Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
Vom Netzwerk:
gestapelt lagen. Sebastian kannte ja Zellen noch nicht und meinte, da er sich keinen Illusionen hingeben wollte, daß er in dieser erst einmal bleiben würde. Die stundenlangen Kreuzverhöre hatten ihn schon geschlaucht und da das sicher so weitergehen würde, war jede Minute Schlaf wichtig und so schnappte er sich kurzerhand eine dieser Matratzen, warf sie auf den Betonboden und legte sich darauf, um sofort einzuschlafen.
    Das krachende Öffnen des Türschlosses weckte ihn. Ein älterer Schließer stand im gelblichen Licht, das die Zelle trüb erhellte, über ihn gebeugt und raunzte ihn an: „Was is’n das? Wer hat’n Sie das erlaubt?“
    „Ich dachte, daß ich hier bleiben soll“, sagte Sebastian, indem er sich von der Matratze erhob.
    „Hier hamse Aussagen zu machen, aber nich’ zu denken, merken Se sich das und packen Se die Matratze wieder weg. Hier die Hausordnung“, sagte der Schließer dann und las diese rasch von einem Blatt herunter.
    Sebastian merkte sich nur, daß er und wie er Meldung zu machen hatte und daß beim Fluchtversuch ohne Anruf sofort scharf geschossen werden würde. Wer könnte hier schon flüchten wollen, weggeschlossen wie der Goldschatz in Fort Knox. Nicht mal aus seinem Leben in die Tiefe springen konnte hier einer, überlegte er, als er wieder an einer langen Reihe von Zellentüren vorübergeführt wurde. Das starke Netz über dem Lichtschacht in jedem Stockwerk würde das unmöglich machen.
    Schließlich wurde eine Zellentür geöffnet. Am kleinen vergitterten Rillenglasfenster unter der Zellendecke erkannte er, daß es draußen immer noch dunkel war. Er konnte einfach nicht abschätzen, wie lange die Verhöre gedauert hatten. In der Zelle fiel ihm als erstes die Pritsche aus rohem Fichtenholz auf, die von Wand zu Wand dreiviertel der Zelle ausfüllte. An je eine Wand gelehnt stand dort je eine Matratze und davor lag je eine Decke. Das war erstmal alles bis auf den Kübel in der Ecke in einem rostigen Eisengestell.
    Der Schließer befahl ihm sich auszuziehen, Schuhe, Strümpfe, Jacke, Unterhose …
    „Unterhose hab’ ich nicht, hat man mir abgenommen.“
    Der Schließer schüttelte den Kopf und ließ ihm für den Rest der Nacht das Oberhemd.
    „Zusammenlegen“, sagte er und wies auf Sebastians Sachen, „ordentlich!“
    Das waren die Bündel, die er gesehen hatte, als er eben an den Zellentüren vorbeigeführt worden war. Und so legte auch er sein Bündel wie die anderen vor die Türe. Dabei erkannte er an der Nebenzelle ein ähnliches Bündel. Es gab also ganz in seiner Nähe einen Leidensgenossen.
    Nachdem Schloß und Riegel der Türe wieder geschlossen worden waren, herrschte tiefe Stille um ihn her. Der grau lackierte Kasten aus Eisenblech an der Wand erwies sich als Verkleidung eines Heizkörpers. Das Ding war eiskalt, stellte Sebastian fest und auch die Funktion des Kübels wurde ihm erst klar, als er den darauf liegenden Deckel anhob und ihm beißender Chlorgestank in die Nase stieg.
    Dann klapperte der Spion in der Tür. „Sie sollen sich hinlegen“, hörte er die Stimme des Schließers.
    Er legte den Deckel wieder zurück und klappte eine Matratze von der Wand auf die Pritsche, abgeschabt und völlig durchgelegen stellte er fest. Luxus hatte er zwar nicht erwartet, aber das, was man da als Zudecke ausgab, übertraf noch böseste Vorstellungen. Beim Auseinanderfalten roch diese klebrige Decke intensiv ranzig nach altem Schweiß, fühlte sich fettig an und franste an den Rändern aus. Das war einfach eklig, aber andererseits war es kalt in der Zelle. Sebastian kletterte auf die Pritsche, legte sich auf die Matratze und deckte sich mit dieser übel riechenden Decke zu.
    Da krachte es von draußen gegen die Eisenverkleidung der Tür. „Hände auf die Decke!“ Das war wieder die Stimme des Schließers der offenbar Nachtschicht hatte. Dabei mußte Sebastian ständig auf dem Rücken liegen, wenn er beide Hände auf der Decke halten sollte.
    Irgendwann vernahm er in der Stille ein leises Klopfen an der Wand, hinter der sich die Zelle befand neben der er auf dem Gang das Kleiderbündel gesehen hatte. Es war ein rhythmisches Klopfen, das sich bald wiederholte. Der aus der Nebenzelle wollte offenbar irgendwas mitteilen. Sebastian klopfte zweimal mit seinem Taschenkamm gegen die Wand. Der auf der anderen Seite tat das gleiche. Danach setzte das rhythmische Klopfen wieder ein. Morsezeichen waren es nicht, nur punktuelles Klopfen, keine Striche. Da galt dann wohl nur das

Weitere Kostenlose Bücher