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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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in seine Zelle, in der Nase noch den Geruch des Zigarettenqualms. In den Rillenglasscheiben blaute ganz zaghaft erstes Tageslicht. Sebastian legte vorschriftsmäßig die ranzige Decke zusammen und stellte die Matratze gegen die Wand.
    Draußen begann ein neuer Tag, auch an den Krähenrufen zu erkennen, Krähen, die in Schwärmen von ihren Schlafbäumen in den nahen Grünanlagen zu den Müllplätzen am Rande der Stadt flogen.
    Man hatte ihm eine Nummer verpaßt. Ihren Namen dürfen Sie nicht nennen, hatte man ihm gesagt. 268 stand auf dem Pappkärtchen, das man ihm mitgegeben hatte. So war er also zur Nummer geworden. Und bald krachten wieder Schlösser und Riegel den Gang entlang, bis auch seine Tür aufgerissen wurde.
    Ein weiterer Posten blickte ihn auffordernd an: „Na und?“
    Sebastian erinnerte sich dunkel an die Hausordnung. Meldung machen hieß es da. Als Häftling hatte er sich zu melden. Ein wenig unsicher versuchte er es schließlich: „Häftling 268 in Zelle 156 …“
    „Ja, und?“
    Sebastian blickte ratlos und zuckte mit den Schultern.
    „Zelle gereinigt und gelüftet heißt das“, dazu sah der Schließer auf den Zellenboden und zum Fenster. „Morgen nehmen Sie gleich früh Handfeger und Schaufel mit rein. Und dann das Fenster aufklappen.“
    „Ja, gut“, sagte Sebastian und nickte.
    Der Schließer zeichnete in einer Kladde die Zelle ab, löschte das Licht und warf die Tür ins Schloß. Nun war es fast finster und die dunkle Ölfarbe der Wände trug auch nicht eben zur Aufhellung bei, grau auch die paar Quadratzentimeter Fußboden.
    Das ist keine Zelle, sagte Sebastian sich, das ist nur ein Schacht. Dann saß er auf einer Ecke der Holzpritsche, den Rücken gegen eine Matratze gelehnt. Er hatte nur etwa zwei Stunden geschlafen. Die werden triumphieren, überlegte er, immerhin ein Durchbruch für sie: Er hatte zugegeben Hoffmann zu kennen. Das mit dem Zigarettenkauf im Kaffeestübchen … Wer außer Hoffmann konnte das noch wissen? Irene, die war dabei gewesen. Und Moses selbst? Dem hatte er damals davon erzählt. Irene hatten die aber noch nicht erwähnt. Das konnte Absicht sein. Auch seinen Decknamen kannten die. Das konnte doch nur aus dem Westen kommen … Oder von Moses? Warum sollte der so was erzählen? Aber wer wußte schon, was die mit dem angestellt hatten?
    Nur weshalb wollte der den Pfarrer so reinreißen? Der ist im Westen… aber wer? Der Pfarrer oder Totila oder beide oder keiner? Warum sitzen wir jetzt hier? Und der alte Sasse? Vielleicht hatte Irene dem was erzählt. Dann lief er auf dem Stückchen Fußboden ständig in einer engen Acht und wie in einer Acht gingen ihm auch die Überlegungen durch den Kopf: Hin und her und doch immer wieder im Kreise. Raus kam er hier nicht mehr, das war ihm klar, aber wie tief er hineingerissen werden würde, das lag sicher noch mit an ihm.
    Dann blieb er stehen und horchte in die Stille hinein, eine fast vollkommene Stille. Hätte er nicht die Kleiderbündel vor den anderen Türen gesehen und das Klopfen an der Wand gehört, er hätte annehmen können ganz allein in diesem Bau, diesem Schacht, hinter dieser Eisentüre zu sitzen. Ob er sich nicht einfach eine Weile auf die Matratze legen sollte? Doch zu viele Fragen tanzten ihm noch immer im Kopf herum.
    Dann lärmte in diese Stille hinein schon das Öffnen der Riegel und Schlösser. Sebastian legte das Ohr an den Türspalt. Von den oberen und unteren Stockwerken klang es gedämpft durch den Lichtschacht. Lauter vernahm er die Geräusche der eigenen Station, die näher kamen. Was sollte das nun wieder sein?

    Da flog seine Türe auf. Der Schließer drückte sich zur Seite, zwei andere schoben dafür einen Karren mit einem khakigrünen Armeekessel vor die Tür und füllten daraus einen Aluminiumbecher mit einer kaffeeähnlichen Flüssigkeit ab.
    „Nehmen Sie schon!“
    Sebastian griff zu und der Kessel rollte weiter.
    Ein dritter Uniformierter tauchte auf, ein großes Brett vor dem Bauch mit einem breiten Riemen um den Nacken geschnallt, darauf lagen Brotscheiben gestapelt.
    „Hier, nehmen Sie“, und er reichte Sebastian zwei Scheiben schwarzes feuchtes Brot, dazu ein Bröckchen Margarine und einen Löffel Marmelade auf einem Stückchen Pergamentpapier. Sebastian stellte den Becher auf die Pritsche, griff nach Brot und Marmelade und schon krachte ihm wieder die Tür vor der Nase ins Schloß.
    Wohin mit dem Brot? Auch auf die Pritsche, die ihm als Tisch, Bett und Stuhl in einem diente. Also

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