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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Lehrlinge aus den Revieren des Kreises wurden wieder zusammengezogen und etwa beim Durchforsten von Stangenholzschlägen beschäftigt. Verwendung fanden sie auch immer wieder mal beim Kiefernschößlingesetzen.
    Dann gab es aber auch die sogenannten Pflanzenweiber. Als Sebastians Revierleiter ihn mit der Übermittlung eines Auftrages zu diesen Frauen schickte, empfahl er Abstand zu halten. Die seien nicht sehr zimperlich, warnte er, und hätten vor zwei Jahren mal einen anderen Lehrling zu ihrer Gaudi bis auf die Haut entkleidet.
    Einen gebührenden Abstand hielt Sebastian dann lieber auch nach solch einem Hinweis, zum hämischen Gelächter der Pflanzenweiber natürlich, die ihn hänselten und vergeblich heranzulocken versuchten. Dabei waren dort, wie er erkennen konnte, auch Jüngere dabei, die sich besonders hervortaten. Denen wollte er denn doch nicht in die Finger geraten. Wie der Revierleiter erzählt hatte, war der Kollege damals von einigen festgehalten worden, während andere ihn Stück für Stück auspellten. Die Weiber hielten dicht und es gab keine Zeugen für diesen Vorfall. Es war auch nie klar geworden, inwieweit das Opfer damals selbst diese Handlungen provoziert hatte.
    Des weiteren wurden die Lehrlinge beim Wege- und Grabenbau eingesetzt, so bei der Reparatur befestigter Waldwege oder beim Ausräumen versumpfter Gräben. Gummistiefel dafür stellte die Forstverwaltung, gab es solche ja nirgendwo zu kaufen. Und so sollte schließlich am Rande Chransdorfs wieder ein Teich für die Gänse und Enten des Ortes hergerichtet werden.
    Dort traf Sebastian an einem Montagmorgen schon gegen halb sieben Uhr ein. In der Nacht hatte er kaum geschlafen, wenn man vom Dösen auf Bahnhofsbänken und in Zügen absah, da Fahrpläne sich wieder mal als illusionär erwiesen hatten. Zu Hause war er daher gleich in seine Arbeitsklamotten geklettert, nachdem er sich im Badezimmer rasch ein wenig erfrischt hatte. Der einstige Teich, vielleicht war es einmal der Dorfteich gewesen, war von der Schotterstraße aus nur noch an vermehrt auftretenden Schilfhalmen als mögliches Gewässer zu erahnen, aber das auch nur, wenn man von dessen Existenz an dieser Stelle wußte.
    Das Zentrum des Tümpels bestand aus faulig stinkendem Schlamm. Über aneinander gelegte Bohlen wurde der in drei klapprigen Schubkarren herausgefahren, um ihn in der weiteren Umgebung zu verteilen.
    „Hier haben wir mindestens zehn Tage zu tun“, sagte Sebastian, indem er den aufgewühlten Morast musterte.
    „Wenn das mal reicht“, meinte der Werchower, „und vorausgesetzt“, sagte er, „wir werden bei diesem Gestank hier nicht schon vorzeitig ohnmächtig.“
    „Faulgas ist nicht giftig“, erklärte ein anderer.
    „Aber es brennt gut“, sagte Wolfgang Pöthe und erzählte zum Gaudium der Versammelten, wie er mal den eigenen Furz mit einem Streichholz in Brand gesetzt und sich dabei die Hose versengt hatte.
    „Das ist doch Waldarbeiterlatein“, entgegnete Nuglisch.
    „Waldarbeiter können kein Latein“, berichtigte der Werchower. „Aber damit könntest du direkt im Zirkus auftreten“, wandte er sich an den Erzähler, „so als Pendant zum Feuerspeier. Paß bloß auf, daß die vom sowjetischen Staatszirkus dich nicht gleich weg fangen. So’ne Nummer könnten die sicher noch gebrauchen. Der brennende Furz, eine zündende Idee…“
    „Paß du mal besser auf“, entgegnete der so Gefoppte, „daß die dich wegen Verächtlichmachung sozialistischer Errungenschaften nicht am Hintern kriegen. Dieser Zirkus ist nämlich so’ne Errungenschaft. Auf Verächtlichmachung“, setzte er hinzu, „steht Zuchthaus, das weißt du doch.“
    Der Werchower lachte. „Ich hab’ ja ‘ne abschreckende Waffe. Wenn die dort zugreifen“, und er schlug sich dazu mit der Hand aufs Hinterteil, „zünde ich Dank deines Vorbildes meinen Auspuff und die lassen ganz schnell die Pfoten von mir.“
    Pöthe wiegte den Kopf. „Täusche dich nicht“, sagte er, „die Klauen der Stasi sind feuerfest.“
    „Ein Mythos“, und der Werchower winkte verächtlich ab, „reinste Angstmache…“
    „Mir unverständlich“, mischte Nuglisch sich ein, „wie man von einem brennenden Furz direkt in der Politik landet.“
    „Dann hast du in der Schule nicht aufgepaßt“, entgegnete der Werchower, mit beiden Händen auf seine Schaufel gestützt, „alles ist Politik. Das hat man uns doch so beigebracht, oder?“
    Nuglisch hob die Schultern, schüttelte den Kopf und schippte den

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