Als die Erde bebte
und Dax mussten beide grinsen, und Amber drängte sich die Frage auf, wie ihr Vater wohl auf diese kleine, herrische, neugierige, wunderbare Frau reagieren würde.
Etwas, was sie immer heimlich an ihrem Vater bewundert hatte, war seine Stärke. In diesem Moment hätte er sowohl Dax als auch Thomas als schwach, ohne Rückgrat und unbedeutend abgetan, weil sie Emily erlaubten, sie herumzukommandieren.
Und dabei könnte nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein.
Dax und Thomas waren selbstsichere, starke Männer. Keiner der beiden war auch nur im Entferntesten schwach. Sie begann zu begreifen, dass es vielleicht eher ein Zeichen von innerer Kraft als von Schwäche war, wenn alle Familienmitglieder gleichgestellt waren.
Emily lächelte unschuldig, während sie Amber weiter ausfragte. “Trinkst du auch jede Stunde ein Glas Wasser?”
“Oh. Na ja, ich …”
“Vielleicht arbeitest du zu viel. Bekommst du genügend Schlaf? Ein Baby kann einer Mutter wirklich alles abverlangen.”
“Sagte ich dir schon, dass sie neugierig und herrisch ist?”, fragte Dax über den Kopf seiner Mutter hinweg.
“Bist du wohl still! Das hier ist ein Gespräch unter Frauen.” Emily küsste Taylor und gab sie dann Dax wieder. “Weg mit dir!” Dann nahm sie Ambers Hand. “Und du kommst jetzt mit mir an den Tisch, Schätzchen.”
Wollte Amber nicht unhöflich sein, blieb ihr nichts anderes übrig, als mitzugehen. Sie warf Dax einen hilflosen Blick über die Schulter zu, doch der grinste nur.
Von ihm war keine Hilfe zu erwarten.
Dann wurde er förmlich von der Menge verschluckt, und Amber war mit seiner Mutter, diesem kleinen Wirbelwind, allein.
9. KAPITEL
Auf dem Nachhauseweg verhielt sich Amber still und dachte an den Einblick, den sie in Dax’ Welt bekommen hatte.
Sie hatte ihn mit seinen Nichten und Neffen herumalbern sehen. Seinen Schwestern gegenüber war er tolerant und beschützend gewesen, und seine Eltern hatte er liebevoll und warmherzig behandelt.
Inmitten all des Trubels hatte er Amber ohne Vorwarnung in eine abgelegene Ecke des Gartens gezogen und so stürmisch geküsst, dass fast die Beine unter ihr nachgegeben hätten.
Es war unglaublich, wie schnell er sich von einem netten, fürsorglichen in einen leidenschaftlichen, erotischen Mann verwandeln konnte. Es erinnerte Amber wieder daran, wie verschieden sie im Grunde waren, denn sie vermochte sich nicht vorzustellen, sich so von Gefühlen leiten zu lassen wie Dax.
In ihrer Wohnung angekommen, legte Amber die schlafende Taylor sogleich ins Bett und beschäftigte sich anschließend damit, ein Feuer im Kamin anzuzünden.
Dax wartete, bis die Flammen aufloderten, ehe er Amber hochzog und zu sich herumdrehte. Zärtlich strich er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. “Hallo.”
Sie wollte sich von ihm befreien, doch er hielt sie fest. “Hallo.”
“Du bist so still. Rede mit mir, Amber.”
“Worüber?”
“Zum Beispiel wie du meine Familie findest.”
“Ihr steht euch alle sehr nahe”, begann sie zögernd.
“Ja.” Er sah ihr forschend ins Gesicht. “Ist es das, was dir Sorge bereitet? Dass meine Familie sich mag?”
“Ihr lacht, ihr streitet, ihr …”
“Zeigt Gefühle. Ist es das?”
Er hatte sie verstanden, und weil sie fürchtete, dass er Mitleid mit ihr empfinden könnte, senkte sie rasch den Blick.
“Ich weiß, dass dein Vater meinem nicht sehr ähnlich ist”, sagte er vorsichtig.
“Genauso wenig wie unsere Mütter sich ähneln.”
“Du hast mir noch nicht viel von deiner Mutter erzählt”, murmelte er.
“Es gibt auch nicht viel über sie zu erzählen. Sie ging weg, als ich geboren wurde.” Wie immer zuckte sie gleichmütig mit den Achseln. Es war inzwischen ohne Bedeutung für sie.
“Eine Schande. Sie hat das Heranwachsen ihrer hübschen und intelligenten Tochter verpasst.”
“Ich habe es auch gut ohne sie geschafft.”
“Ja, das hast du. Aber das hätte nicht sein müssen. Sie hätte für dich da sein sollen, um mit dir zu reden, dich zu umarmen und um dich zu lieben.”
“Liebe war bei uns kein Thema.”
“Noch eine Schande, aber nicht deine.” Er umrahmte ihr Gesicht mit den Händen, hob es an und musterte sie so eindringlich, dass sie sich unter seinem Blick zu winden begann. “Hörst du mir zu, Amber? Ich habe das Gefühl, dass du dir aus irgendeinem Grund die Schuld dafür gibst, dass deine Eltern Rabeneltern sind.”
“Nun, immerhin hat mein Vater mich nie geschlagen und hat auch nie vergessen, mir zu
Weitere Kostenlose Bücher