Alptraumland
… Auf dem Lande hausen lauter teuchters und gomerel.
THORNHILL: Wer bitte?
McGIVERN: Verzeihung, Sir. Bauerntölpel und Gimpel. Auf alle Fälle, es hat mich geärgert, daß ausgerechnet meine Tochter in den Chor der Einheimischen eingefallen ist.
THORNHILL: Was genau hat Ihre Tochter im Zusammenhang mit Janet Kirk über Stephen Ashton geäußert, Constable?
McGIVERN: Daß sie Janet Kirk und Mr. Ashton im Ort bei einer Unterhaltung beobachtet hat, Sir.
THORNHILL: Wann?
McGIVERN: Zwei Tage vor ihrem Verschwinden, Sir.
THORNHILL: Und das war kein Grund für Sie, Mr. Ashton zu verhören, Constable?
McGIVERN: Nein, Sir. Es war kein Grund.
THORNHILL: Constable McGivern, als gebildetem Menschen ist Ihnen doch zweifelsohne bekannt, was die Bewohner von Largs und Umgebung über Ashton Manor und seine Bewohner geredet haben, oder?
McGIVERN: Ja, Sir – aber das waren für mich alles bloß Ammengeschichten.
THORNHILL: Was hat Sie in dieser Hinsicht so sicher gemacht?
McGIVERN: Mit allem Respekt, Sir – aber ich weiß nicht, auf was Sie mit dieser Frage abzielen.
THORNHILL: Wirklich nicht?
McGIVERN: Nein, Sir.
AUS DEM TAGEBUCH DES RODERICK ASHTON
Als ich zwei Tage später die Flinte in die Hand nahm, die der mysteriöse Wilddieb zurückgelassen hatte, entdeckte ich am hölzernen Kolben ein kleines Metallschild mit dem eingravierten Namen Ian Brady.
War das der Name des Eigentümers der Waffe? Ich nahm mir vor, mich bei nächster Gelegenheit nach ihm zu erkundigen. Da mich nach Skelmerhe nichts zurückzog, ließ ich mich von Perkins nach Largs chauffieren, in den nächstgelegenen Ort, der in westlicher Richtung lag.
Inzwischen hatte Perkins nämlich den georderten Neuwagen abholen können, einen brandneuen Seabrook 10/20 in weinroter Farbe und mit vier Zylindern, abklappbarem Verdeck sowie vier Gängen. Dieses moderne Automobil sah erheblich fescher als der eher konservative Bean-Mietwagen und erreichte auf guter Straße die rasante Geschwindigkeit von 75 km/h. Perkins’ Auswahl stellte mich sehr zufrieden.
Largs war zwar etwas größer als Skelmerhe, aber dennoch ein verschlafenes Nest, das aus mehreren Reihen von Häusern bestand, die ausnahmslos einen neuen Anstrich hätten gebrauchen können. Etwa dreißig an der Zahl umsäumten einen schmucklosen Marktplatz, an dessen Rand sich ein Wirtshaus, vier oder fünf Ladengeschäfte und das Polizeirevier schmiegten.
Der diensthabende Constable war ein grobschlächtiger Mann mit einem buschigen Schnauzbart, deren Enden er gerade untätig nach oben zwirbelte, als ich die Amtsstube betrat. Als er mich erblickte, sprang er eifrig auf und schlüpfte in die Uniformjacke, die hinter ihm über der Rückenlehne seines Stuhls hing. Daß er bei diesem Tun unentwegt Entschuldigungen murmelte, ließ mich auf den Gedanken kommen, daß er auf fremden Besuch nicht eingerichtet war; möglicherweise empfand er es als peinlich, daß ihn ein Großstädter – denn als solchen verrieten mich meine Kleider – beim Müßiggang erwischt hatte. Vielleicht hielt er mich aber auch für einen Inspektor aus der nächsten Kreisstadt, der ihm auf die Finger zu sehen beabsichtigte.
»Mein Name ist Ashton, Constable«, begann ich. »Ich bin der neue Besitzer des Landsitzes Ashton Manor und brauche Ihre Hilfe in einer etwas … dubiosen Angelegenheit.«
Als er meinen Namen hörte, verzog er unmerklich das Gesicht. Die Reaktion überraschte mich kaum noch, denn inzwischen war ich immer mehr zu der Ansicht gelangt, daß die Ablehnung, die mir überall begegnete, nicht unbedingt mir persönlich, sondern jedem Träger des Namens Ashton galt. Constable McGivern hörte mir schweigend und mit einem Stirnrunzeln zu, während ich ihm den Überfall durch den Fremden schilderte und von der Schrotflinte berichtete, die allem Anschein nach einem Mann namens Ian Brady gehörte. Sobald ich geendet hatte, zupfte er verlegen an seinem Schnauzbart. »Es gibt einen Ian Brady in der Gegend, Sir, einen Farmer«, sagte er schließlich. »Aber er kann unmöglich der Mordschütze gewesen sein, denn die Flinte wurde ihm gestohlen.«
Er kramte in seinem Schreibtisch herum und forderte einen ausgefüllten Amtsvordruck zu Tage, laut auf dem Mr. Ian Brady, wohnhaft auf einem Bauernhof zwischen Skelmerhe und Largs, den Verlust einer doppelläufigen Schrotflinte meldete. Das Datum des Dokuments bewies, daß besagter Mr. Brady die Waffe bereits drei Tage vor dem Anschlag auf mein Leben als abgängig gemeldet
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