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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Wein. Ein besonders guter trockener Wein, wie Hoffmann beteuerte, nachdem er das Etikett studiert hatte. Wie Wein trocken sein konnte, blieb Sebastian völlig unerfindlich. Die Zigarren waren aufgeraucht, neue brachte der Ober in der luftdicht verschließbaren Kiste. Sebastian wußte ja nun auch schon, an welchem Ende eine Zigarre anzuzünden war.
    „Was macht Ihr Vater eigentlich beruflich? Sie haben doch einen?“
    „Ja, natürlich.“
    „So natürlich ist das heutzutage leider nicht.“
    „Mein Vater ist Architekt, war im Krieg Abteilungsleiter bei der Ilse Bergbau AG, zuständig für die Ziegeleien und Zimmerplätze des Konzerns. Es ist nun mal so“, erklärte Sebastian, „daß Kinder von ehemals Selbständigen, ob nun Freiberufler, Geschäftsleute, Fabrikanten ganz schnell in Schwierigkeiten geraten, wenn es um weiterführende Schulen geht. Alles Bürgerliche zählt grundsätzlich zum Klassenfeind. Dann noch so einen Lehrer wie diesen Schmalenbach dazu und man kann alles abhaken – Kontingent erfüllt eben. Was wollen Sie dagegen tun?“ Sebastian blickte Hoffmann achselzuckend an.
    Der hob ebenfalls die Schultern. „Vielleicht klagen?“
    „Gegen den Staat? Wie wollen Sie das machen?“ Sebastian winkte ab. „Mit Staat und Partei hätte man schnell auch die Stasi im Nacken. Wer seinen Kopf zu weit rausstreckt gefährdet ihn, das weiß im Osten jedes Kind. Heucheln geht den Menschen in Fleisch und Blut über. Es gibt natürlich auch welche, die wirklich alles glauben. Aber die Mehrheit denkt anders und traut sich das nur nicht zu sagen. Dieser Schmalenbach trieb mich jedenfalls so weit, daß ich ihn schon erschießen wollte.“
    „Was wollten Sie?“
    „Ihn erschießen.“
    „Wie denn das?“
    „Mit einem alten Kleinkalibergewehr. Fast jeden Abend konnte man in einem Fenster Schmalenbachs Kopf erkennen. Wahrscheinlich saß er am Schreibtisch. Genau gegenüber lag ein großer Garten mit dichtem Gebüsch und vielen Bäumen. Ich hätte von dort auch schnell und unbemerkt wieder verschwinden können.“
    „Das Gewehr haben Sie noch?“
    „Ja, sicher.“
    „Werfen Sie’s um Himmelswillen weg!“ sagte Hoffmann.
    „Warum denn das?“
    „Sie gefährden sich damit nur unnötig. Das ist so ein banaler Spatzentöter doch nicht wert.“
    „Na, na“, Sebastian klang leicht pikiert über die Herabwürdigung seiner heimlichen Bewaffnung. „Das ist zwar bloß ein Kleinkalibergewehr, aber einen armdicken Balken, den durchschießen Sie damit noch auf weite Entfernung.“
    „Na schön, aber was wollen Sie damit sagen? Daß ein Gewehr schießt...? Seien Sie bloß froh, daß Sie auf diesen Lehrer nicht wirklich geschossen haben. Vielleicht hätten Sie tatsächlich getroffen.“
    „Hm, als ich das Gewehr in der Hand hielt war mir letzten Endes schon klar, daß ich’s doch nicht tun würde“, bestätigte Sebastian.
    „Also, um nochmal auf Ihren Vater zurückzukommen“, schloß Hoffmann das Thema Schmalenbach ab, „was macht der denn zur Zeit beruflich? Die Ilse-Bergbau AG gibt’s ja wohl nicht mehr?“
    „Nein, natürlich nicht. Heute heißt das Ganze VEB Tatkraft. Mein Vater ist jetzt Oberbauleiter bei der Bauunion Senftenberg. Sagen Sie“, fragte Sebastian, „interessiert sich der Nachrichtendienst denn auch für sowas?“
    Hoffmann winkte ab. „Uns interessieren militärische Dinge, vor allem sowjetische. Die DDR ist nicht so wichtig. Ohne Russen keine DDR, das wissen Sie ja selbst. Wichtig für uns, und hier meine ich für den Westen überhaupt“, erklärte Hoffmann weiter, „ist aber auch die Stimmung und Meinung in der Bevölkerung. Politische Veränderungen werden dort nicht von außen kommen.“
    „Na ja, von innen“, unterbrach Sebastian Hoffmanns Erklärungen, dabei sah er kurz zu Irene über den Tisch, „das bringt einfach nichts. Hoffnung wird bei uns vor allem in den Westen gesetzt, in die Westmächte.“
    „Und wie stellen die Leute sich das vor?“ fragte Hoffmann. „Was soll der Westen denn tun?“
    „Na, nicht daß morgen schon die Amerikaner die Russen vertreiben. Das glaubt so natürlich niemand, aber Hoffnungen gibt’s nun mal. So zwischen 70 und 80 Prozent der Bevölkerung, das denke ich schon“, sagte Sebastian, „lehnen das Russensystem mehr oder weniger ab. Die Russen halten sich öffentlich zwar zurück, doch jeder weiß ja, daß sie das Sagen haben und eben auch verhindern, daß es aufwärts geht in der DDR. Die sind ja immer noch beim Demontieren und

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