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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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sagen. „Zu Hause reden wir so und in der Schule oder später bei der Arbeit ganz anders. Und sitzen wir in einer Kneipe, dann überlegen wir, was wir sagen und vor allem, wem wir was sagen oder was wir besser nicht sagen. Spitzel, die sitzen nämlich überall und es werden immer mehr, das reicht manchmal bis in die Familien.“
    „Diktatoren leben in dauernder Angst“, sagte Hoffmann, „deshalb wollen sie möglichst alles wissen, alles über jeden einzelnen. Unsere Leute sind einsame Leute dort im Osten, auf sich allein gestellt. Sie können und sollen, auch der eigenen Sicherheit wegen, mit niemandem sprechen, also über das, was sie tun, wie sie es tun und wann sie was machen. Sie müssen letztlich stets selbst vor Ort entscheiden, ganz für sich. Niemand kann ihnen dort wirklich helfen. Sie tragen Verantwortung nicht nur für sich selbst, auch für ihre Familien und schließlich für das, wofür sie sich einsetzen. Dort sind sehr oft auch andere mit bedroht. Und bei einer Enttarnung sind die Urteile im Osten drastisch. Deshalb ist es gut und wichtig, daß jeder immer nur seinen eigenen Auftrag kennt, dann kann man aus ihm auch nicht mehr herausquetschen, wenn es hart auf hart kommt. Der Gegner“, und dabei sah Hoffmann zuerst Sebastian und dann Irene an, „der Gegner sitzt auch in den eigenen Reihen, das wissen wir“, sagte er lächelnd. Hoffmann hatte sich längst entschlossen Sebastian in einer geheimen, aber bereits von der Stasi enttarnten Wohnung ganz in der Nähe über Nacht unterzubringen. Der Stasi war ja bekannt, daß auch der Gehlen-Dienst von der Enttarnung wußte und diese Wohnung bereits aufgegeben hatte. Der Junge war in Ordnung, man würde sehen …
    Sie mußten dann auch nicht weit gehen, ein Mietshaus im Jugendstil, das Treppenhaus von Ampeln an der stuckverzierten Decke erhellt, die Stufen mit rotem Teppich belegt, an blanken Messingstangen befestigt. Eine dunkelbraune Wohnungstür mit Jugendstilschnitzereien. Hoffmann schloß auf, knipste das Licht an, ein Flur, eine Garderobe, drei Türen, durch eine traten sie, Hoffmann voran, gefolgt von Irene und Sebastian. Ein großes Zimmer, durch die Fenster an zwei Seiten fiel in wechselnder Helligkeit Licht von Leuchtreklamen.
    Hoffmann zog schwere Gardinen davor und knipste eine Stehlampe an, die durch einen hübschen altmodischen Schirm gelbliches Licht in den Raum warf. Sebastian sah einen Tisch voller Papiere und die gleichen Stapel auch auf dem Boden des Zimmers.
    Hoffmann zeigte auf ein Sofa an der Wand neben einem der Fenster. „Wie groß sind Sie?“, fragte er.
    „Einsfünfundsiebzig.“
    „Dann können Sie dort schlafen.“ Er holte aus einem Kleiderschrank zwei Decken und warf sie auf’s Plüschsofa. „Das wird reichen. Dazu nehmen Sie die Sofakissen dort“, und er wies auf zwei altrosa Kissen mit Brokatborte.
    Sebastian stand in seiner Joppe im Zimmer. Ihm wurde etwas weich in den Knien, dazu hatte er ein wattiges Gefühl im Kopf und im Magen drückte es leicht. Den ganzen Tag nichts gegessen, sagte er sich, dazu den Wein und viel geraucht. Er wollte sich möglichst schnell hinlegen. Hoffmann zeigte ihm noch die Türen zum Bad und in die Küche. Er könne sich in der Küche Kaffee machen. Sebastian war mit allem einverstanden und wollte nur noch schlafen, sich ausstrecken dürfen. Hoffentlich gingen die beiden bald. Hoffmann klapperte noch in der Küche herum. Irene saß im Mantel in einem Sessel und wartete. Sebastian zog sich die Joppe aus, warf sie über einen anderen Sessel und ließ sich auf dem Sofa nieder, in dem die Sprungfedern rumorten, doch das war ihm egal und würde ihn am Schlafen nicht hindern. Es fiel ihm irgendwie schwer zu reden und so beschränkte er sich aufs Nötigste. Er rutschte dort auf dem alten Sofa förmlich in sich zusammen. Mit dem Verlauf dieses Tages und dieses abends vor allem hatte er nicht rechnen können, als er in Großräschen losgefahren war. Und nun saß er hier in dieser fremden Wohnung.
    Hoffmann und Irene verabschiedeten sich, dann klappte die Wohnungstür ins Schloß, und Sebastian fühlte die angenehm knisternde Schachtel Zigaretten in seiner Hosentasche. Immerhin, so ziemlich eine ganze Schachtel Westzigaretten hatte er noch. Er erhob sich mühsam vom Sofa, suchte ein Streichholzheftchen aus der Joppentasche und zündete sich eine Overstolz aus der knisternden Packung an. Dann ging er zum großen Tisch mit den Papierstapeln – alles gefaltete Flugschriften für den Osten. Er zog

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