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Als die erste Atombombe fiel

Als die erste Atombombe fiel

Titel: Als die erste Atombombe fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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wurde an Bord des amerikanischen Schlachtschiffes Missouri in der Bucht von Tokio die Kapitulationsurkunde vom japanischen General Umazo unterzeichnet. Der Zweite Weltkrieg ging damit auch im Pazifik zu Ende. Dass die Kapitulation nicht noch weiter hinausgezögert wurde, ist das Verdienst des Kaisers, die einzige konstruktive politische Tat des Tenno, der sich ansonsten als ein williges Instrument machtbesessener Politiker und Militärs missbrauchen ließ. Die Amerikaner beließen ihn nach 1945 im Amt und verschafften damit den japanischen Kriegsverbrechern einen »Persilschein«, eine billige Entschuldigung. Sie beriefen sich darauf, im Namen des Kaisers gehandelt zu haben, und das hatten sie nach außen hin ja auch.
    Die Frage, welchen Anteil Kaiser Hirohito am japanischen Kriegsabenteuer hatte, wie viel Schuld er auf sich lud, wird noch immer diskutiert. »Die wahre Macht in den dreißiger und vierziger Jahren lag in den Händen der Militärs, die sich zwar auf den Kaiser beriefen, ihn aber in Wirklichkeit nur als Symbolfigur vorschoben«, schreibt der frühere Japan-Korrespondent des Zweiten Deutschen Fernsehens, Gerhard Dambmann, in seinem Buch 25-mal Japan . Doch habe Hirohito gewusst, dass die von den Militärs verfassten und vom Tenno nur formal unterzeichneten Befehle dem Volk als die ureigensten Befehle des Kaisers übermittelt worden seien; gegen diese verfälschte Rolle habe er sich nie aufgelehnt. Dambmann folgert daraus: »Die historische Schuld von Kaiser Hirohito, der seine Amtszeit unter das Leitwort showa , ›erleuchteter Friede‹, gestellt hatte, liegt weniger in unrechtem Handeln, umso mehr jedoch im Unterlassen, wo mutiges Tun geboten war.«
    Andere, auch Japaner, sehen die Rolle Hirohitos im Zweiten Weltkrieg noch kritischer, zum Beispiel der japanische Zeichner und Autor Keiji Nakazawa. 8
    Als Fünfjähriger erlebte Nakazawa die Atomexplosion in Hiroshima; er litt deswegen an Leukämie. Über den Besuch, den Kaiser Hirohito Ende des Schicksalsjahres 1945 der Stadt Hiroshima abstattete, sagte Nakazawa: »Im Dezember 1945 hat Kaiser Hirohito die Ruinen Hiroshimas besucht. Die Kinder standen auf der Straße und schwenkten Fähnchen, aber ich brachte das nicht fertig. Ich hielt meinen Blick auf ihn gerichtet und dachte nur: Er ist der Gangsterboss.
    In meiner Familie waren alle gegen den Krieg.
    Und dennoch sind vier von uns durch die Atombombe umgekommen, mein Vater, eine Schwester, ein Bruder und ein Baby, das gerade geboren war. Meine Mutter starb später.«
    8 Nakazawa hat seine Hiroshima-Erfahrungen in einem Comic-Buch verarbeitet, das in Japan ein großer Erfolg wurde und in mehrere Sprachen übersetzt worden ist, auch ins Deutsche: Keiji Nakazawa, Barfuß durch Hiroshima. Eine Bildergeschichte gegen den Krieg. Rowohlt Taschenbuchverlag: Reinbek b. Hamburg 1982. (Das Zitat stammt aus dem Vorwort.)

Der Lehrer warf sich über die Schüler
    Machiko Fujita
Schüler der 6. Klasse, damals fünf Jahre alt
    Zuerst gab es einen Blitz und dann einen gewaltigen Donnerschlag.
    Ich wunderte mich und blickte aus dem Fenster.
    Wir waren aus der Stadt weggezogen, weit draußen nach Yasu in Furuichi, nördlich von Hiroshima.
    Weißer Rauch stieg zum Himmel auf wie eine riesige Sturmwolke. Dann hörte ich die Nachbarn sagen, dass Hiroshima von einer Bombe getroffen worden sei. Ein kalter Schrecken durchzuckte mich, weil mein Vater in Hiroshima war, und auch meine Schwester, die die Mittelschule besuchte und an diesem Morgen zum freiwilligen Arbeitsdienst fortgegangen war. Ich machte mir solche Sorgen, dass ich nicht stillsitzen konnte und zu meiner Mutter lief. Ich sah an ihrem beunruhigten Gesicht, dass sie sich auch Sorgen machte.
    Vom nächsten Tag an fuhr meine Mutter jeden Tag nach Hiroshima, um nach meinem Vater und meiner Schwester zu suchen. Meine siebenjährige Schwester, mein zweijähriger Bruder und ich sahen immer wieder die Straße vor unserem Haus hinunter und hofften, dass unser Vater zurückkehrte. Jedes Mal, wenn ein Mann, der wie mein Vater aussah, vorbeikam, liefen wir hinaus und umringten ihn und starrten ihm ins Gesicht. Aber Vater kam nie wieder nach Hause. Ich kann nicht beschreiben, wie traurig ich war.
    Nach Einbruch der Dunkelheit kam Mutter immer traurig und einsam zurück.
    Einmal sagte sie bei ihrer Rückkehr: »Es war so lieb von euch allen, so geduldig auf mich zu warten.« Aber ihr Gesicht war voller Traurigkeit, und ich wusste, dass sie unseren Vater wieder nicht gefunden

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