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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, war es hell genug. Ich erkannte eine geduckte Gestalt, die sich in einen Winkel drückte.
    »Komm da raus«, knurrte ich böse. Mein rechter Fuß schoß vor und traf etwas. Die gebückte Gestalt stieß einen leisen Schrei aus. Ich griff zu. Voller Haß zerrte ich den Spion aus dem Versteck und packte seinen Hals mit solcher Kraft, daß ich ihn fast erdrosselt hätte. »Du?« fragte ich überrascht. Ich fuhr zurück.
    Alles hatte ich erwartet – aber nicht das. Ich schaute in mein eigenes Gesicht. »Ja, Roderick. Ich.«
    Ich erkannte Spott im Blick meines Gegenübers. Ich steckte das Messer ein. Er war ich. Ich war er. Wieso sollte ich mich vor ihm fürchten?

9. Kapitel
     
    Aus dem Schriftwechsel H.P. Lovecrafts
    mit Frank Belknap Long
     
    Ashton Manor, 4. Sept. 1923
     
    Frank, mein lieber Junge,
    von Herzen danke ich Dir für Deinen Brief in dem Du mich über die laufenden Vorgänge in unseren heimischen Amateurjournalismuszirkeln in Kenntnis gesetzt hast. Es rührt mich fast ein wenig, daß unsere traute Brieffreundin Sonia Greene sich der Mühsal unterzogen hat, meine Geschichte Dagon auf einer Schreibmaschine abzutippen. Du weißt ja, daß ich die Kunst des Schreibens und derlei neumoderne Apparaturen in meinem Innersten nur schwer miteinander in Einklang zu bringen verstehe. Aber daß gar infolge des Vorliegens einer maschinenschriftlichen Fassung Weird Tales die Geschichte erworben hat, flößt mir ein gewisses Befremden ein. Werden denn wohl in Zukunft Dichtkunst und Maschinenwerk Hand in Hand gehen? Wir blicken, glaube ich, sonderbaren Zeiten entgegen, aber ob sie uns behagen werden, mag fürs erste dahingestellt sein.
    Es erstaunt mich ein wenig, daß Du Dich mit keinem Wort zum Inhalt meiner bisherigen Briefe äußerst. Sicherlich hätte ich dafür Verständnis, falls Du Dich über so heikle Dinge wie himmelschreiende Vorgänge im Leben eines Dir ausschließlich durch meine Briefe bekannten Menschen lieber nicht voreilig, am wenigsten in Schriftform, auslassen möchtest. Soviel Rücksichtnahme wäre unzweifelhaft eines Gentlemans würdig. Allerdings wüßte ich doch gerne, ob Du meine Briefe erhalten hast.
    Bezüglich meines armen Freundes Ashton muß ich – kann ich nur noch! – den römischen Historiker Velleius zitieren, der da niederschrieb: »Wen die Götter verderben wollen, den schlagen Sie mit Blindheit, und bewirken so auf unheilvolle Weise, daß das, was geschieht, mit vollem Recht zu geschehen scheint, und so verwandelt sich tiefes Unglück in tiefe Schuld.« Während unseres Besuchs bei Mr. Angus Robertson, dem Bruder des Anwaltes Robertson, hat er nämlich einen schweren Nervenzusammenbruch erlitten und mußte für die Dauer mehrerer Tage unter ärztlicher Aufsicht bleiben.
    Zum Glück konnte ich seinen Nervenarzt, Dr. Redgrave, ohne sonderlichen Aufwand an Überredungskunst davon überzeugen, daß ein Gentleman keinesfalls in irgendeine Provinz-Heilanstalt eingewiesen werden darf, und sofort beteuerte mir Dr. Redgrave sein vollstes Verständnis für diesen Standpunkt und erklärte seine Bereitschaft, Ashton für ein paar Tage in seiner Praxis unterzubringen und unter Umständen äußerster Vertraulichkeit zu beaufsichtigen und zu betreuen. Die dort genossene Behandlung war Ashton offensichtlich gut bekommen, denn er wurde ruhiger und beherrschter, insbesondere faßte er frischen Mut und rang sich zu der Auffassung durch, daß er etwas unternehmen müßte, um sein Los wieder zum Vorteilhafteren zu wenden, und auch dazu imstande zu sein. Darin sahen Dr. Redgrave und ich zunächst eine glückliche Fügung.
    Man kann es nur als erschütternde Tragödie betrachten, daß eben dieser zuversichtliche Entschluß Ashtons die Folge hatte, sein Schicksal vollends zu besiegeln.
    Nach meiner Überzeugung hat ein Mensch ohnedies keine Art von Schicksal, gegen das er ankämpfen könnte, denn der Kampf ist unweigerlich ebenso ein Teil des unerbittlichen Determinismus, der den Kosmos regiert, wie das letztendliche Resultat. Wie dem auch sei, mir sträubt sich die Feder, Frank, Dir die abscheulichen Geschehnisse zu schildern, die sich wenig später auf Ashton Manor ereigneten. Laß mich damit bis zu einem anderen Mal warten …

DIE AUSSAGE DES SGT PATRICK CORCORAN
     
    Leiter des Verhörs:
    Superintendent Roger Thornhill, Scotland Yard
     
    THORNHILL: Sergeant Corcoran, was hat bei Ihnen den Verdacht erregt, mit Mr. Roderick Ashton könnte irgend etwas nicht in

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