Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
Keuchend stolperte Ben hinaus auf den riesigen See. Er war ein guter Läufer, aber Charlotte blieb immer weiter zurück. Mit steifen Schritten kamen die Nussknacker auf sie zugestampft. Das Eis schien zu beben unter ihren Riesenstiefeln. Ben rannte zu Charlotte zurück und zerrte sie mit sich.
»So schaffen wir’s nicht!«, japste sie. »Lass mich los.«
Ben zog sie wortlos weiter.
Die Schritte hinter ihnen kamen immer näher.
Aber da war noch ein anderes Geräusch.
»Johooo!«, rief Julebukk. »Hoooh!«
Mit wehendem Mantel und einer brennenden Fackel in der Hand galoppierte er übers Eis auf sie zu. Hier im Weihnachtsland war Sternschnuppe nicht unsichtbar. Wie ein Blitz schoss er über das Eis auf die Kinder zu. Julebukk packte erst Ben und dann Charlotte unter den Armen und zog sie auf Sternschnuppes Rücken.
Der Geruch eines echten Weihnachtsmanns kitzelte die Nasen der Nussknacker und sie fingen fürchterlich an zu niesen. Aber das hielt sie nicht auf. Unbeirrt stapften sie weiter. Ihre Zähne knirschten.
»Verschwindet!«, schrie Julebukk und schleuderte ihnen seine Fackel entgegen. Zischend landete sie vor den schwarzen Stiefeln im Schnee, aber das Feuer verlosch nicht, sondern loderte nur noch höher.
»Viele Grüße von den Weihnachtskobolden!«, rief Julebukk. »Das hier ist ein ganz spezielles Geschenk für euch, ihr Holzköpfe!«
Wie angewurzelt blieben die Riesenkerle stehen.
Sternschnuppe aber wirbelte herum und stürmte zurück zum Wohnwagen. Mit einem Riesensatz sprang er durch die weiße Tür. Dort warteten schon zehn Weihnachtskobolde. Blitzschnell packten sie den Schlauch und zerrten ihn Stück für Stück zurück in den Wagen.
»War er lange genug draußen?«, fragte Ben atemlos.
»Ja, die Schneemaschine läuft!«, rief Emmanuel. »Sie schnurrt wie ein Kätzchen!«
»Oh, beeilt euch, um Himmels willen!«, rief Matilda. »Sie kommen!«
In großem Bogen staksten die Nussknacker um Julebukks Fackel herum und marschierten von zwei Seiten auf den Wohnwagen zu. Einer stellte seinen Fuß auf den Schlauch, aber die Kobolde zogen so kräftig, dass der Holzkerl das Gleichgewicht verlor und der Länge nach in den Schnee krachte.
»Fertig!«, schrien sie im Chor.
Da stieß Emmanuel mit aller Kraft die weiße Tür zu. Matilda schob mit zitternden Fingern die Riegel vor und drehte den Schlüssel zweimal um.
»Der Koboldschuh!« Julebukk sprang von Sternschnuppes Rücken. »Schnell, stopft ihn ins Schlüsselloch.«
Kaum hatte Emmanuel das getan, da donnerten die Nussknacker auch schon gegen den Wagen.
»Niklas Julebukk!«, dröhnte eine Stimme. »Niklas Julebukk, komm raus.«
Keiner im Wohnwagen gab auch nur einen Seufzer von sich. Mit angehaltenem Atem starrten alle auf die weiße Tür.
»Julebukk, wir kriegen dich!«, drohte die Stimme. »Du hast gegen das Urteil des Großen Weihnachtsrats verstoßen. Du bist kein Weihnachtsmann mehr!«
Da platzte Julebukk der Kragen. »Ich bin der letzte Weihnachtsmann!«, brüllte er. »Der allerletzte, und das werde ich bleiben! Hast du das gehört, du elender Holzkopf?«
»Julebukk!«, hauchte Matilda. »Jetzt fängst du auch schon an zu fluchen.«
Aber Julebukk war nicht mehr zu bremsen. »Richtet diesem fetten Waldemar aus, dass er mich nie kriegt, und wenn er all seine blöden Holzköpfe hinter mir herjagt! Er kriegt mich nicht. Platzen wird er vorher, der gemeine Schuft, der Weihnachtsräuber, der Kinderbetrüger, der Koboldmörder!«
Erschöpft plumpste Julebukk auf den nächsten Stuhl.
»O Julebukk!«, seufzte Matilda, aber die Kobolde und die Kinder grinsten. Sogar Emmanuel lächelte ein bisschen.
Draußen war es still, furchtbar still.
»Sie gehn nicht weg!«, flüsterte Charlotte.
An allen vier Ecken des Wohnwagens knirschte es seltsam. Und dann fing er fürchterlich an zu schwanken. Kinder und Kobolde purzelten durcheinander, Sternschnuppe machte wilde Bocksprünge, die Engel flatterten gegen die Wände und Julebukk hielt die Schneemaschine fest.
»Sie schmeißen uns um!«, rief Ben.
»Das schaffen sie nicht!«, rief Julebukk zurück. »Wir hängen zu fest in eurer Welt. Aber sie wollen uns wenigstens ein bisschen Angst machen!«
»Das schaffen sie gut!« Charlotte stieß mit dem Kopf gegen ein Tischbein und fing zwei Tassen auf, die vom Regal fielen. Der alte Wohnwagen ächzte und knarrte, aber er hielt dem Angriff stand.
Und dann hatten die Nussknacker plötzlich genug. Mit einem Krach ließen sie den Wagen wieder auf die
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