Als die Roemer frech geworden
Augustus demonstrativ und symbolisch konform mit den alten
legitimierenden Traditionen wieder aufleben ließ. In der Antike, das gilt besonders für Rom, wirkten alte Riten und Institutionen
aufgrund der Ehrfurcht immer legitimierend für den, der in ihnen auftrat: Sie wurden daher auch nie abgeschafft, sie kamen
allenfalls aus der Übung, d.h., sie trockneten aus. Seit mythischer Vorzeit erweiterte man das
pomerium
immer dann, wenn die Römer einen fulminanten Sieg errungen hatten. Auch darin setzte Augustus für die nachfolgenden Kaiser
Maßstäbe, die außenpolitischen Erfolg in innenpolitische Stabilität ummünzen wollten.
Die „Grenzen“ des Reiches
Die Berichte über die Geschehnisse an den Grenzen des Reiches sind nicht gleich dicht. Doch haben unsere Quellenautoren eigene
Schwerpunkte gesetzt und damit eine Filterung vorgenommen, je nachdem, wie wichtig die Region und gefährlich die Bedrohung
war: In Nordafrika sind einzelne Expeditionen von Ägypten aus nach Süden oder nach Arabien sowie einige administrative Umstrukturierungen
belegt, in Kleinasien hielt Augustus an dem System der Klientelkönigtümer als
cordon sanitaire
zwischen den römischen Provinzen „Asia“, Kilikien sowie Syrien auf der einen Seite und dem Partherreich auf der anderen Seite
prinzipiell fest. Das System dieser vorgelagerten Königtümer, die abhängig von Rom waren, war bereits von Pompeius dem Großen
in den 60er-Jahren des 1. vorchristlichen Jahrhunderts angelegt worden. Die Klientelkönige blieben in ihrer Innenpolitik weitgehend
autonom, |25| mussten sich aber den außenpolitischen Richtlinien und Bedürfnissen Roms unterordnen, d. h. Tribute zahlen und Truppen stellen.
Nach Maßgabe der Sicherung der Verwaltung und zur Belohnung der Treue wurden fortan Gebiete diesen Klientelkönigtümern zugeschlagen
oder Teile davon ins benachbarte Provinzgebiet einbezogen. Anlass zu solchen Gebietskorrekturen konnte aber auch einfach ein
Herrschaftswechsel in diesen Königtümern sein.
Jenseits dieser Klientelkönigtümer, die fest an das Römische Reich angeschlossen waren und keinerlei eigenständige Außenpolitik
betreiben konnten, lagen mitunter Klientelkönigtümer „im weiteren Sinne“ wie Armenien, deren Bindung an das Reich lockerer
war als die der Klientelkönige innerhalb der „Reichsgrenzen“. Im Fall von Armenien war die Kontrolle immer zwischen Rom und
den Parthern umstritten; manchmal war es der Kandidat der Parther, der dort als König eingesetzt wurde, meist aber – unter
Augustus und Tiberius wenigstens – der römische Kandidat. Aber auch mit dem Erzfeind, den Parthern, strebte man eine friedliche
Einigung an. Sogar wenn es zu Spannungen kam, wurde ein Krieg tunlichst vermieden.
An der Nordgrenze und in einigen westlichen Provinzen sah dies anders aus: In Spanien stand Augustus unter dem besonderen
Druck, die seit 150 Jahren in den verschiedenen Landesteilen immer wieder aufflammenden Unruhen besonders im schwer zugänglichen
bergigen Hinterland endlich zu befrieden. Dies gelang erst im Jahr 19 v.Chr. – gerade rechtzeitig, um die anstehenden Pläne
an der Nordgrenze, am Rhein, umzusetzen. In Illyrien war Octavian schon in den 30er-Jahren v.Chr. offensiv tätig, hier allerdings
nicht nur mit dem Ziel, einen schmalen Küstenstreifen und das Gebiet um Siscia zu erobern, sondern auch, um die Truppen für
die Endauseinandersetzung mit Antonius zu trainieren und den eigenen militärischen Ruhm zu mehren.
Hier hatte er ein großes Defizit: Immer wenn es hart auf hart kam, hatte Octavian bislang gepatzt. Bei der Schlacht von Philippi
42 v. Chr. gegen die Mörder seines Adoptivvaters gewann der Noch-Bundesgenosse Antonius die Schlacht, während Octavian „im
rückwärtigen Raum“ unpässlich war. Bei der Seeschlacht von Naulochos |26| gegen den Sohn des Pompeius Magnus, Sextus Pompeius, im Jahr 36 v. Chr. gewann der treue Agrippa für Octavian die Schlacht,
während der im Schiffsbauch seekrank darniederlag. Wie sollte man erwarten können, dass Octavian in der Lage sein würde, im
Reichsinnern für Ordnung zu sorgen und nach außen die Feinde abzuwehren? Auch deshalb und um diesem Eindruck entgegenzuwirken,
hatte der Adoptivsohn des vergöttlichten Caesar sich 39 v. Chr. den Vornamen „Imperator“ zugelegt, der später in die Kaisertitulatur
einging.
Die Germanen, der Rhein und Caesar
Der präventiven Sicherung der Nordgrenze
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