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Als die erste Atombombe fiel

Als die erste Atombombe fiel

Titel: Als die erste Atombombe fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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heute über die Bombardierung von Hiroshima und über Ihren Auftrag – bedauern Sie es?
    Tibbets: Ich bedaure absolut nichts. Zum Zeitpunkt des Bombenabwurfs war ich von seiner Notwendigkeit überzeugt, und daran hat sich bis heute nichts geändert.
    Frage: Warum wurden nicht militärische Ziele gewählt, warum wurde die Bombe auf eine Großstadtbevölkerung geworfen?
    Tibbets: Wenn Sie sich die Mühe machen würden, einmal zurückzublättern in die Kriegsgeschichte, dann würden Sie sehen, dass Hiroshima und Nagasaki in Wirklichkeit militärische Ziele waren. Genau dort hatten die Japaner ihre Truppen und ihren Nachschub konzentriert, um sich gegen eine Invasion zu schützen.
    Frage: Vielleicht gab es auch militärische Ziele – Tatsache ist aber, dass fast eine viertel Million Menschen sterben musste.
    Tibbets: Ich glaube nicht, dass so viele getötet wurden. Vielleicht darf ich Ihnen mal erzählen, was der US -Strategic-Bombing-Survey dazu sagt. Nämlich, dass in Tokio und Yokohama durch Brandbomben viel mehr Menschen ums Leben gekommen sind. Aber mit dem Unterschied, dass in diesen beiden Städten die Menschen im Verlauf mehrerer Monate starben. In Hiroshima und Nagasaki geschah alles in einem einzigen Augenblick.
    Frage: War der Abwurf der Atombombe für die Amerikaner nicht nur ein demonstrativer Akt – das Kriegsende war doch abzusehen und die Japaner waren doch sowieso am Ende.
    Tibbets: Na ja, 36 Jahre später ist es leicht Alternativen anzubieten. Ich kann nur sagen, ich hatte keine Entscheidungsgewalt. Das heißt, es war nicht an mir, die Entscheidung zu treffen.
    Das geschah in Washington.
    Frage: Hätten Sie nicht »Nein« sagen können?
    Tibbets: Das hat man mich schon oft gefragt. Aber nun frage ich Sie: Was wäre wohl geschehen, wenn jemand in der deutschen Wehrmacht zu Hitler »Nein« gesagt hätte? Ich bin als Soldat aufgewachsen und ich bin dazu erzogen worden, Befehle von kompetenter Autorität zu befolgen. Und damals bekam ich meine Instruktionen von allerhöchster Stelle.
    Frage: Selbst wenn in Tokio und Yokohama so viele Menschen sterben mussten, kann man das sicherlich nicht mit Hiroshima vergleichen. Durch die Atombombe, durch radioaktive Strahlung zu hunderttausenden zu sterben, ist etwas anderes.
    Tibbets: Ich weiß, aber lassen Sie mich dies sagen: Nehmen Sie den Ersten Weltkrieg. Sehen Sie sich an, was Senfgas bewirkt hat. Ich kann mich noch gut erinnern, wie in meiner Jugend all die Männer starben. Und ich habe sie gesehen, wie sie Stück für Stück starben, weil das Senfgas ihre Lungen auffraß.
    Wo ist da der Unterschied?
    Frage: In der Zahl der Opfer zum Beispiel …
    Tibbets: Das glaube ich nicht. Zahlen sind für mich nichts als eine mathematische Figur. Im Krieg zählt nur, den Krieg zu gewinnen.
    Frage: Das heißt, eine Waffe ist so grausam wie die andere?
    Tibbets: Grausam ist das falsche Wort. Der Krieg ist immer grausam. Egal, ob er mit Pfeil und Bogen oder mit dem Knüppel ausgefochten wird. Darüber moralisieren die Leute dann gern. 36 Jahre später ist es natürlich leicht, solche Fragen zu stellen, wie Sie es tun. Aber zu dem Zeitpunkt, wo die Entscheidung fallen musste, hat man nicht den Vorteil der Rückschau.
    Frage: Aber jetzt sind Sie dazu in der Lage. Denken Sie nicht doch anders als vor 36 Jahren?
    Tibbets: Nein. Ich kann alles nur auf die Zeit damals beziehen.
    Frage: Hatte Amerika das Recht, die Atombombe zu werfen?
    Tibbets: Ja. Meine Antwort ist: Ja. Ich denke so, weil man die ganze Sache noch umdrehen kann.
    Zum Beispiel, wenn die Japaner zur Zeit von Pearl Harbor die Atombombe gehabt hätten – glauben Sie, die hätten gezögert, sie zu benutzen? Oder als die Deutschen in Polen einzogen – im Besitz der Atombombe –, hätten die denn gezögert?
    Ich will keine bestimmte Nation diskreditieren. Ich will nur versuchen zu sagen, dass, aus welchem Grund auch immer, die Entscheidung für einen Angriff oder zu einem Krieg getroffen wird, dass die Männer, die dafür verantwortlich sind, alle Mittel benutzen werden, derer sie habhaft werden, alles tun werden, was in ihrer Macht steht. Gucken Sie sich doch an, was die Stukabomber damals anrichteten. Niemand konnte sich zu der Zeit gegen die Stukas verteidigen.
    Frage: Seit Jahren wird am 6. August auf der ganzen Welt der Hiroshimaopfer gedacht. Haben Sie nie ein schlechtes Gewissen an diesem Tag?
    Tibbets: Nein. Damit halte ich mich nicht auf. Darüber denke ich nicht nach. All das ist Vergangenheit.

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