Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
auch manchmal komisch. Aber irgendwas ist nicht in Ordnung.
Am Ende des Weges schoben sie die Räder ein Stück ins Unterholz. Hans-Peter ging voraus bis an die Kante, von wo aus man weit unten den großen See liegen sehen konnte. Beide setzten sich dort in den Sand.
„Also nun mal los“, drängte Sebastian, „was ist eigentlich passiert? Was ist mit deinem Alten?“
Hans-Peter stocherte mit einem Zweig vor seinen Füßen im Sand. „Ich weiß nicht“, sagte er schließlich, „es kann auch alles nur Einbildung sein, weil vielleicht meine Mutter ihm in den Ohren gelegen hat.“
„Womit in den Ohren?“
„Na, die merkt doch, daß ich öfter unterwegs bin.“
„Und was hat dein Vater gefragt?“
„Nur so allgemein, zum Beispiel wohin ich fahren würde? Auch nach dir hat er gefragt und ob wir zusammen verreisen.“
„Und was hast du gesagt?“
„Daß ich so oft nun auch wieder nicht wegfahre. Und daß wir beide einige Male im Spreewald waren. Zweimal“, setzte er hinzu, „waren wir ja auch wirklich dort. Gefragt hat er dann noch, ob wir öfter nach Berlin fahren würden. Auch wieder nicht so oft, habe ich gesagt. Und um das noch etwas zu bekräftigen habe ich erzählt, daß wir auch schon in Leipzig waren, daß du da seit Jahren eine Freundin hast und daß wir auch mal in Forst zu einer Kunstausstellung waren, da hast du mich mitgenommen, habe ich gesagt, weil dich das sehr interessiert hat. Ich weiß nun aber nicht genau“, sagte er etwas zögernd, „ob ich seine Bedenken zerstreut habe.“
„Meinst du, daß dein Alter irgendeinen Verdacht hat?“
„Das weiß ich eben nicht“, sagte der Freund.
„Und Irene?“ fragte Sebastian, „ist denn die noch in Westberlin?“
Hans-Peter nickte. „Ja.“
„Aber nicht mehr in der Königsallee?“
„Nein, schon lange nicht mehr.“
„Und was macht sie jetzt in Westberlin? Ist da noch was mit dem Diplomaten?“
„Weiß ich nicht, kann ich dir nicht sagen.“
„Ich finde, du solltest dich ruhig mehr dafür interessieren. Könnte ja sein, daß die Stasi uns deswegen beobachtet, das heißt dich und dabei auch mich – oder könnte es vielleicht auch umgekehrt sein? Dein Alter kennt doch viele Stasileute, daß also Irene für die Stasi in Westberlin ist? Ich meine das nur als Möglichkeit.“
Hans-Peter sah Sebastian an und schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht, nee, kann ich mir nicht vorstellen.“
„Aber als Möglichkeit?“
„Also so gesehen“, antwortete der Freund und blickte einen Moment über den See, „da ist hier ja alles möglich …“
„Na bitte. Aber dann versuch’ doch mal was rauszukriegen, zum Beispiel, was Irene noch in Westberlin macht. Irgendwas wird sie dort ja tun.“
Beide schwiegen eine Weile. Sebastian dachte an eine mögliche Gefahr und Hans-Peter wußte das.
„Du könntest sie ja besuchen“, beendete Sebastian schließlich das Schweigen. „Dein Vater fährt ja wohl nicht in den Westen, wie du sagst, aber deine Mutter, war die schon mal bei Irene?“
Hans-Peter nickte wieder.
„Ja und …?“
Der Freund zuckte lediglich mit den Schultern.
Sebastian schüttelte den Kopf. „Entweder stimmt da was nicht“, sagte er, „oder aber ihr seid schon eine sehr eigenartige Familie. Doch darum mußt du dich kümmern. Quetsch’ deine Mutter aus, vor allem aber, wenn möglich, auch deinen Vater. Wir müssen doch wissen, ob sich da irgendwas zusammenbraut. Ich will’s ja nicht glauben, aber …“ Dann lachte er kurz auf und Hans-Peter meinte einen leicht höhnischen Tonfall herauszuhören, als Sebastian sagte: „Ich stell’ mir das vor, du für den Westen und deine Schwester für die Stasi. Der reinste Wahnsinn …“
„Das glaube ich einfach nicht.“
„Glaubst du’s nicht oder weißt du’s nicht?“
„Ich glaube es nicht.“
„Also weißt du es nicht, ist ja klar. Aber warum könnte sie so was machen, also für die Stasi …?“
Hans-Peter hob die Schultern. „Wenn die vielleicht überzeugt ist?“
„Quatsch! Davon müßtest du doch was wissen.“ Und Sebastian dachte an sein Treffen mit Irene damals in der Flüchtlingsvilla. Dort war er gar nicht auf die Idee gekommen, daß sie etwas mit der Stasi zu tun haben könnte. Aber da wußte er ja auch noch nichts vom Nachrichtendienst. Und sie war dabei gewesen im Kaffeestübchen und in der Weinstube anschließend. „Sie weiß jedenfalls von Hoffmann und mir“, sagte er laut und sah dazu den Freund von der Seite an.
„Na klar“, sagte
Weitere Kostenlose Bücher