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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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waren.
Er zwang sich, langsam zu gehen, denn er wußte genau, daß
sein zur Schau gestelltes Selbstvertrauen die Bulldogge ein für
alle Male davon überzeugen würde, daß sie sich getäuscht hatte. Auf dem Hügelkamm wartete die Kröte auf ihn. Erst jetzt
erlaubte er es sich, zurückzuschauen. Die Bulldogge stand immer
noch mit einem verblüfften Ausdruck auf ihrem grimmigen
Gesicht da und schaute den Hang hinauf zum Fuchs. Sie hatte
sich keinen Zentimeter vorwärts bewegt. Als sie sah, wie der
Fuchs sich umdrehte, schlich sie den Weg zurück, auf dem sie
gekommen war.
Die Kröte konnte ihre Aufregung nicht verbergen. »Fuchs, du
warst großartig!« rief sie. »Ich habe alles gehört. Es war
phantastisch. Warte nur, bis ich es den anderen erzähle. So eine
Kaltblütigkeit und so eine Gelassenheit! Du hast ihn ganz und
gar eingeschüchtert!« »Wenn man wie alle freilebenden Tiere
auf seinen gesunden Tierverstand angewiesen ist«, sagte der
Fuchs, »dann ist es nicht schwer, so jemanden in einer Auseinandersetzung zu besiegen.« Er lächelte. »So, und nun komm!
Hinauf mit dir, mein Freund! Wir müssen die anderen einholen.
Es ist lange her, seit wir das letzte Mal etwas gefressen haben,
und ich möchte wetten, daß es in dem Wäldchen allerlei gute
Sachen zu finden gibt.«

14
Das Wäldchen
    Als der Fuchs und die Kröte die anderen einholten, gab es ein großes Hallo. Der Respekt und die Bewunderung, die sie schon vorher für ihren Anführer verspürt hatten, war durch dieses jüngste Abenteuer nur noch größer geworden.
    Es wurde gerade dunkel, als sie das Wäldchen betraten. Krähen flogen um die Baumwipfel und krächzten geräuschvoll bei ihrem abendlichen Ritual, bevor sich eine nach der anderen in ihrem Nest niederließ. Die Tiere mußten ihren quälenden Hunger stillen, und so machten sie sich auf die Jagd, nachdem sie in einem Ulmengestrüpp ihr Lager eingerichtet hatten. Die Eichhörnchen waren so begeistert über die hohen Bäume, an denen sie hinauf- und hinunterrennen konnten, daß sie ihre Futtersuche vorläufig aufgaben und einander jagten, die Baumstämme hinauf und die Äste entlang. Die müden Krähen krächzten ärgerlich. Als die Tiere genug gefressen hatten, kehrten sie zum Lager zurück. Der Fuchs rief eine Versammlung ein, und sie entschieden einstimmig, ein paar Tage im Wäldchen zu bleiben, um sich auszuruhen und Kraft zu schöpfen. Nach den Gefahren und Mühen der letzten Tage, in denen sie von einem Abenteuer ins nächste hetzten, waren sich die Tiere einig, daß sie für den Augenblick einen idealen Rastplatz gefunden hatten. Hier konnten sie sich in Ruhe auf die vielen Gefahren vorbereiten, die noch vor ihnen lagen.
»Was machst du mit der Kreuzotter?« fragte das Wiesel.
    »Die Kreuzotter!« rief der Fuchs. »Meine Güte, die haben wir vergessen! Was mag sie nur von uns denken!«
»Überlaß das mir«, meldete sich der Waldkauz. »Es ist inzwischen stockdunkel. Ich fliege zurück und suche sie. Mach dir nur keine Sorgen.« Er flog zwischen den Bäumen hindurch und hinaus ins offene Land.
»Du darfst dir keine Vorwürfe machen«, sagte der Dachs zu dem niedergeschlagenen Fuchs. »Du hattest so viel zu bedenken.«
»Aber ich habe es ihr versprochen«, sagte der Fuchs unglücklich. »Sie hat sich auf mich verlassen.« »Die Kreuzotter ist viel sicherer, wenn sie nachts unterwegs ist. Dann fällt sie mit dem Waldkauz zusammen viel weniger auf«, sagte das Wiesel tröstend. »Der Waldkauz wird sie bis zum Morgen herbringen. Du wirst schon sehen.«
    Den ganzen Nachmittag über lag die Kreuzotter zwischen den dichten Brennesseln. Sie fühlte sich ziemlich sicher, aber sie überlegte, ob bei ihren Freunden wohl auch alles gutgegangen war.
    Sie hatte zugesehen, wie die Bulldogge des Bauern auf der Spur der anderen laut bellend davongerast war. Das Bellen des Hundes war in der Ferne leiser und leiser geworden, und die Kreuzotter hatte sich gefragt, welches Schicksal dem Fuchs, dem Dachs und den anderen wohl bevorstehen mochte.
    Sie wollte sich nicht eingestehen, daß sie sich Sorgen machte, aber es fiel ihr schwer, das unbeteiligte, gefühllose Tier zu bleiben, das sie sonst zu sein vorgab. Sie war ohne jeden Zweifel beunruhigt. Und ihre Unruhe wuchs ständig, bis sie die Bulldogge schließlich zurückkommen sah. Im Verhalten des Hundes war eine derartige Veränderung vor sich gegangen, wie er auf dem Weg zu seinem Zwinger durch das hohe Gras im Obstgarten schlich, daß die Kreuzotter sofort

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