Als die erste Atombombe fiel
dachte ich, ich würde es nicht schaffen, und lief zur Tür, und in diesem Augenblick stürzte das Haus polternd ein und ich verlor das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir kam, stellte ich fest, dass ich unter den Trümmern des eingestürzten Hauses begraben war. Zuerst hatte ich gar nicht mehr den Willen hinauszukommen. Aber dann kam es mir so vor, als riefe mich jemand, und ich kroch verbissen auf eine Lücke zu und gelangte schließlich ins Freie. Es war Mutter, die mich gerufen hatte.
Ich hatte gedacht, nur unser Haus sei zerstört worden, aber zu meiner Verwunderung waren ringsum alle Häuser dem Erdboden gleichgemacht oder halb zerstört. Der Himmel war grau und bedeckt und an den Telefonleitungen, die an vielen Stellen zerrissen herunterhingen, klebten Stoff- und Papierfetzen. Ich ging aufs Feld hinter unserm Haus. Fünf oder sechs Nachbarn kamen angerannt. Erst da bemerkte ich die Schnittwunde an meiner Hand. Ich hatte sie mir wahrscheinlich von einem Nagel oder so was geholt, als das Haus über mir einstürzte. Ich wusch die Wunde unter der Pumpe am Rand des Feldes aus und dann gingen Mutter und ich zur Straße, auf der Leute in Richtung Westen liefen, mit versengtem Haar und zerrissenen Kleidern, viele mit Verbrennungen und Verletzungen. Wir schlossen uns ihnen an. Bei der Kanon-Brücke, 1,5 Kilometer südwestlich der Abwurfstelle, wandten wir uns nach Süden in Richtung Eba-Park. Die Straße war ebenfalls voller Menschen, die der Katastrophe zu entkommen suchten. Einige von ihnen hatten so schlimme Verletzungen und Verbrennungen, dass sie nicht weitergehen konnten und sich erschöpft und mit leeren Blicken an den Straßenrand setzten.
Als wir die Uferböschung hinuntergingen, begann ein schwarzer und kühler Regen zu fallen. Ich sah Fahrräder, Fußbälle und viele andere Dinge um die Häuser herum auf dem Boden liegen, aber niemand machte sich die Mühe etwas aufzuheben. Alle dachten nur daran, wegzukommen. Hinter dem Eba-Hügel kamen wir zu einem Gebäude, das wie eine Kaserne aussah. Dort gingen wir in einen Luftschutzunterstand und ruhten uns eine Weile aus.
Nach einiger Zeit kam ein Soldat und führte uns zu einem Zelt, das neben dem Betongebäude aufgeschlagen war.
In dem Zelt lagen viele Leute mit Verletzungen und Verbrennungen auf dem Boden. Gegen Abend hörte ich meinen Namen rufen. Es klang, als sei es meine Schwester. Ich rannte hinaus und draußen stand sie, meine älteste Schwester. (Sie arbeitete im öffentlichen Krankenhaus in Eba.) Sie nahm Mutter und mich mit ins Krankenhaus.
Das Krankenhaus war auch voller Verletzter und Menschen mit Verbrennungen. Unter ihnen fand ich meine andere große Schwester. Sie lag dort mit Verbrennungen im ganzen Gesicht und litt große Schmerzen. Als es dunkel wurde, begann der Himmel über Yokogawa und Kamiya-cho in unmittelbarer Nähe des Explosionszentrums rot zu glühen. Die Häuser dort müssen alle gebrannt haben. Ich verbrachte die Nacht mit meiner Schwester und ihren Freundinnen draußen in einem Luftschutzunterstand. Als ich dort lag, war mir, als hörte ich tief in den Ohren das Stöhnen, das ich den ganzen Tag gehört hatte. Mir stand auch das Bild der von der Decke herunterhängenden Injektionsspritze vor Augen, mit ihrer langen, in den Oberschenkel eindringenden Nadel. Es war nicht leicht, ein-zuschlafen. Am nächsten Tag kam auch Vater ins Krankenhaus. Er sagte, dass er früh am Morgen des Sechsten nach Gion, einem Vorort im Norden von Hiroshima, gefahren und dadurch von der Bombe verschont worden sei.
Am selben Tag gingen Vater und ich dorthin, wo unser Haus gestanden hatte, aber es war wie vom Erdboden verschwunden, nur ein Feigenbaum und das ausgebrannte Metallgerüst einer Nähmaschine waren übrig geblieben. Ein Telegrafenmast schwelte immer noch. Die Straße war bedeckt mit zerbrochenen Dachpfannen und Ziegelsteinen, und nur hier und dort sah man ein paar Leute. Wir gingen weiter zu dem, was vom Haus meines Onkels übrig geblieben war. Onkel Takagi und Onkel Yamano und die anderen hausten in einem Luftschutzunterstand. Nachdem über alles ausführlich geredet worden war, wurde beschlossen, dass ich mit der Familie meines Onkels zur Insel Nomishima, die 20 Kilometer südlich von Hiroshima in dem Binnenmeer Seto liegt, fahren sollte. Ihre Tochter Takae hatte zwar Verbrennungen erlitten, lebte aber, während ihr Sohn Taro ums Leben gekommen war. Takae sagte mir später, es sei passiert, als sie über die Sumiyoshi-Brücke in der Nähe
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