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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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er, während ich noch mit mir haderte, denn mir war bewußt, daß Redgrave mir nur dann helfen konnte, wenn ich ihm alles über mich und meine Träume erzählte. »Sind Sie Amerikaner?«
    »Ja. Ich stamme aus New York, aber meine Eltern waren früher in Schottland ansässig.«
    »Was tun Sie so?«
    »Ich bin Schriftsteller, Sir.«
    »Interessant. Erzählen Sie mir doch mehr.«
    »Ich schreibe in letzter Zeit hauptsächlich für den Film …«
    »Hollywood?«
    »Ja. Aber nichts wirklich Bedeutendes. Ich bin im Unterhaltungsfach tätig. Der bekannteste Film, an dem ich mitgearbeitet habe, heißt Der Gefangene von Zenda.«
    »Mit Lewis Stone und Alice Terry?«
    »Sie kennen ihn?«
    Redgrave lächelte. »Ich bin ein begeisterter Freund des amerikanischen Films, Mr. Ashton, auch wenn ich nur selten Gelegenheit habe, in eine Vorstellung zu gehen. Schreiben Sie auch für Zeitschriften?«
    Ich nannte ihm die Titel der Blätter, in denen ich angefangen hatte, aber er kannte weder Weird Tales noch Magic Carpet oder Oriental Stories.
    »Sie schätzen sogenannte Schauergeschichten?« fragte er.
    »Aber ja«, erwiderte ich. »Auf was wollen Sie hinaus? Glauben Sie, die Lektüre dieser Dinge kann Menschen zu Paranoikern machen?«
    »Es käme auf den Menschen an.«
    »Bitte, Dr. Redgrave«, sagte ich etwas ungehalten. »Ich bin mit einem für mich ernsten Problem zu Ihnen gekommen …«
    »Sie sehen in der Tat nicht aus wie das sogenannte blühende Leben«, erwiderte Redgrave, »aber ich kann solange nichts für Sie tun, wie Sie mir das Problem verschweigen, das Sie quält.« Er beugte sich vor und zündete sich eine Pfeife an. Graue Wölkchen stiegen zur Decke auf. »Wie hat es denn eigentlich angefangen?«
    Ich biß mir auf die Unterlippe, und er erkannte mein Zögern eindeutig als das, was es war: die Furcht, mein Innerstes vor ihm auszubreiten.
    »Ich bin Arzt, Mr. Ashton«, sagte er. »Und wie Sie wissen, zum Schweigen verpflichtet.«
    »Also gut«, sagte ich. Und erklärte ihm den Traum. Auch diesmal hörte er mir aufmerksam zu. Als ich fertig war, räusperte er sich. »Lassen Sie uns ein Spiel spielen«, schlug er vor. »Ein Spiel?« Ich fühlte mich reichlich verdattert. Redgrave nickte. »Ich spreche jetzt eine Reihe von Wörtern aus. Sie sagen mir nach jedem einzelnen Wort ganz spontan – und ohne nachzudenken –, was Sie mit dem Wort assoziieren. Ihren jeweils ersten Gedanken. Und wenn möglich, in einem Wort.«
    »Wenn Sie glauben, daß Spielchen der Wahrheitsfindung dienen«, meinte ich, »dann fangen Sie an.«
    »Wasser.«
    »Fische.« Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
    »Sonne.«
    »Himmel.«
    »Hitze.«
    »Wüste.«
    »Pferd.«
    »Reiter.«
    »Papier.«
    »Tinte.«
    »Bücher.«
    »Staub …«
    Redgrave hielt einen Moment inne und zog die Brauen hoch. »Denken Sie bei Büchern an Staub?« Ich zuckte die Achseln. Staub war mir tatsächlich als erstes Wort eingefallen.
    »Tod«, sagte Redgrave.
    »Verwesung.«
    »Kadaver.«
    »Gestank.«
    »Dunkelheit.«
    »Gestank.«
    Er verhielt erneut, sagte aber nichts. Ich begriff allmählich, wie die Methode funktionierte. Irgendwann mußte er bei diesem Spiel auf ein Wort stoßen, das ich unbewußt – unterbewußt – mit meinen Problemen in Zusammenhang brachte. Und wenn er Tausende von Wörtern aussprechen müßte – irgendwann käme ein Wort an die Reihe, das mir hochgradig zuwider war, weil es meine heimlichen Befürchtungen betraf. Und irgendwann würde ich dann stets die gleiche Antwort geben.
    »Wie ich sehe«, sagte Redgrave, »denken Sie angestrengt über etwas nach. Möchten Sie mir enthüllen, um was es geht?«
    »Ich überlege«, erwiderte ich, »ob mir gerade klar geworden ist, wo ich überhaupt stehe. Spielen wir mit offenen Karten, Dr. Redgrave. Ich weiß, was mich nicht schlafen läßt, aber ich bin nicht bereit, es zu erzählen.«
    Redgrave sah mich aufmerksam an. Er war ein wohlwollender Mensch, der sich ehrlich bemühte, mir zu helfen – aber ich konnte ihn unmöglich in das Geheimnis von Ashton Manor einweihen.
    »Ich kann Ihnen Pillen verschreiben«, sagte er, »die Ihren Schlaf zur Ohnmacht vertiefen. Wünschen Sie das? Oder wollen Sie echte Hilfe?«
    Ich entschied mich für die Pillen.
    Obwohl ich mich genau an die Gebrauchsanweisung hielt, wurde die nächste Nacht für mich zur Höllenqual. Am sonderbarsten war, daß ich merkte, wie ich einschlief. In meinem Hinterkopf spürte ich ein sanftes Ziehen. Ich hatte sekundenlang das

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