Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
zerfetzte in den Müll gepackt. Ja, Franz Schulze war halt ein guter Organisator.
Nun stand er auf der Lauer. Schon seit Stunden. Es war ja nicht gewiss, wann die reiche Frieda Paluschke aufkreuzen würde. Franz hatte eine Inszenierung vorbereitet, der man Bühnenreife zusprechen konnte. Die Gage war Tabak und Wein gewesen. Dafür verkauften viele ihre Großmutter.
Auch Kalle war in den Plan einbezogen, denn er kannte Frieda Paluschke. So harrte jeder in der Kulisse seines Auftritts, der mit jedem Schluck Wein noch mehr Echtheit versprach.
Und dann kam Frieda! Sie trug einen cognacfarbenen Ledermantel, dazu passend Handtasche und Schuhe und auf dem schick frisierten Haar saß ein überaus keckes Hütchen. Also, Frieda war eine durchaus passable Erscheinung, deren Anblick Fuselfranze zunächst etwas verwirrte. Dumm wirkte Frieda keinesfalls, denn sie betrat sehr selbstsicher die Schalterhalle, als Kalle einmal verstohlen zu Friedas »Verhängnis« hinübernickte.
Und das, was später geschah, wirkte wie zufällig. Als Frieda aus der Bank kam, torkelte ein abgerissener Tippelbruder auf die Frau zu.
»Wat musst du wohl Kies haben?«, meinte er und beguckte sie. »Haste nicht wat Mitleid mit so 'nem arm Kerl, wie ich dat bin. Na, komm schon und stell dich nicht so an.«
»Du hast wohl einen unter die Hörners, wie?«, wurde er von Frieda angegiftet. Sie klemmte ihre Tasche mit den soeben geholten zweitausend Euro fester unter den Arm.
Ein zweiter näherte sich.
»Du könntest uns mal einen ausgeben. Tu dich nicht so zieren ...«
»Haut ab!«, schrie Frieda. »So 'ne Bande, wat ihr doch seid. Verpisst euch hier. Bin ich vonne Wohlfahrt, oder wie ...«
Die beiden begannen an Frieda herumzuzerren. Bahnpolizei war nirgendwo in Sicht. Und Friedas Handtasche war vollständig unter dem Arm verschwunden.
Und nun kam Franzens Auftritt. Mit ein paar raschen Schritten war er bei dem Trüppchen und hatte die Belästiger an den. schmutzigen Jackenaufschlägen gepackt.
»Lasst die Dame in Frieden, verkommenes Pack!«, schimpfte er lautstark. Ein Mann aus der Bank kam hinzu. »Lassen Sie nur. Ich werde mit solchen Leuten schon fertig.«
Und damit es ganz echt wirkte, versetzte Fuselfranze einem seiner angeheuerten »Schauspieler« eine gehörige Ohrfeige, die nicht im Rollenbuch stand. Angesichts dieses außergewöhnlichen Ereignisses ergriff der zweite die Flucht. Fuselfranze setzte ihm ein paar Meter nach und hob drohend die Faust.
»Ich werde euch schon geben, eine Dame zu belästigen!«, schrie er dem Flüchtenden hinterher. »Ihr sollt mich noch kennenlernen, Pack!«
Und Frieda? Sie stand staunend da. Nein, das hatte sie noch nie erlebt. Solange sie sich erinnern konnte, war für sie ein Mann noch nie in die Bresche gesprungen. Ganz rot wurde Frieda und begann umständlich zu hüsteln, als Franze nun vor sie hintrat.
»Gestatten«, sagte er und verbeugte sich. »Franz Schulze!«
»Angenehm«, hauchte Frieda und schnupperte das elegante Rasierwasser. »Frieda Paluschke.«
»Eine Unverschämtheit von diesem Volk, gnädige Frau«, schnaubte Franz Schulze gekonnt. »Also, ich hätte jetzt sonst was getan. Ich bin ja kein Schläger, gnädige Frau. Aber für Sie musste ich das nun einfach tun.«
Frieda wusste vor Verlegenheit nicht mehr, in welches Eck sie nun gucken sollte.
»Ach Gottchen, Herr Schulze«, stammelte sie. »Wat bin ich Ihnen von dankbar. Nein, wie mutig Sie doch gewesen sind ...«
»Solche Kerle können ganz gefährlich werden, gnädige Frau. Ich weiß das. Einmal im Hafen von Marseille, in Südfrankreich ...«
»Sie waren in Südfrankreich?«, fragte Frieda staunend. »Ist es dort schön, Herr Schulze?«
»Schön?«, fragte er. »Aber gnädige Frau, schön ist gar kein Ausdruck. Sonne, Palmen und ein Duft so süß wie Honig. Und dann die himmlische blaue Dämmerung abends am Meer. Blutrot versinkt die Sonne und ...«
»Hörense auf«, zirpte Frieda. »Sie machen einen ja ganz konfus mit das Schöne erzählen!«
»Ach!«, sagte er schmachtend und sah sie an. »Ich möchte Ihnen gerne ein Angebot unterbreiten, gnädige Frau. Aber ich bitte Sie, mich nicht für unschicklich zu halten ...«
»Aber nein!«, schrie Frieda. »Sie sind doch der perfekte Kavalier!«
»Ich würde Sie gerne auf ein Tässchen Kaffee einladen. Es wäre reizend,
Sie näher kennenzulernen«, sagte er nun höflich und überaus bescheiden.
Hinter Säulen und Automaten sah man unrasierte, schmutzige Gesichtsteile, alkoholrote
Weitere Kostenlose Bücher