Als die Roemer frech geworden
die zwei Ausgriffe nach Britannien in den Jahren 54 und 53 dieser Zielsetzung der Abschreckung hauptsächlich
untergeordnet. Weiter hatten die rechtsrheinischen Feldzüge des Tiberius kurz nach der Varusniederlage (9 n.Chr.), die unumstritten
allein der Sicherung der Rheingrenze dienten, in Zielsetzung und Ausführung denselben Charakter wie diejenigen Caesars rechts
des Rheins.
Rheinpolitik als Grenzpolitik
Auch in der Zeit nach 52 v. Chr. ist man bis zum Jahr 16 v. Chr. nicht von dieser Politik abgewichen und hat offenbar die
Argumente Caesars für stichhaltig gehalten. In dieses Bild fügen sich auch die organisatorischen Maßnahmen zwischen 44 v.
Chr. und den Drususoffensiven.
Es sind nur zwei weitere rechtsrheinische Feldzüge überliefert: von dem „Statthalter“ Agrippa im Jahr 39/8 v. Chr. und von
Vinicius im Jahr 25 v. Chr. Aussagekräftiger werden erst die Belege für die zweite |30| Statthalterschaft des Agrippa im Jahr 19 v. Chr. Doch auch der zweite Mann im Reich nach Augustus hielt an den Leitlinien
der Politik Caesars prinzipiell fest, nämlich den Rhein als Grenze zu festigen. Während Caesar aber immer von einer Umsiedlung
von Germanen ins linksrheinische Gebiet abgeraten hatte, leitete Agrippa nun ein umfangreiches Ansiedlungsprogramm ein: Spätestens
jetzt wurden die Ubier aus ihren Gebieten gleich östlich des Rheins ans linksrheinische Ufer umgesiedelt.
Dort gründeten sie das
oppidum Ubiorum
als Vorgänger Kölns. Die Chatten ersetzten dagegen die Ubier im rechtsrheinischen, ursprünglichen Siedlungsgebiet. Mit den
Chatten wurde ein auf zehn Jahre befristeter Vertrag (bis 10/9 v. Chr.) ausgehandelt. Auch die Sugambrer aus dem Großraum
Düsseldorf erhielten ein
foedus
.
Die Bataver wurden an der Rheinmündung angesiedelt. Bei Neuss und Nijmegen wurden erste Lager gebaut, die zwischen 19 und
15 v. Chr. besetzt waren 5 – mit Truppen, die nach der Befriedung Spaniens frei geworden waren. Weiter wurde eine Hauptstraße von Metz über Trier, wo
die Moselbrücke (dendrochronologisch auf das Jahr 18/17 v. Chr. datiert) gebaut wurde, bis zum Rhein angelegt.
Bei dieser Politik der Sicherung der Rheingrenze mit einer Hauptbasis bei Neuss wäre es geblieben, wenn nicht aufgrund der
wiederholten Übergriffe von Horden germanischer Stämme ins linksrheinische Gebiet – die in der Lollius-Niederlage 16 v. Chr.
kulminierten – ein Umdenken in der Strategie gegenüber dem rechtsrheinischen Raum eingesetzt hätte.
Die Lollius-Niederlage und die Folgen
Die Niederlage des Lollius, bei der eine Legion von der Jungmannschaft (d. h. der wehrfähigen Jugend) vor allem der Sugambrer
aufgerieben wurde und auf römischer Seite der Verlust eines Feldzeichens zu beklagen war, fiel an sich nicht ins Gewicht.
Es stand nicht einmal der ganze Stamm hinter dem Einfall dieser Horde. Vielmehr leistete der Stamm schnell Genugtuung. Aber
peinlich war der Vorfall schon: Die |31| Niederlage verursachte „mehr Schande als Schaden“, konstatieren daher auch die Quellen.
Augustus hatte gerade das neue
saeculum
gefeiert, als die Nachricht von der peinlichen Niederlage des Lollius eintraf. Der Princeps sah sich gezwungen, nach Gallien
und zum Rhein aufzubrechen, um persönlich die Verhältnisse dort zu ordnen. Auf diese Weise sollte dem Eindruck der Instabilität
entgegengewirkt werden.
Alle Regelungen, die dabei ins Werk gesetzt wurden, bedeuteten eine eindeutige Abkehr von dem, was seit Caesar bis zum zweiten
Rheinkommando des Agrippa Leitlinie gewesen war. Augustus ordnete den gesamten rückwärtigen Raum Galliens neu, indem er drei
neue Provinzen schuf: die Belgica, Aquitanien und die Lugdunensis. Darüber hinaus verlegte er weitere Legionen an den Rhein
und stationierte sie in zwei neuen Hauptbasen, die bei den künftigen Invasionen als Ausgangspunkt dienen sollten. Fortan waren
neben der Legion von Neuss mindestens jeweils zwei weitere Legionen in Xanten und Mainz an wichtigen Einfallstraßen im rechtsrheinischen
Gebiet stationiert: Von Xanten aus entlang der Lippe und von Mainz aus durch die Wetterau und entlang des Main.
Schließlich bestellte er den jüngeren Sohn seiner Gattin Livia, Drusus, zum Oberbefehlshaber, der gleich daran ging, die administrativen
Maßnahmen des Augustus im Sinne der neuen Politik weiterzutreiben. Drusus schuf einen gesamtgallischen Landtag in Lugdunum/
Lyon mit einem Loyalitätskult für die Göttin Roma und
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