Als die Tiere den Wald verließen
Kreuzotter konnte sich nicht beherrschen zu sagen: »Aber wen gäbe es denn da sonst noch?« »Nun«, sagte der Waldkauz und plusterte sich wichtigtuerisch auf, »ich... ehern ... würde immer...« »Oh, du hast vielleicht an dich selbst gedacht?« schlug die Kreuzotter vor.
»Nun, Kreuzotter, du weißt, ich hätte es nie erwähnt«, sagte der Waldkauz, »aber da du das Thema angeschnitten hast...«
»Habe ich das?« fragte die Kreuzotter spöttisch. »Ja, das muß ich wohl getan haben. Nun ja, ich nehme an, wir haben alle unsere Hoffnungen, aber ob sie sich jemals erfüllen, das ist eine andere Sache.« Der Waldkauz merkte, daß die Kreuzotter sich über ihn lustig machte. Er versuchte, seine Würde wiederherzustellen. »Ich für meinen Teil«, sagte er, »bin damit zufrieden, als Berater zu dienen, wenn ich darum gebeten werde. In dieser Hinsicht verläßt sich der Fuchs auf mich, das weiß ich.«
»Oh, vermutlich«, gab die Kreuzotter zurück. »Eh... sollen wir weitergehen?«
So gingen sie weiter auf das Wäldchen zu. Dem Waldkauz kam schmerzlich zu Bewußtsein, daß die Kreuzotter seine ureigensten Gefühle aufgedeckt hatte, von deren Existenz er selbst kaum etwas geahnt hatte. Die Morgendämmerung war angebrochen, als sie das Wäldchen erreichten. Ihre Freunde waren schon auf den Beinen, denn ihr Schlummer war durch die ersten Geräusche aus der Krähenkolonie gestört worden. Die beiden wurden von der ganzen Gruppe begeistert begrüßt, aber gleich darauf brachten sie zum Ausdruck, wie müde sie seien, und suchten sich Schlafplätze. Für den Waldkauz war es sowieso normal, tagsüber zu schlafen, und so war er mit der Regelung ganz zufrieden. Die anderen Tiere machten sich auf, das Wäldchen zu erforschen.
So verging der Tag, und als außer den Eichhörnchen die meisten von ihnen nach ihren Ausflügen zum Ulmengestrüpp zurückgekehrt waren, gesellten sich einige Besucher zu ihnen.
Es handelte sich um ein paar männliche Raben, die von den Baumspitzen heruntergeflogen kamen und auf die Tiere zuwatschelten. Ihr schillerndes, lilaschimmerndes Gefieder reflektierte die Strahlen der Abendsonne, die durch das dichte Gestrüpp fielen. Natürlich wollten die Raben wissen, was diese so verschiedenen Tiere hierher zu ihrem Wäldchen geführt hatte, doch in ihren Stimmen lag keine Spur von Feindschaft. Der Fuchs erklärte, warum sie hier waren, und erzählte von ihrer bisherigen Reise.
»Wir haben uns schon gefragt«, unterbrach ihn eine der Krähen nach einer Weile, »ob ihr wohl diese Gruppe sein könntet, von der wir gehört haben.«
Die Tiere tauschten überraschte Blicke. »In der Vogelwelt verbreiten sich die Nachrichten schnell«, sagte die Krähe, »und wenn es brennt, dann spricht sich das natürlich in der Nachbarschaft rasch herum. Wir haben alle gehört, wie ihr dem Feuer entkommen und durch das Unwetter gerannt seid. Aber ich habe noch nie etwas von einem Hirschpark gehört, also muß er noch ein ganzes Stück entfernt sein.« Daraufhin mischte sich die Kröte ein und erklärte, daß sie der Reiseführer sei, weil sie die Strecke schon einmal allein zurückgelegt habe.
Die Krähe schüttelte bewundernd den Kopf. »Ich wollte, ich hätte euren Pioniergeist«, sagte sie. »Aber ich bin zu alt für derartige Sachen. Ich habe mein ganzes Leben in der Krähenkolonie verbracht, und hier werde ich meine Tage vermutlich auch beenden.« »Oh! Nicht alle in der Gruppe sind jung«, kicherte die Kröte. »Wir beide, der Dachs und ich, wir sind schon recht alt.«
»Dann bewundere ich euch um so mehr«, sagte die Krähe, die das Oberhaupt der Krähenkolonie zu sein schien. »Aber jetzt, wo ihr hier seid«, fügte sie hinzu, »hoffe ich, daß ihr uns trotz eurer langen Reise nicht allzuschnell wieder verlassen werdet. Wir sehen hier nicht viele Bodentiere, und wir Krähen freuen uns immer über ein bißchen Klatsch.«
»Wir haben uns entschlossen, ein paar Tage hierzubleiben«, entgegnete der Fuchs. »Wir müssen uns eine Weile ungestört ausruhen, bevor wir weitergehen.« »Ihr habt eine weise Entscheidung getroffen«, pflichtete die Krähe, die die versteckte Andeutung des Fuchses nicht verstanden hatte, bei. »Es ist eine abgelegene und friedliche Stelle«, fuhr sie fort. »Hierher kommt nie jemand. Wir freuen uns riesig, daß ihr hier seid.« Sie blickte sich nach ihren Gefährten um. »Singen wir heute abend?« fragte sie.
»Es war für morgen geplant«, antwortete eine der jüngeren Krähen.
»Wenn die Frauen mit
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