsherrn, über dessen trauriges Schicksal wir ja inzwischen alle Bescheid wissen. Ihr Vater wollte jedoch nicht zulassen, daß sie sich mit dem jungen Brady traf. Er wollte sie an den Sohn seines Vetters in Skelmerhe verheiraten. Nun, Sir, das Ende vom Lied war, daß Janet Kirk in Gegenwart ihren Freundinnen mehrmals hat verlauten lassen, sie wisse nicht mehr ein noch aus … Sie wolle sich nach Liverpool durchschlagen und mit dem nächsten Schiff in die Staaten ausreißen. Damit war der Fall für mich erledigt.
    THORNHILL: Ist während des Verhörs der Familie und der Freundinnen Janet Kirks je der Name Stephen Ashton gefallen, Constable?
    McGIVERN: Bei der Familie nicht, nein. Auch nicht bei den meisten Freundinnen.
    THORNHILL: Aber bei einigen schon?
    McGIVERN: Ja, Sir. Bei einem Mädchen, Sir. Seitens … äh … meiner eigenen Tochter.
    THORNHILL: Ihre Tochter, Constable?
    McGIVERN: Ja, Sir, wie ich bedauerlicherweise zugeben muß.
    THORNHILL: Wieso bedauerlicherweise?
    McGIVERN: Weil … Mir war das Geschwätz über den Besitzer von Ashton Manor einfach zuwider. Ich stamme aus Glasgow und halte mich für einen aufgeklärten Menschen. Wenn man in einer solchen Gegend Dienst tut und ständig mit dummen, abergläubischen Geschichten konfrontiert wird

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